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Prozess um Terrorismusvorwürfe gegen einen Russen in St. Pölten

Der Prozess gegen den Mann wurde vertagt - auf unbestimmte Zeit.
Der Prozess gegen den Mann wurde vertagt - auf unbestimmte Zeit. ©APA
Ein Tschetschene mit russischer Staatsbürgerschaft musste sich am Mittwoch in St. Pölten vor Gericht verantworten. Der Vorwurf: Terroristische Vereinigung und kriminelle Organisation. Eine Auslieferung des Mannes wurde abgelehnt, es kam daher zum Prozess in Österreich.

Dem russischen Staatsbürger muslimischen Glaubens sunnitischer Ausrichtung werden die Planung eines bewaffneten Angriffs und Propaganda für das “Emirat Kaukasus” vorgeworfen.

Auslieferung an Russland wurde abgelehnt

Der 34-Jährige hatte Ende 2005 seine Heimat verlassen und kam 2009 nach Österreich, wo ihm nach entsprechender Antragstellung mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 23. März 2012 Asylstatus und Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurden. Ein Auslieferungsbegehren der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation wegen Teilnahme an einer bewaffneten Formation wurde vom Oberlandesgericht Wien abgelehnt, teilte das Landesgericht im Vorfeld der Verhandlung mit. So kommt es zum Prozess in Österreich.

Der Beschuldigte soll 2005 in einem Berglager bei Urus-Martan 20 bis 150 bewaffnete Kämpfer getroffen und mit Medikamenten- und Essenslieferungen unterstützt haben. Bei dieser Versammlung sei unter anderem ein Angriff auf ein nahegelegenes Dorf vorbereitet worden, der dann am 14. August 2015 stattfand. Der Verteidiger des Angeklagten verwies dazu auf das Tatsachengeständnis seines Mandanten. Die Zusammenkunft damals sei Teil des seit 1995 dauernden Widerstands (gegen die Staatsmacht; Anm.) gewesen. Kurz danach habe der Mann das Land verlassen, während der Angriff erst viel später erfolgte.

Propagandavideo vom “Emirat Kaukasus”

Weiters soll der Mann laut Anklage auf seinem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil im Vorjahr ein Propagandavideo der terroristischen Vereinigung “Emirat Kaukasus” gepostet haben. Bei einer Hausdurchsuchung in seiner Wohnung wurden mehrere Flaggen der islamistischen Organisation gefunden.

Wegen der Verhandlung gab es im Landesgericht am Mittwoch erhöhte Sicherheitsvorkehrungen. Im ganzen Haus galt Fotografier- und Filmverbot, der Zutritt zum Schwurgerichtssaal war nur über den Innenhof möglich.

Die Extremistengruppe Kaukasus-Emirat wurde 2007 gegründet. Im Vorjahr schwor sie der Jihadistengruppe “Islamischer Staat” (IS) die Treue. Das “Emirat Kaukasus” bekannte sich zu einer Reihe tödlicher Angriffe, darunter das Attentat auf die Moskauer U-Bahn im Jahr 2010 sowie der Anschlag auf einen Flughafen in Moskau 2011, bei dem 37 Menschen getötet wurden.

Prozess um Terrorismusvorwurf in St. Pölten vertagt

Der Prozess ist auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Dem Richter zufolge ergaben sich Unklarheiten hinsichtlich des vermeintlichen Propagandavideos für das “Emirat Kaukasus”. Die Behördenanalyse soll nun noch einmal geprüft werden. Es ging beim Beweismaterial u.a. auch um ein Foto, das einen bewaffneten Mann zeigt. Für das Gericht war aber nicht eindeutig erkennbar, dass es sich dabei um den Angeklagten handelt.

Der Tschetschene hatte sich via Dolmetscher zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht schuldig bekannt. Er räumte ein, 2005 in jenem Berglager bei Urus-Martan gewesen zu sein, um den Widerstandskämpfern Medizin und Nahrung zu bringen. Mit Terrororganisationen habe er nichts zu tun, es sei ihm immer nur um seine Heimat gegangen, beteuerte der Vater von zehn Kindern, zwei davon in Österreich.

(APA)

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