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Stunde der Wahrheit für Ski-Herren in Sölden

Marcel Hirscher greift wieder an
Marcel Hirscher greift wieder an
Am Nationalfeiertag schlägt auch für die alpinen Ski-Herren erstmals im WM-Winter die Stunde der Wahrheit. Drei Monate vor den Titelkämpfen in den USA beginnt die Jagd auf die Weltcup-Kugeln traditionell mit dem Riesentorlauf in Sölden. Nach dem Out des Norwegers Aksel Lund Svindal kommen fast alle Mitfavoriten aus dem Technik-Lager. Das erste Duell heißt Ted Ligety gegen den Rest der Welt.


Der Amerikaner hat in Sölden zuletzt drei Mal in Folge gewonnen und strebt am Sonntag (9.31/12.46 Uhr, live ORF 1) ebenso den vierten Erfolg in Serie an, wie es Marcel Hirscher im Kampf um den Gesamt-Weltcup tut. Beiden ist der “Vierpack” zuzutrauen. Ligety war zuletzt oft eine Klasse für sich und ist in seiner besten Disziplin auch Weltmeister (2013) und Olympiasieger (2014) geworden. Hirscher kann mit dem vierten Gesamtsieg in Serie Ski-Geschichte bei den Herren schreiben.

Der Salzburger war in Sölden aber nervös wie ein Rennpferd. “Das bin ich vor dem ersten Rennen immer ein bissl”, gestand der 25-Jährige, der weiter an Muskelmasse zugelegt hat. Weniger das, sondern die neuen (Atomic-)Ski seien aber der Grund, warum Hirscher glaubt, eine bisherige Schwäche ausgemerzt zu haben. “Ich bin jetzt im Flachen viel schneller geworden. Die Geräte schieben mächtig an”, lobte der Annaberger seine neuen Ski.

Hirscher sieht sich nicht nur im Riesentorlauf einer Head-Armada gegenüber, denn auch Alexis Pinturault hat zu den “Ski-Rebellen” gewechselt. Der junge Franzose wird neben Hirscher, Ligety oder dem Norweger Henrik Kristoffersen zu den Mitfavoriten in Sölden gezählt, will aber auch um den Gesamtweltcup mitreden. “Er ist der beste Fünf-Disziplinen-Fahrer von uns allen”, meinte etwa Ligety.

Österreichs Herren haben seit Hermann Maier 2005 und damit neun Jahren beim Heim-Auftakt nicht mehr gewonnen. Warum dem so ist, weiß keiner so richtig. Der tagelange Trubel und der Druck eines Heimrennens vor 15.000 Zuschauern könnte ein Grund sein. “Ich habe in Schladming gezeigt, dass ich resistent bin und mit der Herausforderung wachsen kann”, sinnierte Hirscher, gab aber auch zu: “Ich neige in solchen Situationen schon, mehr zu tun als nottut oder möglich ist. Das wird erst im Laufe der Saison besser, wenn man sich selbst besser einschätzen kann.”

Sölden ist das erste Rennen für Andreas Puelacher als ÖSV-Herrenchef. “Die Vorfreude überwiegt, die Nervosität kommt, wenn am Sonntag unsere am Start stehen”, gestand der Tiroler, der Mathias Berthold nachgefolgt ist.

Die lange Sölden-Sieglosigkeit kann auch Puelacher nicht ganz erklären. “Es ist beim Heimrennen schon viel Druck da”, glaubt er. “Es wird aber wohl auch so sein, dass die anderen saustark sind.” Hirscher sei der stärkste im Team, “aber die ganze Mannschaft hat sich weiterentwickelt”, hofft der neue Chef auf einen Podestplatz aber auch zwei weitere Top-Ten-Plätze. “Wenn wir zu weit weg sind, müssen wir eine Kurs-Korrektur vornehmen, aber ich glaube nicht, dass das passiert.”

Am Papier zweitbester Österreicher im Riesentorlauf ist Benjamin Raich. Der 36-jährige Tiroler hat nun seinen Bruder Florian als offiziellen “Cheftrainer” und unternimmt am Sonntag seinen bereits 14. Versuch, beim Heimrennen endlich auf das Podest zu kommen.

“Ich tu’ mir prinzipiell etwas schwer, gleich am Saisonbeginn in Rennmodus zu kommen”, gestand der Tiroler, der von seiner zurückgetretenen Lebensgefährtin Marlies Schild angefeuert wird. “Ich in aber gut drauf und wenn ich es auf den Punkt bringe, ist ein Podest möglich.”

Während Hannes Reichelt nach seiner Rücken-OP mit hoher Nummer fährt und auf ein Top-20-Ergebnis hofft (“Von mir darf man keine Wunderdinge erwarten”), spekuliert Philipp Schörghofer eher schon Richtung Top-Ten. “Der Salzburger hat besonders unter der Material-Umstellung im Riesentorlauf gelitten und vergangenen Saison “ordentlich eine auf den Deckel bekommen”.

“Deshalb habe ich jede einzelne Baustelle hinterfragt und überall etwas gefunden, wo ich mich verbessern kann”, erklärte der nun verheiratete RTL-Spezialist, der mit Skilehrern auch an seiner Grundtechnik gearbeitet hat.

Schärfste ÖSV-Waffe wird aber auch am Sonntag Hirscher sein. “Ich würde mich natürlich über einen Heimsieg freuen, sage aber nicht, dass ich auf Teufel komm raus gewinnen muss”, gab sich der dreifache Weltcup-Gesamtsieger vorsichtig.

Den Sölden-Hang hält Hirscher für “monoton”, die Sieg-Kriterien sind: “Ein guter Start, zweitens kein Wind, den ersten und dann den zweiten Übergang gut meistern, den Steilhang passabel fahren und dann im Flachen die Ski laufen lassen.”

Ob das und die neue Stärke im Flachen reicht? “Keine Ahnung. Es kann sein, dass ich eine Drei-Sekunden-Watsch’n kriege oder eine Sekunde vorne bin. Auch letztes Jahr habe ich gedacht, dass ich nahe an Ligety dran bin, dann kam alles anders. Das war trotz Platz drei eine herbe Niederlage. Aber gerade in Sölden geht es nicht nur um einen Stockerplatz, sondern darum, wo du skifahrerisch bist.”

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