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SPÖ übt bei erster Nationalratsdebatte scharfe Kritik an Regierung

Während der Rede von Hartinger bewarb die SPÖ mit einer Plakataktion die Fortführung der "Aktion 20.000".
Während der Rede von Hartinger bewarb die SPÖ mit einer Plakataktion die Fortführung der "Aktion 20.000". ©APA
Die erste Nationalratsdebatte im Jahr 2018 startete mit heftiger Kritik an der Regierung: Ausgewählt wurde das Thema von der SPÖ, deren Klubobmann Christian Kern wortreich die Abschaffung der "Aktion 20.000" geißelte.
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Einen harschen Auftakt hat am Mittwoch die erste Nationalratsdebatte des Jahres 2018 erlebt. Im Rahmen einer “Aktuellen Stunde” zur Sozialpolitik krachten SPÖ und Sozialministerin Beate Hartinger (FPÖ) ordentlich zusammen.

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Ausgewählt wurde das Thema von der SPÖ, deren Klubobmann Christian Kern wortreich die Abschaffung der “Aktion 20.000” geißelte. Auf Arbeitslose “draufhauen”, während man bei “Superreichen” generös wegschaue, lautete seine Kritik an der Regierung.

Mit der “Aktion 20.000”, die Langzeitarbeitslosen geförderte Stellen zuwies, habe man es in den Pilotbezirken erstmals seit Jahren geschafft, die Arbeitslosigkeit bei Älteren zu senken. Hier gehe es um die Würde und darum, dass die Betroffenen von ihren Existenzängsten befreit werden. Nun habe man deren Hoffnungen bei Nacht und Nebel zerstört.

“Regierungspläne werden Situation am Arbeitsmarkt nicht verbessern”

Dann wolle man auch noch bei der Reform des Arbeitslosengelds auf das Vermögen Beschäftigungsloser zugreifen, kritisierte der SPÖ-Chef und meinte in Richtung Koalition: “Gehen wir zum AMS und sie zeigen mir die Leute, die einen Porsche in der Garage haben.” Wenn man den Menschen androhe, ihnen ihr Vermögen “am Ende eines langen Erwerbslebens wegzunehmen”, werde das die Situation am Arbeitsmarkt nicht verbessern.

Das verärgerte ÖVP-Klubchef August Wöginger. Der verwies darauf, dass schon das Regierungsprogramm klar stelle, dass Personen mit langen Erwerbskarrieren sogar bessere Bedingungen beim künftigen Arbeitslosengeld haben würden. “Wer immer gearbeitet hat, braucht sich keine Sorgen machen, wenn er über 50 arbeitslos wird.”

Die Abschaffung der “Aktion 20.000” verteidigte Wöginger. Es bringe nichts, einen “künstlichen Arbeitsmarkt zu schaffen, der wieder ausläuft.”

SPÖ-Plakataktion während Rede

Genauso sieht es auch die Sozialministerin, während deren Rede die SPÖ mit einer Plakataktion die Fortführung der “Aktion 20.000” bewarb. Hartinger antwortete damit, dass diese vor allem von den Sozialdemokraten getragene Beschäftigungsinitiative eine “verstaatlichte Arbeitsplatzbeschaffung” sei: “Das sind Methoden des Kommunismus.”

Harsch ging die Ministerin mit der Politik der Vorgängerregierung ins Gericht. Diese sei verantwortlich dafür, dass es heute 150.000 Arbeitslose mehr gebe als 2008 zu Zeiten der Finanzkrise. Zudem habe man verhindert, dass auch schlecht ausgebildete Österreicher Anteil an der Wertschöpfung hätten, weil die alte Regierung billige Arbeitskräfte aus dem Ausland hereingeholt habe.

NEOS-Sozialsprecher tadelt SPÖ-Fraktion

Der durchaus polemische Vortrag Hartingers wurde von wiederholten Zwischenrufen aus der SPÖ begleitet. Dies missfiel dem sonst nicht als sonderlich regierungsfreundlich bekannten NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker: “Wie sie die Ministerin niedergebrüllt haben, war unter jeder Kritik”, tadelte er die rote Fraktion.

