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Tourismus in Österreich: Jeder zweite Betrieb macht Verluste

Jeder zweite Tourismusbetrieb - Mehrbelastungen durch Steuerreform
Jeder zweite Tourismusbetrieb - Mehrbelastungen durch Steuerreform ©Bilderbox.at (Sujet)
Trotz aktueller Rekordwerte bei den Nächtigungen und Gästezahlen jubeln die heimischen Tourismusbetriebe wohl nur verhalten. Denn die guten Zahlen spiegeln sich nicht im Ertrag der Unternehmen wider. Die Gewinne liegen im Schnitt deutlich unter jenem anderer Branchen.

Außerdem macht jeder zweite Betrieb Verluste, wie eine aktuelle Studie im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich ergab. Das Institut KMU Forschung Austria hat rund 8.000 Bilanzen aus Hotellerie und Gastronomie über mehrere Jahre hinweg analysiert. Das Ergebnis ist ernüchternd. Gerade 1,6 Prozent des Umsatzes bleiben den Unternehmen im Schnitt als Gewinn nach Finanzergebnis (EGT).

“Davon kommt noch die Ertragsteuer weg. Der Spielraum für Schuldentilgung und Neuinvestitionen ist damit sehr eng. Da darf nicht viel passieren”, erklärte Peter Voithofer, Direktor des Forschungsinstitutes bei der Präsentation der Studie am Donnerstagabend in St. Johann im Pongau. “Im Vergleich dazu verzeichnen kleine und mittlere Unternehmen in anderen Branchen im Schnitt 3 Prozent Gewinn. Fast alle anderen Sektoren der österreichischen Wirtschaft stehen besser da.”

52% der Betriebe schreiben rote Zahlen

“Der Wert war zwar schon einmal höher, von einer wirklichen Verbesserung ist man aber weit entfernt.” Voithofer verwies allerdings auf die extreme Bandbreite bei den Betrieben. So würden ergebnisstarke Tourismus-KMU ein positives EGT (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) von beinahe 14 Prozent, ergebnisschwache ein negatives Ergebnis von fast 18 Prozent ausweisen. “Eine Durchschnittsbetrachtung wird der Vielfalt im Tourismus nicht gerecht. Aber insgesamt geht es nach unten.” Das spiegelt sich auch beim Betriebserfolg vor dem Finanzergebnis wider. Er sank von 5,5 Prozent in der Saison 2010/2011 auf 4,8 Prozent in der Saison 2013/2014.

Die Gründe für die negative Entwicklung seien vielfältig. Neben dem intensiven Wettbewerb in der Branchen und der immer kürzeren Aufenthaltsdauer der Urlauber sind es laut Voithofer vor allem die hohen Personalkosten, die auf das Ergebnis drücken. In Relation zum Umsatz lagen sie zuletzt bei 37,5 Prozent, Tendenz steigend. Auch die Eigenkapitalquote im österreichischen Tourismus sei mir durchschnittlich 17 Prozent vergleichsweise gering. “Das erhöht die Risikoanfälligkeit.” Dazu kommt eine hohe Bankverschuldung. Die lang- und kurzfristigen Bankverbindlichkeiten lagen 2013/14 bei hohen 59 Prozent des Gesamtkapitals.

Problem seien die Banken

Wie Wolfgang Kleemann, Geschäftsführer der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT), sagte, helfe das extrem niedrige Zinsniveau zwar der Branche. Das Problem sei aber weniger die schwache Eigenkapitalquote der Betriebe, sondern die der Banken. “Die Basel-III-Kriterien fordern hohe Eigenkapitalreserven für schlechte Ratings. Und Tourismusunternehmen werden von Ratingagenturen unverständlicherweise klar schlechter bewertet als andere Unternehmen.” Dabei würden Betriebe, die investieren und eine zeitgemäße Infrastruktur bieten, besser auf saisonale Probleme reagieren können. “Sie erzielen auch einen höheren Durchschnittspreis.”

“Die Stimmung in der Branche ist nach wie vor sehr schlecht”, berichtete Petra Nocker-Schwarzenbacher, die Bundesobfrau der Sparte Tourismus in der Wirtschaftskammer. Sie forderte – mit einem Seitenhieb auf die Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht – von der Politik weniger Bürokratie, in erster Linie aber eine Senkung der Lohnnebenkosten. Buchungsplattformen im Internet spielen für sie eine ambivalente Rolle. “Diese sind Fluch und Segen zugleich. Sie reißen einen großen Teil des Ertrags an sich, helfen aber dabei, auf neuen Märkten Fuß zu fassen und eine bessere Auslastung zu erzielen.”

Mehrbelastungen durch Steuerreform

Auch die aktuelle Steuerreform wird der Hotellerie und Gastronomie in Österreich keine Entlastung bringen. Im Gegenteil: Laut KMU Forschung Austria dürften sich rund 25.600 heimische Tourismusunternehmen mit einer zusätzlichen Steuerlast von rund 150 Mio. Euro pro Jahr konfrontiert sehen. Das Umsatz-Potenzial im Tourismus durch eine höhere Kaufkraft der Haushalte bleiben vergleichsweise gering.

Verantwortlich für die Mehrbelastung ist in erster Linie eine Änderung im Bereich der Abschreibung betriebsnotwendiger Immobilien. Der jährliche Abschreibungssatz hat sich von 3 auf 2,5 Prozent pro Jahr reduziert. “Durch die Verlängerung der Abschreibungsdauer sinkt der jährliche Abschreibungsbetrag und die Bemessungsgrundlage steigt”, erklärte Peter Voithofer von der KMU Forschung Austria.

Davon negativ betroffen ist vor allem die heimische Hotellerie, rund 83 Prozent aller Unternehmen (13.600) sind zugleich die Eigentümer ihrer Betriebsimmobilien. In der Gastronomie wird eher gemietet oder gepachtet, allerdings sind auch hier rund 12.000 Unternehmen (rund 39 Prozent) betroffen. Die zusätzliche Steuerlast fällt aber eindeutig zu Ungunsten der Beherbergungsbetriebe aus, mit 140 zu 10 Mio. Euro.

Sorgen sollte den Tourismusunternehmen auch eine Änderung bei der Grunderwerbssteuer bereiten. Bei unentgeltlichen Übernahmen, also einer Erbschaft oder Schenkung, wird seit heuer als Bemessungsgrundlage der höhere Grundstückswert herangezogen. Zwar wurde auch der Freibetrag erhöht, aber gerade die heimische Hotellerie ist stark von Familienunternehmen geprägt.

(APA)

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