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Punktlandung

©Darko Todorovic
Das Grundstück in Göfis fällt sehr steil nach Süden ab und grenzt an einen Wald. Die Architekten Mitiska-Wäger reagierten darauf ganz besonders: Sie ließen einen langen Schenkel des Hauses mit dem Hang ansteigen, oben wickelt sich das familiäre Wohnen auf einer Ebene mit Terrassen an der besten Aussicht von der Morgen- zur Abendsonne. Außerdem besticht der schwarze Baukörper mit zurückhaltender Eleganz.
Punktlandung

Baugrund in Göfis ist rar und teuer: Die Gemeinde ist Luftkurort und wegen der Lage als Sonnenplateau als Wohnort sehr beliebt. Hier lebt man in dörflicher Atmosphäre, mit Natur und Aussicht auf die Berge und ist doch rasch in Feldkirch und Rankweil. Der Großvater des Bauherrn war Bauer, sein Vater betrieb die Landwirtschaft im Nebenerwerb, der Bauherr selbst ist handwerklich sehr geschickt, renoviert mit Hingabe seine alten Traktoren und träumte vom eigenen Haus für seine Familie. Seine Eltern hatten mehrere Grundstücke, die dafür infrage kamen. Er entschied sich für eine Parzelle am äußersten Rand der Ortschaft. Sie liegt auf einem steilen Hang, im Südwesten verläuft die Zufahrtsstraße am unteren Ende des Grundstücks, das im Nordwesten und Südosten vom Wald umgeben ist. Vom Waldsaum waren 20 Meter Abstand einzuhalten, der Höhenunterschied zwischen Zufahrtsstraße und oberer Baulinie beträgt mehr als fünf Meter.

Eigentlich hatte der Bauherr an ein Fertigteilhaus gedacht. Der steile Grund aber widersetzte sich einer Instant-Lösung, sein Chef empfahl ihm, die Architekten Mitiska-Wäger zu konsultieren. Sie hatten ihm schon zur vollsten Zufriedenheit seine Villa geplant. Die Architekten waren fasziniert vom Hang. „Das Thema war: wie können wir das Haus so in den Hang betten, dass es budgetverträglich ist?“, erinnert sich Markus Mitiska. Wichtig war ihnen auch, dass man rundherum der Aussicht nachgehen kann. Sie tüftelten lang an einer Lösung. Schließlich zeichneten sie einen Entwurf, der die Hanglage überzeugend logisch bewältigt und auch formal und funktional punktet. „Er hat den Bauherren formal und inhaltlich auf Anhieb gefallen.“

Ein Zufahrtsweg führt von der Straße zum gedeckten Vorplatz der Garage, die sich am unteren nordwestlichen Rand des Baugrunds in den Hang gräbt und wunderbar als Werkstatt eignet. Dahinter liegen Lager und Technik. Rechts neben der Garage ist hinter dem Eingang die Garderobe: von hier führt eine einläufige Treppe aus geölter Eiche zwischen zwei weißen Wandscheiben auf die Wohnebene. Diese wickelt sich wie ein Bungalow auf einem Niveau – gute eineinhalb Geschoße über dem Zugang – u-förmig um die gedeckte Terrasse in der Mitte. Sie schafft einen geschützten Freiraum und verbindet die Flügel zum Schlafen und Wohnen auch optisch miteinander. Das leicht ansteigende Satteldach und die schräge Untersicht, mit der die Terrassen sich an Nurglasfronten scheinbar aus dem Hang schälen, lassen an eine geöffnete Muschel in einem Riff denken. Das Haus – Dach, Wände, der schräge Treppenraum zwischen Garage und Wohnen – ist mit schwarz beschichtetem Stahlblech verkleidet: Das wirkt sehr edel. Monolithisch und einprägsam. Außerdem ist es wartungsarm und kostengünstig, weil das Wasser einfach am Dach abrinnt und im Gelände abtropft. Der dunkle Baukörper harmoniert mit dem Hang, die schwarze Dachdraufsicht wirkt auch in den Augen passierender Spaziergänger schön.

