Salzburger Sommerszene: Wim Vandekeybus' neue Show auf dem Domplatz
Zuerst das Gute. Davon gab es mehr als genug in dieser Performance des Belgiers, der seit 1992 Stammgast bei der Szene Salzburg ist. Vor allem die Liveband. Mauro Pawlowski heißt der von der belgischen Indie-Kultband dEUS her bekannte Sänger und Gitarrist, der diesmal mit eigener Truppe gekommen ist und umwerfend gute, fetzig-moderne und zugleich intelligente und komplexe Sounds produziert hat. Mit ständigen Time- und Klang-Wechseln, kompakt durcharrangierten und bei aller Wildheit kultivierten Tunes legte das Sextett den Teppich für die akrobatisch-agilen Körperkünstler von Ultima Vez.
Die fegten, tanzten, rollten, sprangen, robbten und wälzten sich – wie immer, wenn Vandekeybus die Fäden zieht – mit einer einzigartigen Mischung aus Sportlichkeit und emotionaler Intensität über die Jedermann-Bühne. Dabei erzeugten sie nicht bloß abstraktes Kunstgewühl. Wim Vandekeybus schuf spannende und vielschichtige Interaktion. Und ihm gelang – im wortlos beschränkten Genre des künstlerischen Ausdrucktanzes durchaus besonders – das Erzählen von Geschichtchen und kleinen zwischenmenschlichen Episoden.
Aber diese orgiastische Power-Performance hat per se nichts mit Salzburg zu tun. Daher versuchte Vandekeybus die Kurve zum Auftragswerk mit Klischees zu kratzen. Er schickte Statisten mit vermutlich selbst gemalten Öl-Bildern auf die Bühne und präsentierte einen mit Tattoos übersäten Alltagskörper. Ließ Kunststückchen mit Babys üben und gute Salzburger mit schicken Hunden spazieren gehen. Also rein mit der Nase der Zuschauer ins Klischee der wohl typisch Salzburgerischen Selbstdarstellung.
Damit bliesen der Choreograph und die Sommerszene die aus sich selbst heraus vielleicht eine gute Stunde lang spannende Performance auf eineinhalb Stunden Länge auf. Und Salzburg ist um eine Plattheit reicher. Trotzdem: eine musikalisch und choreographisch außergewöhnlich gute Arbeit.