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Roger Cicero - Popmusik im Jazzgewand

Roger Ciceros neues Album "Beziehungsweise" ist da. Wir haben den Wahl-Hamburger getroffen und uns mit ihm über Swingmusik, kleine Big Bands und deutsche Texte unterhalten. Fotos:

Roger Cicero hat vor eineinhalb Jahren mit seinem Debut “Männersachen” im deutschsprachigen Raum die etwas in die Jahre gekommene Swing-Musik wieder gehörig aufpoliert. Mit deutschen, ironischen Texten und einer Bigband im Gepäck stürmte der charismatische Musiker aus Berlin die Charts und die großen Konzerthallen. Im Frühjahr dieses Jahres trat Roger Cicero beim Eurovisions Song Contest für Deutschland an. Am 12. Oktober 2007 erscheint nun sein zweites Album “Beziehungsweise”.

Du kommst ja aus einer Künstlerfamilie. War es für dich schon immer klar, dass du Musik machen wirst oder gab es andere Optionen?

Meine Eltern wollten schon viel früher so eine Art Wunderkind heranzüchten und haben mich mit vier in den Klavierunterricht gesteckt – das fand ich grauenvoll und habe bis ich fünf war permanent rebelliert, bis meine Mutter mich aus dem Unterricht raus nahm. Als ich dann zehn war, habe ich zum Gitarre spielen angefangen. Und da war meine Leidenschaft wieder geweckt, weil ich bin dann sehr schnell zum Singen gekommen und habe schon schnell zwei, drei Stücke gelernt, die ich dann singen und auf der Gitarre spielen konnte. Das fand ich super. Ab da war es dann mein Lieblingshobby – das, was ich am liebsten gemacht habe. Ich habe nie wirklich einen anderen Plan gehabt. Ich hatte nie den Wunsch, Lokführer oder Astronaut zu werden, ich war eigentlich immer ganz ahnungslos, ehrlich gesagt. Es gab in der Schule einmal eine Aufgabe – das war glaube ich in der 4. Klasse, da war ich zehn – wo wir aufschreiben mussten, was wir werden wollen, unseren Berufswunsch, und den Grund. Ich war komplett ratlos, ich hatte keine Ahnung, und habe dann eins zu eins von meinem besten Kumpel abgeschrieben, und das ist natürlich aufgeflogen, weil ich den selben Berufswunsch wie er hatte und auch aus den selben Gründen! (lacht) Da gab’s Ärger. Aber es hat sich nicht gebessert, ich wusste es einfach nicht. Musik und Singen war immer das, was mir am meisten Spaß gemacht hat, und irgendwann so ab meinem 16. Lebensjahr war es dann eine fixe Idee, das auch irgendwie beruflich zu machen.

Warum, glaubst du, ist deine Musik so erfolgreich?

Das ist sehr schwierig zu sagen. Ich tippe, dass wir durch die Mischung, die wir anbieten, sehr verschiedene Leute auf verschiedene Art und Weise begeistern können. Also Leute, die vielleicht mit Swingmusik oder Bigband überhaupt nichts am Hut haben, die aber die Texte toll finden, und sie sich dann beim Hören denken, “ah, die Musik ist eigentlich auch nicht schlecht”. Und Leute, die ohnehin schon Bigband-Fans waren und das schon toll fanden, die finden es jetzt vielleicht besonders interessant, dass die Songs auf Deutsch sind. Manche finden vielleicht nur eine Zeile lustig und werden dann aufmerksam. Ich denke, wir haben ein paar ganz gute Elemente dabei, und können dadurch ganz verschiedene Menschen ansprechen.

Das hat dann wohl auch damit zu tun, dass die Leute deine Texte verstehen, was im Falle von englischen Songs ja oft nicht so ist…

Ja, das stimmt. Man ist, glaube ich, wenn man kein Native Speaker ist, auch schmerzfreier. Wenn da ein tolles Lied ist, und der singt die ganze Zeit nur “oh shubi doo, i love you too”, ist das einem erstmal egal – ich nehme mich da nicht aus. Aber wenn ich etwas auf Deutsch höre, dann höre ich sofort auf den Text, und dann im zweiten Anlauf erst, wie die Mucke ist.

Warum Swing?

Ich bin schon sehr früh mit dieser Musik in Kontakt geraten. Dadurch, dass mein Vater Pianist war und auch Jazz gespielt hat, gab es da keine Berührungsangst. Und das hat mich auch schon in jungen Jahren sehr begeistert. Wenn ich etwas höre, das swingt, dann fangen automatisch meine Füße an zu wackeln und mein Körper sich zu bewegen, mein Kopf fängt an zu nicken, das hat dann so eine gewisse Macht über mich. Ich kann mich dem gar nicht entziehen.

Also war die Wahl des Musikstils ganz klar…

Auf jeden Fall. Neben vielen anderen, also ich liebe auch Soul, aber auch guten Pop. Das interessanteste an diesem Projekt ist, dass wir eigentlich Popmusik spielen – im Jazzgewand. Und Swing ist ja eigentlich auch Jazz, nur dass Swing eben tanzbar ist. Es gibt ja auch eine riesige Swing-Bewegung, wo die Leute wirklich tanzen. Auch jetzt in Hamburg zum Beispiel gibt’s eine große Szene, die sehen alle eher ein bisschen aus wie Rockabillies, haben dicke Tattoos. Und da wird dann richtig getanzt zu den alten Standards und das ist echt toll und sehr mitreißend. Ich kann mich jetzt gerade mit dieser Mischung auf ganz vielen Gebieten von Musik, die ich liebe, total ausleben – ein paar soulige Elemente einfließen lassen, auch mal einen guten Popsong singen, ganz schnörkellos, aber eben auch bisschen jazzigere Herangehensweisen zulassen.

Deine Band ist ja die abgespeckte Version einer richtigen Big Band…

Das stimmt, es ist eine so genannte Small Big Band. Es hat klangliche Gründe, dass wir uns dafür entschieden haben. Die Musik ist nicht ganz so schwerfällig und man hat aber trotzdem Power, wenn man sie braucht. Anstelle von dreizehn Bläsern sind es acht, und das ist laut genug. Wenn du dann auch noch gute Spieler hast, dann reicht das völlig aus.

Beim neuen Album warst du ja beim Komponieren der Musik etwas mehr involviert als bei deinem Debut, bei den Texten hast du auch das letzte Wort. Die Songs stammen aber trotzdem nicht aus deiner Feder. Möchtest du das ändern oder beibehalten?

Texten ist etwas, was mich nicht so wahnsinnig interessiert. Nicht im Sinne von “Texte sind mir egal”, ich sehe mich einfach nicht als Textdichter. Ich bin Musiker mit Leib und Seele und Komponieren ist eine Sache, die finde ich super und das würde ich auch gerne mehr machen in Zukunft. Ich kann mir durchaus vorstellen, irgendwann mal auch zu produzieren. Aber Texte dichten, damit hab ich mich nie wirklich beschäftigt. Und ich habe da sehr großen Respekt, das ist echt ein Job. Außerdem habe ich unglaublich hohe Ansprüche an Texter, deswegen liegt auch nicht mein Hauptaugenmerk darauf, dass ich Texter werde und dann auch zufrieden damit bin. (lacht)

Wo siehst du dich in der Zukunft?

Wenn das alles so weitergeht wie im Moment – das wäre großartig! Alles weitere wird sich zeigen.
(Interview: Jasmin Al-Kattib)

Biografie, Hörproben, News etc. gibt’s auf www.roger-cicero.de

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