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Psychisch Kranker attackierte Polizisten in Spital in Penzing: Bedingte Einweisung

Der junge Mann war im OWS Einfluss seiner Erkrankung im Otto-Wagner-Spital (OWS) auf Polizisten losgegangen
Der junge Mann war im OWS Einfluss seiner Erkrankung im Otto-Wagner-Spital (OWS) auf Polizisten losgegangen ©APA
Eine Verhandlung im Wiener Straflandesgericht hat am Freitag deutlich gemacht, dass sich die Justiz mit psychisch kranken und daher zurechnungsunfähigen Tätern manches Mal schwertut. Ein Schöffensenat musste sich mit einem 21-jährigen Mann auseinandersetzen, der im vergangenen Herbst unter dem Einfluss seiner Erkrankung im Otto-Wagner-Spital (OWS) auf Polizisten losgegangen war.

Der Betroffene leidet seit seinem 14. Lebensjahr unter Schizophrenie. Mit 16 wurde er erstmals stationär aufgenommen, nachdem er gegen seinen Vater handgreiflich geworden war. Nach neuerlichen familiären Gewalttätigkeiten sollte er im Vorjahr im OWS stationär aufgenommen werden, zeigte sich dabei aber nicht kooperativ. Die Polizei wurde zu Hilfe gerufen. Als zwei junge Beamte am 19. Oktober 2015 den 21-Jährigen dazu bringen wollten, auf sein Zimmer zu gehen, versetzte er dem einen Schläge gegen den Kopf und versuchte zu flüchten.

“Hohe Gefährlichkeit” bei Prozess bescheinigt

Nach Eingang der Anzeige und der schriftlichen Feststellung des ihn behandelnden Arztes, der dem Patienten eine “hohe Gefährlichkeit” bescheinigte, leitete die Staatsanwaltschaft Wien ein Ermittlungsverfahren ein. Dabei blieb allerdings unbemerkt, dass der Mann bereits im Jänner 2013 vom Wiener Straflandesgericht wegen eines vorangegangenen gewalttätigen Zwischenfalls in eine Anstalt eingewiesen worden war. Diese Maßnahme hatte ihm der damalige Richter unter bestimmten Auflagen bedingt nachgesehen – der junge Mann sollte in eine betreute WG übersiedeln und nach Möglichkeit eine Beschäftigung finden, um seinen Tagesablauf besser zu strukturieren.

Der Betroffene suchte in weiterer Folge zwar ein Mal monatlich eine psychiatrische Betreuungseinrichtung auf und nahm die angeordnete Bewährungshilfe in Anspruch. Er blieb aber weiter zu Hause wohnen und ging jahrelang keiner Beschäftigung nach, ohne dass die Justiz davon Kenntnis erlangte, dass die entsprechenden Weisungen nicht umgesetzt wurden. Die Jugendgerichtshilfe, die dem jungen Mann einen WG-Platz vermitteln hätte sollen, kam – aus welchen Gründen auch immer – dieser Aufgabe nicht nach.

21-Jähriger war vor Spitals-Vorfall unbescholten

In der Strafregisterauskunft, die jene Richterin einholte, die nun den Vorfall vom vergangenen Herbst verhandeln musste, schien der 21-Jährige überdies als bisher unbescholten auf. Dass noch die Probezeit aus der bedingt ausgesprochenen Einweisung aus dem Jahr 2013 offen war, ging daraus nicht hervor. Offenbar war von Behördenseite auf den entsprechenden Vermerk einfach vergessen worden.

Dass der 21-Jährige zu Hause keineswegs optimal aufgehoben gewesen sein dürfte, gab seine Mutter zu verstehen, die dazu heute als Zeugin vernommen wurde. “Wenn er am Abend Fußball schauen will, nimmt er seine Medikamente nicht”, berichtete diese. Mit seinem Vater habe ihr Sohn lange Zeit kein Wort gewechselt. Die mangelnde Beschäftigung ihres Sohnes sei “ein Problem”.

Attacke auf Polizisten: “Keine andere Handhabe als zuzuschlagen”

Der Betroffene selbst erzählte dem Gericht, er habe “keine Lust, jeden Tag aufzustehen”. Zu der Auseinandersetzung mit den Polizisten sei es gekommen, “weil mich irgendetwas genervt hat. Da habe ich zugeschlagen. Aber nicht richtig”. Die Therapeutin, die den 21-Jährigen ein Mal im Monat sieht, erläuterte dem Schöffensenat: “Wenn er hektisch wird, hat er keine andere Handhabe als zuzuschlagen.”

Der gerichtlich bestellte psychiatrische Sachverständige Karl Dantendorfer beschrieb den 21-Jährigen als “prinzipiell gefährlich, wenn er nicht stabil ist”. “Heute und hier” sei nichts zu befürchten, da der Betroffene im Moment “gut eingestellt” sei. Wenn der junge Mann aber seine Medikamente nicht einnehme, “wird er innerhalb kurzer Zeit sehr gefährlich. Das kann binnen drei Tagen sein.”

Einweisung für 21-Jährigen nach Prozess in Wien

Auf Basis dieser Ausführungen wurde der 21-Jährige am Ende in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Die Unterbringung wurde – da derzeit kein akute Notwendigkeit für eine zwangsweise Behandlung in einer geschlossenen Anstalt besteht – in Verbindung mit mehreren Weisungen wieder bedingt nachgesehen. Der Mann muss umgehend in eine betreute WG übersiedeln, wo eine durchgehende medikamentöse und therapeutische Behandlung gewährleistet ist. Er muss auch sofort eine Beschäftigungstherapie aufnehmen und den Kontakt zu seiner Bewährungshelferin fortsetzen. “Der Hut brennt”, stellte die vorsitzende Richterin Alexandra Skrdla fest. Sollten die – an sich längst beschlossenen – Weisungen nicht ehebaldigst umgesetzt werden, “geht’s ab in die Anstalt. Das ist Ihre letzte Chance”.

(apa/red)

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