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Taxler mit langen Fingern

Wiener Taxifahrer bestahl betagte Damen - Ein Jahr bedingt - Richter: „Sie ziehen den gesamten Stand in den Dreck", Angeklagter: "I genier’ mi net, wäu i’s net g’mocht hob'".

Die Staatsanwältin schüttelte in ihrem Plädoyer den Kopf: „Ein derartiges Stehvermögen ist mir noch nicht untergekommen“, meinte sie über den 65-jährigen, beharrlich leugnenden Angeklagten. Der Taxilenker musste sich am Freitag wegen gewerbsmäßigen Diebstahls und Urkundenunterdrückung vor Einzelrichter Peter Liebetreu im Wiener Landesgericht verantworten. Er war angeklagt, älteren Damen, die mit ihm gefahren waren, die Geldbörsen gestohlen zu haben. Das leugnete er beharrlich. Das rechtskräftige Urteil – ein Jahr bedingt – nahm er mit einem lapidaren „Passt scho’ ois“ zur Kenntnis.

“Freundlicher” taxilenker

Der Prozess war neu aufgerollt worden, da die erste Verhandlung schon zu weit zurück lag. Die Masche war immer die selbe: Vor Krankenhäusern wartete der 65-Jährige auf betagte und gehbehinderte Damen als Fahrgäste, brachte sie nach Hause und gab sich dabei besonders freundlich und hilfsbereit. Nach dem Zahlen, wenn das Opfer die Geldbörse in die dann offene Handtasche steckte, bekam der Angeklagte lange Finger. Drei Fälle konnten ihm auf Grund der Zeugenaussagen im ersten Verfahren nachgewiesen werden, in zwei weiteren wurde er auf Grund ungenauer Angaben der Opfer freigesprochen.

Dem Richter riss der Geduldsfaden: „Zum letzten Mal: Wer war das, der mit einem weißen Mercedes unterwegs gewesen ist, an den Tagen, wo die Frauen bestohlen wurden?“, fragte Liebetreu. – „Ka Ahnung“, blieb der Angeklagte ungerührt. Die Rechnung hatte der Angeklagte bewusst unleserlich geschrieben und die Kennzeichen-Nummer vergessen. „Genieren sie sich nicht?“, fragte ihn der Richter. „I genier’ mi net, wäu i’s net g’mocht hob’“, erwiderte der einschlägig vorbestrafte Taxifahrer.

Der Angeklagte war sogar so weit gegangen, einen Doppelgänger für die Taten verantwortlich zu machen. Auch darauf kam Liebetreu noch einmal zu sprechen: „Gibt’s da irgendjemanden, der als Phantom durch die Gegend fahrt, das gleiche Auto hat und genauso aussieht wie sie?“ Der Angeklagte griff den vermeintlichen Ausweg dankbar auf: „Des kaun nua der sein“, meinte er unter Nennung einer Kennzeichennummer. Der Fahrer sehe genauso aus wie er, er sei jenem aber noch nie begegnet.

In der Urteilsbegründung wurde der Richter zum – übrigens immer noch aktiven – Taxilenker deutlich: „Das ist eine Sauerei, sie ziehen den gesamten Stand in den Dreck.“ Der nächste Richter werde die Probezeit der Strafe mit Sicherheit widerrufen, „wenn auch nur ein Plastikkamm aus einer Handtasche fällt“.

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