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Prognose: 2016 weniger Pfusch in Österreich

Heuer dürfte der Pfusch in Österreich etwas zurückgehen.
Heuer dürfte der Pfusch in Österreich etwas zurückgehen. ©APA (Symbolbild)
Der Anteil der Schattenwirtschaft dürfte in diesem Jahr unter acht Prozent des BIP sinken, hohe Arbeitslosigkeit und die Flüchtlingskrise gelten aber als für die Schwarzarbeit förderlich.

Nach einem Anstieg in den beiden Vorjahren dürfte der Anteil des Pfuschs an der offiziellen Wirtschaftsleistung Österreichs 2016 wieder unter die Marke von acht Prozent sinken. Grund dafür ist laut neuen Berechnungen des Linzer Volkswirtschaftsprofessors Friedrich Schneider die Entlastung durch die Steuerreform. Dafür kurbeln höhere Arbeitslosigkeit und mehr Flüchtlinge die Schattenwirtschaft an.

Insgesamt dürfte das Pfusch-Volumen heuer um gut 700 Millionen Euro auf rund 20,64 Milliarden Euro schrumpfen, 2015 war mit 21,35 Mrd. Euro der höchste Wert seit mehr als einem Jahrzehnt erreicht worden. Rechnerisch um etwa zwei Mrd. Euro gedrückt werden dürfte der Pfusch heuer durch die Steuerreform. Im Gegenzug wird allein der Anstieg der Arbeitslosigkeit um 50.000 Personen die Schattenwirtschaft um rund eine Mrd. Euro ankurbeln.

Schwarzarbeit und Flüchtlinge

Um 240 bis 480 Millionen Euro expandieren dürfte der Pfusch-Sektor in Österreich 2016 durch 50.000 bis 100.000 Flüchtlinge, nimmt Schneider an. Dabei gehe es um die Zeit, bis diese Menschen in den offiziellen Arbeitsmarkt integriert werden können – pro Person kalkuliert der Experte fünf Euro Entlohnung pro Stunde und 80 Arbeitsstunden im Monat.

Volkswirtschaftlich, aber auch aus anderen Gründen, sei selbst Schwarzarbeit durch Flüchtlinge positiv zu sehen, sagte Schneider zur APA: “Diesen Menschen und der Wirtschaft ist damit geholfen. Sie können die Zeit sinnvoll nützen und führen das Geld durch ihre Ausgaben großteils wieder dem Wirtschaftskreislauf zu. Dieser Beitrag zur Wertschöpfung ist besser, als dass sie monatelang herumsitzen oder kriminell werden.”

Bleibt der Handwerkerbonus?

Durch die neue Belegerteilungspflicht und den Start der Registrierkasseneinführung erwartet der Uniprofessor für heuer noch keinen Dämpfer auf die Schattenwirtschaft. 2017 könnte sie dadurch aber doch um 500 bis 700 Millionen Euro reduziert werden, wenn alle Maßnahmen voll wirken: “Man sieht ja jetzt schon Verhaltensänderungen. Man bekommt überall einen Kassenbon ausgehändigt.” Doch die erhofften 900 Mio. Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen werde der Staat auch 2017 nicht lukrieren können, glaubt Schneider, allenfalls 300 bis 400 oder 450 Mio. Euro.

Schwierig ist die Schattenwirtschaft-Prognose 2016 für Schneider nicht nur wegen der Themen Arbeitsmarkt und Flüchtlinge, sondern auch wegen der Frage, ob es auch heuer einen Handwerkerbonus gibt. Wird er auch 2016 wieder gewährt, worauf zuletzt etwa Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner drängte, könnte dies allein rein rechnerisch das Pfuschvolumen um 500 Mio. bis zu eine Mrd. Euro reduzieren; teils hat das der Ökonom in seinen Varianten schon mitberücksichtigt, teils nicht. Die Gesamtsumme von gut 20,6 Mrd. Euro versteht sich zunächst einmal ohne Handwerkerbonus.

Schneider: Politik muss Anreize schaffen

Auch wenn Österreich mit einer Schattenwirtschaft von heuer unter acht Prozent des BIP im internationalen Vergleich zum “bravsten” Drittel der OECD-Staaten gehört, sieht Schneider politischen Handlungsbedarf, um sie weiter zu reduzieren. “Nur wenn es attraktiv ist, sich in der offiziellen Wirtschaft verstärkt zu engagieren, werden schattenwirtschaftliche und inoffizielle Aktivitäten überführt”, lautet seine Argumentation.

Deshalb sollten sich Bund, Länder, Gemeinden und andere staatliche Institutionen mit allen Maßnahmen für eine verstärkte (anreizorientierte) Bekämpfung der Schwarzwirtschaft einsetzen. Neben einer Fortsetzung des Handwerkerbonus wäre dies eine Senkung der Lohnnebenkosten oder eine befristete Mehrwertsteuer-Rückvergütung bei arbeitsintensiven Dienstleistungen. So würde etwa eine Befreiung bei Altbausanierungen zum Beispiel von März 2016 bis März 2017 die Bauindustrie beleben können, so Schneider zur APA. Dieses Instrument solle man aber nur selektiv einsetzen. Auch ein Ausschluss von öffentlichen Aufträgen für 3 bis 5 Jahre für Firmen, die schwarz arbeiten (oder arbeiten “lassen”), wäre ein Instrument, um den Pfusch zu bekämpfen. Die Bundesvergabegesetznovelle mit mehr Kontrolle bis zu den Subunternehmern sieht Schneider in dem Zusammenhang auch positiv.

Historisch gesehen war der Pfusch-Anteil am BIP in Österreich vor einem Jahrzehnt spürbar höher. Von 2000 bis 2005 war der Kuchen jeweils 10 bis 11 Prozent groß – mit einem Spitzenwert im Jahr 2004 -, bis 2008 schrumpfte er stetig bis auf 8,1 Prozent. Dann, im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise, wuchs er 2009 auf 8,5 Prozent, um danach im Zuge des vergleichsweise etwas kräftigeren Wirtschaftswachstums wieder bis auf 7,5 Prozent im Jahr 2013 zu sinken; 2014 und 2015 betrug der Pfusch 7,8 bzw. 8,1 Prozent des BIP.

(APA, Red.)

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