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Türkei: Einspruch gegen Agcas Freilassung

Fünf Tage nach der Haftentlassung des Papst-Attentäters Mehmet Ali Agca hat der türkische Justizminister Cemil Cicek formell Widerspruch gegen die Entscheidung eingelegt. Agca verhandelt mit Hollywood

Cicek forderte das Berufungsgericht am Dienstag auf, die Entscheidung zur Freilassung Agcas aufzuheben, wie die Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi meldete. Der Papst-Attentäter war am vergangenen Donnerstag aus der Haft entlassen worden. Er hatte seit 2000 in einem Istanbuler Gefängnis eine Strafe für den Mord an einem türkischen Journalisten sowie für zwei Bankraube verbüßt. Zuvor hatte er wegen des Attentates auf Johannes Paul II. 19 Jahre lang in Italien im Gefängnis gesessen.

„Ich sage nicht, dass die Freilassung ein Irrtum war, aber ich sage, dass es einen Fehler gegeben haben könnte“, hatte Cicek am Donnerstag nach der Freilassung Agcas gesagt. Sein Vorgänger Hikmet Sami Türk, unter dessen Amtsführung Agca im Jahr 2000 ausgeliefert worden war, nannte die Freilassung einen „schweren Fehler“. Agca hätte bis mindestens 2012 im Gefängnis bleiben müssen. Der heute 48-Jährige hatte von einer Reihe von Amnestien und Reduzierungen seiner Strafen profitiert und war deshalb am 12. Jänner frei gekommen. Sollte das Gericht dem Antrag Ciceks zustimmen, müsste Agca schon bald wieder ins Gefängnis.

Einem Zeitungsbericht zufolge hat Agca aus der Haft heraus den türkischen Behörden seine Dienste angeboten, um den Chef des Al-Kaida-Netzwerks Osama bin Laden zu fassen. Er werde Bin Laden „tot oder lebendig“ dingfest machen, schrieb Agca im Jahr 2000 an den damaligen Chef des türkischen Geheimdienstes MIT, wie die Zeitung „Hürriyet“ am Dienstag berichtete. Der Brief liegt der Zeitung nach eigenen Angaben vor. Demnach schlug Agca vor, er werde nach Afghanistan reisen, Osama bin Laden fassen und in die USA bringen. Mit dieser „historischen Mission“ könne sich die Türkei für die Hilfe der USA bei der Festnahme des kurdischen Rebellenchefs Abdullah Öcalan 1999 bedanken.

In dem handgeschriebenen Brief habe Agca auch von einem Angebot des Vatikan geschrieben, zum Katholizismus überzutreten, berichtete „Hürriyet“ weiter. Zwei Jahre nach seinen Schüssen auf Papst Johannes-Paul II. auf dem Petersplatz habe der Vatikan ihn zum Katholiken und Kardinal machen und dafür 50 Millionen Dollar zahlen wollen. Er habe abgelehnt. Zudem habe sich Agca in dem Brief als „Messias“ bezeichnet.

Die am Mittwoch erscheinende italienische Zeitschrift „Gente“ berichtete unterdessen im Voraus, Agca verhandle mit Hollywood, um einen Film zu drehen, in dem er sich selbst spielen solle. Er verlange für seinen Filmauftritt acht Millionen Dollar (6,63 Mio. Euro). Dafür soll er sich verpflichten, die Hintergründe des Anschlags auf Johannes Paul II. zu klären, so „Gente“.

Eine Filmgesellschaft, die nicht genannt wurde, habe Agcas Rechtsanwalt Mustafa Demirbag bereits 500.000 Dollar gezahlt. Der Papst-Attentäter plane eine Reise nach Mexiko, wo einige Szene des Filmes gedreht werden sollten, berichtete „Gente“. Wegen der Reise nach Mexiko habe Agca ein TV-Exklusivinterview abgesagt, für das er 600.000 Dollar kassiert hätte.

Agca hatte Johannes Paul II. am 13. Mai 1981 auf dem Petersplatz in Rom niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt. Das Opfer hatte seinen Attentäter später im Gefängnis besucht und ihm verziehen.

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