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Stirbt das Wohnzimmer?

Die Möglichkeit unsere Lieblingsfilme, Serien und TV Shows auf Abruf zu genießen verändert unseren Medienkonsum immens. Alles ist nun jederzeit und überall verfügbar. Längst sind wir nicht mehr an die Sendezeiten der Fernsehsender gebunden, und wir verlegen die vorgegebene Primetime von 20:15 Uhr auf unsere eigene individuelle Primetime. Egal ob Netflix, Youtube oder Facebook, wir konsumieren unsere Inhalte zunehmend im Netz und meistens allein. Wie diese ungeahnte Freiheit uns voneinander weg bewegt und dem Wohnzimmer das Licht ausmachen kann.

Durch die enorme Masse an digitalen Inhalten ist für jeden etwas dabei. Der Fernseher als Zentrum der Unterhaltung ist abgelöst und fungiert mittlerweile als Hintergrundgeräusch, während wir unsere Smartphones zücken, um uns in digitalen Inhalte zu vertiefen. So kann es schon mal passieren, dass die ganze Familie zusammen im Wohnzimmer vor dem Fernseher hockt, und dennoch jeder einzelne sich in seinen Inhalt vertieft.

Der Sohn kommentiert Kommentare auf Youtube und schaut anderen beim Videospielen zu, während die Tochter auf Instagram postet und eine Sendung nachholt, die sie verpasst hat. Die Mutter kauft über Amazon ein und vergleicht Angebote, während der Vater seine Sportsendung schaut. Die Gespräche werden auf ein Minimum reduziert und mit der Zeit geht jeder nach und nach in sein Zimmer. Auf lange Sicht entfernen wir uns voneinander und die Wärme des klassischen Wohnzimmers schwindet.

Was macht das Wohnzimmer aus und wie können wir es bewahren?

Bevor alles auf Abruf war, gab es im Wohnzimmer nur eines, den Fernseher. Man konnte zwar umschalten, aber im Vergleich zu heute war die Auswahl relativ gering. Und so sah man sich zusammen Sendungen an, die einem vielleicht nicht so gut gefallen hatten. Daraus entstanden Kommentare und witzige Bemerkungen, denen ein gewisser Charme zuzuschreiben ist. Und genau diese Tatsache bewirkte, dass wir uns ausgetauscht haben, gelacht haben und uns in Gespräche verwickeln ließen, sodass im Verlauf der Sendung der Austausch wichtiger war, als die Sendung selbst.

Trash Movies als Alternative

Allein Netflix sorgt in den USA für rund ein Drittel des gesamten Datentraffics. Das sogenannte “Binge Watching”, exzessives Komagucken, schwappte als Trend auch zu uns über und der Serienmarathon wurde Mainstream. Dass bei dieser Vielfalt auch schlechte Inhalte zur Verfügung stehen, ist unvermeidlich. Das beste Beispiel dafür ist der Film “Sharknado”. Kurz zur Handlung: Ein Tornado in dessen Zentrum Haie sind und dadurch eine Stadt in den USA bedroht.
Erstaunlicherweise entwickelte sich auch daraus ein eher unbekannterer Trend, bei dem sehr schlechte und lächerliche Filme mit Freunden und Familie angeschaut werden. Bei diesem Trend geht es weniger um den Film oder die Handlung, sondern mehr um die Kommentare und Reaktionen, die solche Filme auslösen. Sie verleiten zum Austausch, verbreiten Gelächter und verlocken zum gemeinsamen Staunen. Vielleicht sollten wir mehr das gemeinsame Sehen teilen, als das, was wir gesehen haben.

(Kommentar von Dalibor Marinkovic)

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