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Ravidass-Prozess: Viele Fragezeichen

Der vierte Prozesstag wird mit Spannung erwartet.
Der vierte Prozesstag wird mit Spannung erwartet. ©APA
15. Bezirk, 1150 Wien Rudolfsheim-Fünfhaus - Drei Verhandlungstage sind im Prozess wegen der Schießerei in einem Tempel der Ravidass- Gemeinschaft bereits absolviert, der vierte folgt am Montag. Bisher glänzten die Angeklagten aber nur mit Erinnerungslücken und Unschuldsbekundungen.
Prozessauftakt nach Schießerei
"Kann mich an nichts erinnern"
Vorbericht: Schüsse in Sikh-Tempel
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Drei Verhandlungstage sind im Ravidass-Prozess am Wiener Straflandesgericht bereits absolviert, der vierte folgt am morgigen Montag. Bisher wurden ausschließlich jene sechs Angeklagten befragt, die im Verdacht stehen, am 24. Mai 2009 in einem Tempel der Ravidass-Glaubensgemeinschaft in Wien-Rudolfsheim die aus Indien angereisten Gurus Sant Rama Nand und Sant Niranjan Dass getötet bzw. schwer verletzt zu haben. Für Richterin Susanne Lehr und die Geschworenen war der Prozess bis dato ein hartes Stück Arbeit, denn die Befragten offenbarten nicht nur große Erinnerungslücken, sondern beteuerten auch jedwede Beteiligung an dem Attentat.

Erinnerungsverlust “logisch erklärbar”

Der erste Tag “gehörte” dem Hauptangeklagten, einem 35-jährigen Sikh, dem sowohl Mord als auch zweifacher Mordversuch angelastet werden. Doch der Mann gab an, weder den Ravidass-Tempel in der Pelzgasse in Wien-Rudolfsheim zu kennen noch seine fünf Glaubensbrüder neben ihm auf der Anklagebank. Sein Anwalt betonte, er habe durch den Umstand, dass er nach den Schüssen überwältigt und brutal verprügelt worden sei, einen “lebensgefährlichen Eindrückungsschädelbruch” erlitten, weswegen ihm “Knochenstücke aus dem Gehirn entfernt werden mussten”, weshalb der Erinnerungsverlust “logisch erklärbar” sei.

“Geplantes Attentat”

Seitens der Staatsanwaltschaft wird den sechs Angeklagten jedenfalls vorgeworfen, sie hätten in “fanatischer” Absicht ein “geplantes Attentat” auf die beiden Gurus verübt. Hintergrund der Tat sei ein Jahrhunderte alter Konflikt zwischen den Sikhs und der Ravidass-Religionsgemeinschaft. Beide verehren ein “Heiliges Buch” – allerdings erlauben die Ravidass ihrem Guru, auf selber Höhe mit dem Buch zu sitzen – für die Sikhs eine Provokation. Dass es gerade in Wien zu der Schießerei gekommen war, bezeichnete die Staatsanwaltschaft als “Zufall”. Denn die Gurus waren zu dieser Zeit auf “Europatournee” und besuchten zahlreiche Länder, die von der Bedeutung her einem Papstbesuch im Christentum gleichzusetzen sei.

Von Donaustadt nach Rudolfsheim

Die Befragung der Mitangeklagten gestaltete sich keineswegs einfacher. Verwertbare Antworten erhielt die Richterin eigentlich nie. Immer wieder erzählten die Männer von ihrem Sikh-Tempel in Wien-Donaustadt, von wo aus sie mit Autos Richtung Rudolfsheim gestartet waren. Aufgebracht und verärgert seien sie gewesen ob der Gurus, die neben dem Buch zu sitzen gedachten. Deshalb wollte man mit den Gläubigen reden und diskutieren, sie auf den “Fehler” aufmerksam machen.

“Alles Lügen. Alles falsch.”

Was dabei herauskam, schilderten sämtliche angeklagte Sikhs aus der Sicht der Opfer. Sie hätten Schüsse gehört, derentwegen es zu Tumulten kam, im Zuge derer sie von Ravidass-Anhängern brutal geschlagen und schwer verletzt worden wären. Besonders spannend gestaltete sich in diesem Zusammenhang der dritte Verhandlungstag. Denn da stand ein 30-, 32-, 34- oder 35-jähriger Sikh mit ebenso vielen Alias-Namen Rede und Antwort, auf dessen Hand Schmauchspuren und auf dessen Dolch nachgewiesene DNA eines Opfers nachgewiesen werden konnten. Die teils emotionalen Repliken des Angeklagten: “Alles Lügen. Das ist alles falsch.” Auch er leugnete beharrlich, an dem Attentat beteiligt gewesen zu sein.

Keine überraschende Wendung

Dass der vierte Verhandlungstag im Großen Schwurgerichtssaal, der wiederum ausschließlich für die Befragung der Angeklagten reserviert ist, eine überraschende Wendung, verwertbare Antworten oder gar Geständnisse bringen wird, darf somit bezweifelt werden.

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