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Trump gerät in Turbulenzen - Demokraten fordern Aufklärung

Trump gerät unter Druck.
Trump gerät unter Druck. ©AP
Nach den Vorwürfen des Geheimnisverrats an Russland sieht sich US-Präsident Donald Trump mit einer noch brisanteren Anschuldigung konfrontiert. Er soll den kürzlich entlassenen FBI-Chef James Comey im Februar aufgefordert haben, die Untersuchung der Verbindungen des ehemaligen Nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn zu Russland einzustellen.
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Dies gehe aus einem Gesprächsprotokoll hervor, das Comey nach einer Unterredung mit dem Präsidenten angefertigt habe, sagte eine Person, die Einsicht in die Notiz hatte. Eine solche Aufforderung könnte als Eingriff in polizeiliche Ermittlungen und Amtsmissbrauch gewertet werden und den Präsidenten in schwere Turbulenzen stürzen.

“Wir brauchen die Fakten”

Die Demokraten im Repräsentantenhaus wollen die Einsetzung einer Untersuchungskommission zu den mutmaßlichen Verbindungen zwischen Trump und Russland erzwingen. Mindestens zwei Republikaner in der Kammer hätten sich ebenfalls dafür ausgesprochen. Abgeordnete von Republikanern und Demokraten forderten Einsicht in Comeys Dokument. “Die Notiz ist ein starker Beweis für eine Behinderung der Justiz”, sagte Senator Richard Blumenthal von den oppositionellen Demokraten. Er forderte die sofortige Einsetzung eines unabhängigen Sonderermittlers.

Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, sagte am Mittwoch: “Wir brauchen die Fakten. Wir müssen unserer Aufsichtspflicht genüge tun, unabhängig davon, welche Partei im Weißen Haus ist.” Jetzt sei die Zeit, alle sachdienlichen Informationen zu sammeln. Es habe zuletzt viel Berichterstattung gegeben. Diese verdiene genaue und nüchterne Untersuchungen, sagte Ryan. “Es ist offensichtlich, dass da draußen einige Leute unterwegs sind, die dem Präsidenten schaden wollen”, sagte er.

Comey zu öffentlicher Aussage in Kongress?

Zahlreiche Demokraten äußerten die Hoffnung, dass Comey nun zu einer öffentlichen Aussage in den Kongress vorgeladen werde, um zu Existenz und Inhalt des fraglichen Memos Stellung zu nehmen. Einer solchen Vorladung müssten aber auch ausreichend viele Republikaner zustimmen. Der republikanische Senator Lindsey Graham lud Comey dazu ein.

Auch die Vorwürfe der Weitergabe von Informationen verbündeter Geheimdienste an Russland sind noch nicht vom Tisch. Presseberichten zufolge sollen sie von einem israelischen Geheimdienst stammen. In Israel wurde dies allerdings nicht bestätigt. Zugleich bemühten sich Israel und andere Verbündete am Mittwoch, den USA zu versichern, dass es keine negativen Auswirkungen auf die Zusammenarbeit der Geheimdienste gebe.

Disput um Gespräch

Nach der von Medien und Insidern zitierten Gesprächsnotiz von FBI-Chef Comey sagte Trump: “Ich hoffe, Sie können das fallenlassen.” Das soll sich auf die Ermittlungen gegen Flynn bezogen haben. Das Präsidialamt erklärte, die Notiz sei “keine wahrheitsgemäße und präzise Darstellung des Gesprächs zwischen dem Präsidenten und Herrn Comey”.

Comey überraschend entlassen

Trump hatte vergangene Woche Comey überraschend entlassen und sich damit dem Vorwurf der Vertuschung ausgesetzt. Führende Demokraten äußerten den Verdacht, dem Präsidenten sei die bundespolizeiliche Untersuchung unter Comey zu mutmaßlichen Verstrickungen mit Russland während des US-Wahlkampfs zu heiß geworden.

Das Gespräch Trumps mit Comey soll einen Tag nach dem Rücktritt Flynns als nationaler Sicherheitsberater stattgefunden haben. Flynn hatte eingeräumt, Vizepräsident Mike Pence irreführende Angaben über das Ausmaß seiner Gespräche mit dem russischen Botschafter im vergangenen Jahr gemacht zu haben. US-Geheimdienste waren in einem im Jänner veröffentlichten Bericht zu dem Schluss gekommen, Russlands Präsident Wladimir Putin habe eine Beeinflussung des US-Wahlkampfs zugunsten Trumps angeordnet. Russland hat die Vorwürfe zurückgewiesen.

Rechtsexperten: Absicht entscheidend

Rechtsexperten sagten, Trumps Äußerung könne unterschiedlich interpretiert werden. Entscheidend sei die Absicht, die dahinter stehe. “Wenn der Präsident dem FBI sagt, es solle ein mögliches Ermittlungsverfahren beenden, wäre dies Rechtsbehinderung”, sagte der Verfassungsrechtler Erwin Chereminsky von der University of California. “Dies hatte zum Rücktritt von Präsident Nixon geführt.” Richard Nixon hatte 1973 in der Watergate-Affäre einen unabhängigen Sonderermittler entlassen. Daraufhin wurde gegen den damaligen Präsidenten ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. Er gab sein Amt 1974 auf.

Verbündete sehen keine negativen Auswirkungen auf Geheimdienst-Kooperation

In der Debatte über die Weitergabe sensibler Informationen an Russland bemühten sich die Verbündeten der USA zu betonen, dass sie keine negativen Auswirkungen auf die Kooperation der Geheimdienste sähen. “Die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich mit unserem wichtigsten Verbündeten, den USA, ist eng, bedeutsam und in seinem Umfang beispiellos”, erklärte Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman. Ähnliche Erklärungen verbreiteten der Gemeindienstminister und Israels Botschafter in den USA.

Putin: Keine Geheimnisse verraten

Russlands Präsident Wladimir Putin sagte am Mittwoch, Trump habe im Gespräch mit Lawrow keine Geheimnisse verraten. Er könne dies auch beweisen und sei bereit, das Gesprächsprotokoll des Treffens an US-Abgeordnete zu übergeben.

Arbeiten Politiker und Generäle an Trumps Absetzung?

USA-Experte Christian Hacke meint, dass Trump Ungemach drohen könnte – auch aus der eigenen Partei. Zwar betont er im Gespräch mit “Focus”, dass er ein Amtsenthebungsverfahren für so gut wie ausgeschlossen halte – denn selbst wenn dieses den Kongress passiere, würde es an der Zweidrittelmehrheit im Senat scheitern. Hacke sagt aber, dass der Weg über den 25. Zusatzartikel der Verfassung offen stünde: Wenn der Präsident körperlich oder psychisch ungeeignet sei, das Land zu regieren, und der Vizepräsident und das Kabinett das feststellen würden, könnte Mike Pence Präsident der USA werden. Ihn, Hacke, würde es nicht wundern, wenn Politiker und Militärs genau daran arbeiteten. Aus Hackes Sicht ist Trump ethisch und politisch nicht mehr zu halten, und würde international nicht mehr ernst genommen.

(APA)

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