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Rot und Blau im Burgenland im Eiltempo in Richtung Koalition

Niessl und Tschürtz haben sich angenähert
Niessl und Tschürtz haben sich angenähert
Im Eiltempo sind SPÖ und FPÖ im Burgenland in Richtung Koalitionsregierung unterwegs. Schon am Abend des ersten Tages der Sondierungsgespräche verkündeten Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) und FPÖ-Obmann Johann Tschürtz am Mittwoch ihre Absicht, über eine rot-blaue Koalition zu verhandeln. "Das ist das Ziel", sagte Niessl.


“Wir haben vonseiten der Sozialdemokratie das Wahlergebnis verstanden. Die Menschen haben der Koalition doch deutliche Verluste beschert. Diese Verluste sind sehr ernst zu nehmen”, hatte Niessl Mittwochabend das gemeinsame Pressegespräch eröffnet.

Trotz des Verlusts von sechs Prozentpunkten bei der Landtagswahl am Sonntag sei die SPÖ mit 42 Prozent “mit Abstand die stärkste Partei” im Burgenland. Und die Freiheitlichen hätten “am meisten dazugewonnen”. Dass die stimmenstärkste Partei den Landeshauptmann stelle “und dass jene Partei, die dazugewonnen hat, eben auch in der Koalition vertreten ist”, finde er “auch aus demokratischer Sicht gut”.

Die Devise für Rot-Blau im Burgenland werde sein: “Besser, schneller und effizienter”, kündigte der SPÖ-Landesvorsitzende an. Er sei “sehr optimistisch”, dass diese Gespräche auch ergebnisorientiert enden. “Wir wissen, dass wir völlig neue Wege beschreiten”, räumte Niessl ein. Doch die Gespräche und die “immer wieder von gegenseitigem Respekt” gekennzeichnete Kommunikation in den vergangenen Wochen hätten gezeigt, “dass es auch das entsprechende Vertrauen gibt.”

“Ab sofort” gebe es keine Parallelverhandlungen mehr, stellten beide Parteichefs klar. Man wolle täglich verhandeln, und zwar so lange, bis einen Koalitionsvertrag gebe, legte der Landeshauptmann die Marschroute fest.

“Natürlich muss sich die FPÖ wiederfinden in einem Koalitionsübereinkommen. Und die Sozialdemokratie wird natürlich auch wichtige Punkte unterbringen”, meinte Niessl. Es gebe “gar nicht so wenige Punkte”, wo man “die gleiche Meinung” habe.

FPÖ-Landesparteiobmann Johann Tschürtz warb für eine “neue, zukunftsreiche, attraktive Politik im Burgenland”. In den Verhandlungen dürfe auch die “blaue Handschrift” nicht fehlen. Der FPÖ-Chef trat für “eine neue, gläserne, transparente Politik” im Burgenland ein. Tschürtz erklärte, von FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache gebe es “Rückendeckung”, dieser sei “vollstens damit einverstanden”, dass man mit der SPÖ Verhandlungen führe.

Sowohl bei den Roten als auch bei den Blauen hatten die Gremien nach Aussage der Parteichefs die Aufnahme von Koalitionsgesprächen einstimmig abgesegnet. Der Wille zur Neuauflage der alten Regierungskoalition dürfte enden wollend gewesen sein. Es habe weder von der ÖVP noch von der SPÖ ein Bekenntnis gegeben, dass man Rot-Schwarz tatsächlich wolle. Ihm sei “nicht ganz klar”, ob Landeshauptmannstellvertreter Franz Steindl (ÖVP) “tatsächlich Entscheidungen treffen” könne, sagte Niessl zum Sondierungsgespräch mit der Volkspartei.

Beide Parteien – Sozialdemokraten und Freiheitliche – seien “konsensbereit”, stellte Niessl fest. Die SPÖ habe “überhaupt nicht die Absicht”, die FPÖ “über den Tisch zu ziehen und ihnen keine Luft zu lassen und zu sagen: Das machen alles wir. Sondern, da muss es eine faire Partnerschaft geben.”

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) habe am Montag ganz klar gesagt, “dass die SPÖ entscheiden kann”, sah Niessl keinen Dissens mit der Bundes-SPÖ. Deshalb habe er auch Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos informiert, “dass wir mit der FPÖ in intensive Verhandlungen eintreten mit dem Ziel, eine Koalition zu bilden.”

Die ÖVP Burgenland reagierte heftig auf die sich anbahnende rot-blaue Partnerschaft: “Die SPÖ opfert ihre sozialdemokratischen Grundwerte offensichtlich auf dem Altar der Machterhalts. Ab jetzt entscheidet H. C. Strache über die Zukunft des Burgenlandes”, erklärte Steindl in einer Aussendung.

Die “Offensive gegen Rechts” zeigte sich “schockiert”: “Dass die SPÖ eine rassistische Partei in die Landesregierung hieven will, ist entschieden abzulehnen”, so Sprecherin Käthe Lichtner. Entsetzt zeigten sich auch mehrere rote Jugendorganisationen. “In Zeiten der Krise braucht Österreich soziale Strategien und Lösungen. Es kann nicht sein, dass die Sozialdemokratie als Steigbügelhalterin für rechtes Gedankengut herhält und damit Ausgrenzung und Diskriminierung salonfähig macht”, kritisieren die Vorsitzenden der roten Jugendorganisationen. Sie forderten “ein klares antifaschistisches Bekenntnis seitens der SPÖ”.

Kritik auf Bundesebene kam auch von den Grünen und der ÖVP. “Wenn es um den eigenen Machterhalt geht, dann wirft die SPÖ ganz offenkundig auch ihre eigenen Parteitagsbeschlüsse über Bord”, verwies ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel auf den roten Parteitagsbeschluss ‘keine Koalition mit der FPÖ’ einzugehen . Grünen-Chefin Eva Glawischnig warf der SPÖ vor, einen Tabubruch zu begehen und die FPÖ salonfähig zu machen.

Die Bundes-SPÖ reagierte auf die rot-blauen Koalitionsgespräche im Burgenland nur sehr knapp und zurückhaltend. “Die Landesparteien entscheiden in der SPÖ autonom, mit welchen Parteien sie Regierungsverhandlungen führen. Für die Bundesebene gilt ganz klar: Keine Koalition mit der FPÖ”, ließ Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos auf APA-Anfrage wissen.

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