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Porträt Gogi Knezevic: "Für mich gibt es keine Niederlage"

©vienna.at
Der Wiener Gogi Knezevic will Box-Weltmeister werden und damit in die Fußstapfen seines Mentors Edip Sekowitsch treten. Die Chancen stehen nicht schlecht. Der nächste Schritt soll am 26. Juni im Prater gelingen, wenn es für "Lionheart" gegen den Ungarn Zoltan Kalocsai um den WBF-Interkontinentaltitel geht. Knezevic verspricht ein Spektakel: "Manche glauben, dass ich verrückt bin - aber ich boxe jede Runde, als wäre es meine letzte."
Interview Gogi Knezevic
Gogi Knezevic beim Training

Die Szene erinnert ein bisschen an die frühen “Rocky”-Filme: In einer schmucklosen Halle drischt Knezevic mit einem Hammer auf einen Lkw-Reifen ein, absolviert eine Serie von Aufwärtshaken neben dem Ring und bearbeitet einen der vielen Sandsäcke. Im Box-Club im Wiener Happel-Stadion schwitzt der 30-jährige Wiener zweimal täglich unter der Anleitung einer Legende: Josef Kovarik ist der erfahrenste Betreuer in der heimischen Boxszene und hat auch schon Edip Sekowitsch trainiert. 

“Ich bin ein Sturkopf”
Knezevic ist ein sportliches Multitalent. Im zarten Alter von fünf Jahren begann er mit dem Boxsport; kein Wunder, denn der kleine Gogi wuchs unter Boxern auf. Der Vater war Amateurboxer und der beste Freund von Edip Sekowitsch. Als Sekowitsch 1988 Weltmeister wurde, war Gogi gerade zehn Jahre alt und durfte nicht mehr boxen. Wegen Problemen in der Schule hatte ihm der Vater den Kampfsport verboten. Gogi orientierte sich neu, widmete sich dem Basketball. “Der Trainer dort hat zu mir gesagt: Du bist viel zu klein zum Basketballspielen. Aber ich wollte unbedingt. Ich bin ein Sturkopf. Ich habe trainiert, wenn die anderen geschlafen haben. Um Mitternacht bin ich im Park über den Zaun geklettert und habe Würfe geübt”, erzählt Knezevic.

“Ich habe nicht verlieren können”
Das Üben sollte sich bezahlt machen, der ehemalige Boxer erhielt einen Profivertrag bei den Oberwart Gunners – trotz der für Korbjäger-Verhältnisse bescheidenen Körpergröße von 1,79 Metern. Als Point Guard bei den Gunners war “Lionheart” berüchtigt. “Ich habe nicht verlieren können. Wenn die Spiele knapp geworden sind, dann habe ich alles auf mich genommen, die ganze Verantwortung – weil ich unbedingt gewinnen wollte. Mein Trainer hat dann zu mir gesagt: Mach wieder Kampfsport, denn du bist wie ein Pitbull-Terrier.”

Aufbruch nach Serbien
Knezevic schnürte daraufhin wieder die Handschuhe und wurde mit 18 Jahren in seinem erst dritten Kampf österreichischer Amateurmeister im Boxen. Zwei Jahre später nahm sich Ex-Weltmeister Edip Sekowitsch der Profi-Karriere von Knezevic an. Doch es war schwierig, in Wien Sponsoren zu finden. So boxte der Wiener 2005 in Serbien, im Heimatland seiner Eltern. “Ich habe einen Vertrag mit dem Nationalsender erhalten, man sah meine Kämpfe live. Wenn ich heute dort auf der Straße spazieren gehe, gibt es niemanden, der mich nicht kennt. Aber ich habe dann mit Edip gesprochen, denn ich wollte etwas für Wien tun. In Serbien gibt es genug Europa- und Weltmeister. In Wien gibt es keinen.”

Rückkehr nach Wien
Mit dem Internationalen Meistertitel von Serbien im Gepäck kehrte Knezevic wieder nach Wien zurück. Seinen zweiten Titel, die Internationale österreichische Meisterschaft, errang “Lionheart” im Oktober 2008 – nur zwei Monate, nachdem sein Trainer und Mentor Sekowitsch am Wiedner Gürtel erstochen worden war. “Seit Edip tot ist, kämpfe ich alleine”, sagt Knezevic, der seither bei seinen Kämpfen mit einem Bild des “Stiers von Serbien” auftritt.

“Für mich gibt es keine Niederlage”
Knezevic’ Kampfgeist ist ungebrochen. “So schnell, wie du oben bist, bist du auch wieder unten. Es gibt keinen Unschlagbaren, keinen Besten und keinen Schönsten. Da steckt zum Teil Arbeit dahinter und viel Ehrgeiz – aber noch mehr Glück. Was ich der Jugend mitgeben will ist, dass man kämpft. Egal, was passiert. Auch wenn man verliert. Denn wenn man nicht kämpft, dann hat man keine Chance”, umreißt “Lionheart” seine Philosophie. “Für mich gibt es keine Niederlage. Das will ich gar nicht hören. Ich kämpfe mein ganzes Leben. Und ich weiß nicht, was ich ohne Kampf tun würde.”

“Ich nin ein Entertainer”
Seinen Sport begreift der Boxer zu einem kleinen, aber nicht unwesentlichen Teil auch als Show. “Ich sehe mich als Entertainer, und wenn die Leute mich sehen, dann sollen sie ihre Probleme vergessen. Die Leute wollen einen Kämpfer sehen. Wenn ich vorher sage, dass mein Gegner ein netter Kerl ist und ich ihn gern habe – wer soll sich diesen Kampf anschauen wollen? Du musst sagen: Ich werde ihn vernichten.”

“Ich mag es nicht, wenn man mich lobt”
Nach seinen Kämpfen fuhr Knezevic in Sekowitsch’ Lokal, um sich mit dem Coach das Video anzusehen. “Ich wollte seinen Kommentar hören. Ich mag es nicht, man mich lobt. Ich gebe erst richtig Gas, wenn Kritik kommt. Das ist für mich wie ein Motor. Edip hat immer gesagt: Gut, aber es geht noch besser. Ich habe gesagt: Ok, das nächste Mal zeig’ ich’s dir.” Diesmal will es Gogi Knezevic ganz Wien zeigen.

Martin Ucik

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