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Russland bombardierte mehrere Rebellengruppen in Syrien

Russland bombardiert Rebellen - aber welche?
Russland bombardiert Rebellen - aber welche?
Russland setzt ungeachtet der Kritik an seinem Syrien-Einsatz seine Luftangriffe fort und nimmt dabei nach eigenen Angaben auch andere Rebellengruppen als den "Islamischen Staat" (IS) ins Visier.
Zivilisten getötet
"Präventivschlag"

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums bombardierten russische Kampfflugzeuge in der Nacht vier IS-Stellungen. In libanesischen Medien war von mindestens 30 Angriffen am Donnerstag die Rede.

Ein Regierungssprecher in Moskau sagte, die Bombardements richteten sich generell gegen eine Reihe bekannter Islamistenorganisationen, nicht nur gegen den IS. Saudi-Arabien forderte Russland auf, die Luftangriffe sofort zu stoppen.

Munitionslager und Kommandozentrale getroffen

Dem russischen Verteidigungsministerium zufolge wurden ein Munitionslager bei Idlib und eine Kommandozentrale des IS bei Hama getroffen. Bei Homs sei eine Anlage zerstört worden, in der Autos für Sprengstoffanschläge präpariert würden, hieß es in Moskau weiter.

Der libanesische Sender al-Mayadeen TV hatte zuvor berichtet, Schwerpunkt von mindestens 30 russischen Angriffen am Donnerstag sei die nordwestliche Stadt Jisr al-Shughour gewesen. Dort seien auch Verbände des Al-Kaida-Ablegers Nusra-Front stationiert. In der Provinz Idlib seien weitere Ziele unter Beschuss genommen worden. Die Region ist strategisch besonders wichtig, weil sie nahe der Hochburg von Präsident Bashar al-Assad in Latakia am Mittelmeer liegt. Auch die weiter südlich gelegene Provinz Hama sei bombardiert worden.

IS-Ziele zerstört

Russland hatte am Vortag erste Luftangriffe in Syrien geflogen und erklärt, IS-Ziele zerstört zu haben. Assad-Gegner erklärten umgehend, es seien auch Teile der Provinz Homs ins Visier genommen worden, die nicht vom IS kontrolliert werden. Kritiker vermuteten, Russland könnte eher auf Rebellen zielen, die seit Jahren gegen den mit Russland verbündeten Assad kämpfen.

US-Verteidigungsminister Ash Carter hatte am Mittwoch im Pentagon gesagt: “Es scheint, dass sie in Gegenden waren, wo vermutlich keine IS-Kräfte waren.” Russlands erklärter Kampf gegen den IS und die gleichzeitige Unterstützung Assads drohe die Lage eskalieren zu lassen. Russland “gießt Öl ins Feuer”, sagte Carter. Scharfe Kritik an den Luftangriffen äußerte auch die syrische Opposition. Russland spalte das Land, teilte der Syrische Nationalrat mit.

Militärexperten enger absprechen

Ein Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin sagte, Russland richte seine Angriffe in Syrien nicht nur gegen den IS. “Die Ziele werden in Zusammenarbeit mit dem syrischen Militär in Syrien ausgewählt”, führte Dmitri Peskow aus. Die Koordination mit anderen Ländern funktioniere. Die Außenminister der USA und Russlands hatten zuvor angekündigt, Militärexperten beider Länder sollten sich enger absprechen. So solle verhindert werden, dass sich die USA und Russland in Syrien versehentlich in die Quere kommen. Die USA und Frankreich fliegen auch Angriffe gegen den IS in Syrien.

Mit den Luftangriffen steigt Russland so massiv in den Syrien-Konflikt ein wie noch nie zuvor. Der Einsatz bedeutet zugleich eine deutliche Eskalation der Krise, die rund 250.000 Menschen das Leben gekostet und mehr als elf Millionen weitere in die Flucht getrieben hat. Mehrere Rebellenführer erklärten, durch das russische Eingreifen werde der Krieg in Syrien verlängert. Er könne wohl noch zehn Jahre dauern, sagte der Kommandant der Kurdenmiliz YPG, Sipan Hemo, in einem von der oppositionsnahen Syrischen Beobachterstelle für Menschenrechte veröffentlichten Interview. Der Rebellenkommandeur Bashar al-Zoubi sagte der Nachrichtenagentur Reuters, durch das russische Eingreifen werde der Konflikt zu einem globalen Krieg gegen das syrische Volk. Das werde auch zu einer Ausweitung des Extremismus führen.

“Zahlreiche unschuldige Menschen tot”

Saudi-Arabien äußerte sich besorgt über den Eintritt Russlands in den Syrien-Krieg. Die Luftangriffe rund um die Städte Homs und Hama hätten Regionen getroffen, in denen der IS gar nicht präsent sei, sagte der saudiarabische UN-Botschafter Abdalla Al-Muallimi. Der Diplomat sagte dem Staatsfernsehen zufolge weiter, zahlreiche unschuldige Menschen seien ums Leben gekommen. Die Einsätze müssten eingestellt und nicht wieder aufgenommen werden.

Der Iran begrüßte Russlands Einsatz und sagte Unterstützung zu. “Das ist ein erster praktischer Schritt im Kampf gegen den IS, um eine Lösung zu ermöglichen”, sagte Außenamtssprecherin Marziyeh Afkham in Teheran. Wie Russland steht auch der Iran auf der Seite Assads. Nach libanesischen Angaben hat der Iran Hunderte Kämpfer nach Syrien entsandt, um sich an einer Bodenoffensive in Rebellen-Gebieten im Norden des Landes zu beteiligen. Die Truppen seien vor zehn Tagen mit Waffen in Syrien eingetroffen, sagten mehrere in den Vorgang eingeweihte Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag in Beirut.

Souveränität Syriens respektieren

Unterdessen forderte China eine politische Lösung des Konflikts. Die internationale Gemeinschaft dürfe nicht tatenlos zusehen, erklärte Außenminister Wang Yi bei der Syrien-Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrates nach Angaben seines Ministeriums vom Donnerstag. Sie “sollte sich aber auch nicht willkürlich einmischen”. Seinem syrischen Kollegen Wald al-Moallem habe Wang erklärt, die Weltgemeinschaft müsse die Souveränität Syriens respektieren. Die Volksrepublik hält sich in der Nahost-Politik trotz ihrer Abhängigkeit von Öllieferungen aus der Region weitgehend zurück. Im UN-Sicherheitsrat hat sich China bisher zumeist der Position Russlands angeschlossen. (APA)

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