Inhaltlich kritisierte Loacker, dass die Saisonnier-Quote zu niedrig sei und sprach sich für eine Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen aus, indem er auf freie Arbeitsplätze im Westen für Arbeitslose im Osten hinwies. Immerhin schafften es ja auch Menschen aus Dresden, Rostock und Chemnitz nach West-Österreich zu übersiedeln, um dort zu arbeiten.

Ganz andere Ansichten hat die Liste Pilz, nämlich so ziemlich die selben wie die SPÖ. Die Ex-SP-Abgeordnete Daniela Holzinger ärgerte sich über die Einstellung von “Aktion 20.000” und Beschäftigungsbonus. Diese Programme seien noch vor Ende der Erprobungsphase gestoppt worden und Personen, die es besonders schwer hätten, würden so der Freiheit des Marktes überlassen. Und darüber hinaus werde auch noch an einem “Austro-Hartz IV” gearbeitet, zeigte sich Holzinger erschüttert.

Schwarz-Blau sieht sich pro EU, Opposition zweifelt

Auch die kommende EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im zweiten Halbjahr 2018 war am Mittwoch Thema der Aktuellen Europastunde des Nationalrats. ÖVP und FPÖ betonten dabei ihre pro europäische Haltung, wobei vor allem letztere einen Kurswechsel in der Union forderte. Die Opposition äußerte ihre Zweifel, vor allem der freundliche Kontakt zum ungarischen Premier Viktor Orban wurde kritisiert.

Unterschiedliche Schwerpunktsetzungen waren auch innerhalb der ÖVP hörbar: Während Minister Gernot Blümel vor allem dem vierten Szenario von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zur Weiterentwicklung der EU – weniger aber effizienter – das Wort redete und Europasprecher Reinhold Lopatka eine Weiterentwicklung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips einforderte, wählte EU-Parlamentarier Othmar Karas mahnende Worte.

“Wir werden nichts erreichen, wenn jemand glauben würde, sich auf Kosten der Europäischen Union profilieren zu wollen”, betonte er. Die Parlamentarier sollten alles daran setzen, dass die EU demokratischer werde und nicht die Regierungen, sondern die Bürger und Parlamente die Zukunft der EU bestimmten, so Karas.

Gudenus will Kurswechsel in der Union erreichen

Der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus will im Zuge des Ratsvorsitzes “mit Nachdruck” einen Kurswechsel in der Union erreichen. Nicht nur für mehr Subsidiarität, sondern auch bei inhaltlichen Schwerpunktsetzungen: Mit Orban sei man sich einig, den Außengrenzschutz vorzuziehen, bevor Flüchtlinge “nach sozialistischer Manier” zwangsumverteilt würden. “Man kommt auch nicht herum festzustellen, dass Terror und illegale Massenmigration einander leider bedingen”, sagte er. Vor allem jene aus muslimischen Ländern gehöre daher unterbunden.

Jörg Leichtfried (SPÖ) äußerte Zweifel, ob Schwarz-Blau die Chancen der Ratspräsidentschaft nutzen wird können. Er befürchte eher das Gegenteil, huldige die Bundesregierung mit Viktor Orban doch dem Anführer jener Länder, die sich nur dann als EU-Vollmitglieder verstünden, wenn es für sie etwas zu holen gebe, und die sich gegen Solidarität und ein soziales Europa stellten. Wenn FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Orban als sein Vorbild bezeichne, sollte er einmal die absolute Mehrheit erreichen, dann sei dies “eine Drohung”. Leichtfried erinnerte auch daran, dass die FPÖ nicht aus der gemeinsamen Fraktion mit den EU-Gegnern Marine Le Pen und Geert Wilders austreten will.

Für die NEOS plädierte Klubchef Matthias Strolz für das weitere Kultivieren des europäischen Miteinanders, andernfalls seien Friede, Wohlstand und Lebensqualität für zukünftige Generationen nicht gesichert. Vor allem in der Außenpolitik gebe es viele Unterlassungssünden. Auch er kritisierte Orban. “Suchen Sie sich Ihre Freunde besser aus zum Wohle unseres Landes. Was Sie hier zum Vorbild haben, das macht große Sorgen”, sagt er in Richtung ÖVP und FPÖ. Gegen Nationalismus und Abschottung appellierte Alma Zadic von der Liste Pilz.

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(APA/Red)

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