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Prozess in Wien: Airline-Mitarbeiter attackierte Demonstranten mit Pfefferspray

Mit einem Pfefferspray ging ein Airline-Chef auf Demonstranten los
Mit einem Pfefferspray ging ein Airline-Chef auf Demonstranten los ©APA (Sujet)
Weil der Direktor der Fluggesellschaft "Turkish Airlines" angesichts von Kundgebungsteilnehmern, die sein Büro in Wien besetzten, die Nerven verlor und mit Selbstjustiz gegen die Demonstranten vorging, musste er sich am Dienstag vor Gericht verantworten. Der Mann hatte Pfefferspray gegen die Gruppe eingesetzt.

Der Vorfall geschah Ende Juli 2012, als Sympathisanten der türkisch-kurdischen Arbeiterpartei PKK im Wiener Büro der Turkish Airlines eine Kundgebung veranstalteten. Daraufhin hat der Direktor der Fluggesellschaft die Nerven verloren – und griff zum Pfefferspray.

Mit Pfefferspray auf Aktivisten und Polizisten

Es habe ihm zu lang gedauert, bis die Polizei mit der Räumung des Geschäfts beginnen wollte, sagte er am Dienstag vor Richterin Andrea Wolfrum im Wiener Landesgericht, als er sich wegen Körperverletzung verantworten musste. Mit einem Pfefferspray ging er daher ins Büro und sprühte die Aktivisten ein. Neben diesen wurden auch zehn bis 15 Polizisten in Mitleidenschaft gezogen, die sich ebenfalls in der Filiale befanden.

Der 36-jährige Luftfahrtmanager gab sich zerknirscht: “Zunächst muss ich sagen, dass ich sehr traurig bin und es mir leidtut, dass die Polizisten verletzt worden sind”, sagte er. Die Frage, ob sich seine Reue auch auf die Verletzungen der PKK-Anhänger erstrecke, umschiffte er elegant. Er habe in seinem Leben nie eine Waffe oder einen Pfefferspray in die Hand genommen. Das Corpus Delicti habe er nur für seine schwangere Frau besorgt.

Airline-Direktor wollte nicht warten

Er sei angerufen worden, dass im Büro demonstriert werde, und fuhr zum Ort des Geschehens. “Ich bin angekommen, habe Polizisten und Plakate des inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan gesehen”, schilderte der Angeklagte. Er habe mit dem demo- und fußballerfahrenen Polizei-Einsatzleiter Kontakt aufgenommen.

Weil keine Gefahr im Verzug war und die Manifestanten den friedlichen Charakter der Kundgebung zugesichert hatten, wartete der hochrangige Polizeioffizier auf einen Juristen des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT), um die Versammlung aufzulösen. Das dürfte dem Angeklagten zu lange gedauert haben, der zusätzlich Kommunikationsprobleme mit dem Einsatzleiter geltend machte. Mit dem Pfefferspray bewaffnet ging er in das Geschäft, indem die sieben oder acht Aktivisten auf dem Boden saßen und Parolen schrien, während zehn bis 15 Polizisten sie bewachten.

Die Auswirkungen der Attacke

Der 36-Jährige ging auf die PKK-Anhänger zu und sprühte ihnen den Pfefferspray ins Gesicht. Nach mehreren übereinstimmenden Zeugenaussagen dürfte es sich um ein besonders stark wirkendes Produkt gehandelt haben. Aktivisten und Polizisten klagten in der Verhandlung unisono über Brechreiz, starken Husten, Atemnot und brennende Augen. Der Beschuldigte zeigte sich ohne Umstände bereit, alle durch ein amtsärztliches Gutachten untermauerten Schadenersatzansprüche mit 100 Euro abzugelten.

Kritik an Selbstjustiz

Wolfrum entschied sich schließlich nicht zuletzt aufgrund der Reue des 36-Jährigen für das Rechtsmittel der Diversion. Gegen eine Zahlung von 5.000 Euro – was für den Angeklagten rund ein Monatsgehalt bedeutete – und die Abgeltung aller anerkannten Ansprüche innerhalb von zwei Wochen wird das Verfahren endgültig eingestellt. “Was mich an dem vorliegenden Fall ein bisschen gestört hat, ist, dass Sie Selbstjustiz geübt haben”, meinte die Richterin abschließend über den Pfefferspray-Einsatz.

(apa/red)

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