„Ein gewisses Maß an Expression war uns schon wichtig“, sagt Jenny, die Baufrau. „Ich habe oft gehört, dass das Haus so gut in der Landschaft liegt.“ Es wurde genauso gebaut, wie es geplant war: Garage und erdberührende Bauteile sind aus Beton, der Rest ist ein Leichtbau. Viel machte der Bauherr selbst. „Er hat betoniert, den Aushub mit dem Traktor gefahren, am Wochenende die Schalung geputzt“, so Mitiska. Das wirkte sich aufs Budget positiv aus. „Die Bauzeit war wirklich schön. Wir haben bei fast jedem Gewerk mitgearbeitet“, so Baufrau Jenny. „Es sind echte Freundschaften entstanden.“ Im nordwestlichen Flügel – an Abendsonne und Waldsaum – sind an einem schönen, breiten Gang das Elternschlafzimmer mit Schrankraum, das Bad und zwei Kinderzimmer aufgefädelt. Lehmputz an den Wänden bringt eine angenehme Atmosphäre, der Gang ist viel mehr als ein Schlafflur: Er dehnt sich zu einem großen Zimmer mit Waldblick aus, das sich zum Spielen oder für Gäste eignet. Außerdem hat man die Treppe und damit alle Ankömmlinge im Blick. Am terrassenbegleitenden Verbindungsstück liegen Hauswirtschaftsräume, Klo und Speis: praktisch auf einer Ebene, an der Morgensonne, freundlich und hell. „Es ist so im Bewusstsein verankert, dass eine Waschküche im Keller sein muss, aber ich bin sehr froh, dass wir sie hier haben“, sagt die Baufrau. Ihre zweieinhalb jährige Tochter flitzt höchst erkundungsfreudig die Gänge entlang. Dank des offenen Grundrisses und der Verglasung um die zentrale Terrasse hat ihre Mama sie stets im Blick.

Der südöstliche Flügel zum Kochen, Wohnen und Essen legt sich gelassen auf das natürliche Plateau im Gelände. Er ist vollverglast und von einer umlaufenden Terrasse umgeben, die im Südosten mit einem schmalen Streifen am Hang aufsetzt, im Südwesten merkbar an Tiefe gewinnt und sich dann bis zur Terrasse in der Mitte weiter zieht: Ein Esstisch geht sich locker aus. Zusätzliche Qualität bringt das Satteldach, das am Waldsaum bei 2,15 Meter Höhe beginnt und bis zum First auf 3,65 Meter ansteigt. Es macht die Wohnküche sehr großzügig. Der auskragenden Terrasse gibt das vorstehende Dach Geborgenheit: Es schützt vor der Südsonne, Neugier und macht die Terrasse als Verlängerung des Innenraums erlebbar. Wo immer man sitzt – drinnen oder draußen – feiert die schwebende Wohnküche den Panorama-blick über das Rheintal, die drei Schwestern und die Gurtisspitze bis nach Liechtenstein. Und waldseitig? „Da kommen Rehe und Hasen bis zum Haus und genieren sich gar nicht. Und Eichhörndle sowieso“, sagt die Baufrau. „Das hat man im Dorf nicht.“

Daten & Fakten

Objekt Haus Schmid/Lindner, Einfamilienwohnhaus, Göfis
Eigentümer/Bauherr Jenny Lindner und Arthur Schmid
Architektur Mitiska . Wäger Architekten ZT Bludenz/Wien, www.mitiska-waeger.com
Statik Albrecht und Heeb, Nenzing www.heeb-ag.li
Fachplaner Bauphysik: BDT-Wille, Frastanz; Vermessung: Markowski-Straka, Feldkirch
Planung 9/2014–6/2015
Ausführung 8/2015–5/2016
Grundstücksgröße 2694 m²
Wohnnutzfläche 166 m²
Keller 59 m²
Bauweise: Untergeschoß: Massivbau Stahlbeton, Erdgeschoß in Mischbauweise; Dachkonstruktion in vorgefertigter Holzbauweise; Fassadenverkleidung und Dacheindeckung mit hinterlüftetem einbrennlackiertem Trapezblech; Heizung: Luftwärmepumpe mit Fußbodenheizung: Innenwände: Lehmputz
Besonderheiten: Ausführung mit großem Anteil Eigenarbeit
Ausführung: Bauweise: Baumeister: Baudruck-Mirko
Mayer, Satteins; Erdarbeiten: Erdbau Didi Vonbrül, Düns; Zimmerer: i+R Holzbau, Lauterach; Spengler: Ganath, Feldkirch; Fensterbau: Seeberger, Feldkirch; Heizung/Lüftung: HKS-Installationen, Nenzing; Elektro: Obwegeser , Hohenems; Holzverkleidungen: Wilfried Allgäuer, Mäder; Innenausbau: Leu, Wald am Arlberg; Sonnenschutz: Stampfl, Göfis
Energiekennwert 35,6 kWh/m² im Jahr
Baukosten ca. 520.000 Euro

Leben & Wohnen – Immobilienbeilage der VN

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
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Mit freundlicher Unterstützung durch Arch+Ing

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