Smartphones in der Hand und Wut im Bauch – sieht so die Lebenswelt der Jugendlichen von heute aus? Sie wollen Action, und sie machen Action, diese jungen Leute, die vor Energie sprühen, im Bühnenaufbau und beim Euro-Paletten-Schleppen gemeinsame Sache machen und in den zahllosen, live auf weiße Stoffbahnen projizierten Close-Up-Video-Statements oder am selbst aufgebauten Laufsteg die Gratwanderung zwischen Individualität und Gruppengefühl versuchen.
Wiener-Festwochen: Smartphones in der Hand und Wut im Bauch
“The kids are united / they will never be divided”, skandieren sie. Von allem gibt’s ein bisschen: Verweigerung und Protest, Antikapitalismus und Antirassismus, gesellschaftliche Repressivität und digitaler Rückzug, Nonkonformismus und Suche nach dem Selbst. Neu kommt einem gar nichts dabei vor.
“Vorurteile – nein danke!”
Viel “NOISE” um nichts, also? Nicht ganz. So wenig der frei in der Halle umherspazierende und gelegentlich von durch den Raum sausenden Schauspielern aus dem Weg geschubste Festwochen-Besucher vom Inhalt überrascht wird, so sehr muss der jungen Truppe Anerkennung gezollt werden. Ihre Energie wirkt ansteckend, der Druck, den sie aufbaut, nicht gekünstelt. Rasch wechseln die Szenen, mit größter Rotzigkeit werden intime Geständnisse formuliert und ins Publikum geschleudert. Vorurteile – nein danke! Schubladendenken – nein danke! Anpassung – nein danke!
Keine Antworten, aber immerhin Freibier
Am Ende gibt’s keine Antworten, aber immerhin Freibier (und Mineralwasser), viel Geschrei und Stroboskop-Lichtblitze. Nur Oldies, Nostalgiker und Zyniker kämen auf die Idee, einen Vergleich mit 1976 anzustellen: Damals mündete nach den Festwochen die Forderung nach Freiräumen in die Besetzung des “Arena”-Areals im Auslandsschlachthof St. Marx, heute realisiert man auf dem stillgelegten Industrieareal in Liesing im Rahmen des Programms eine internationale Koproduktion. In jedem Fall gilt: Die Sargfabrik soll leben!
(APA/Red.)