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Polizist steht wegen angeblichen Misshandlungen vor Gericht

Ein Polizist musste sich wegen Misshandlungsvorwürfen vor Gericht verantworten.
Ein Polizist musste sich wegen Misshandlungsvorwürfen vor Gericht verantworten. ©APA
Am Freitag startete der Prozess um angebliche Misshandlungen im Polizeianhaltezentrum (PAZ) Rossauer Lände. Ein 36-jähriger Polizist musste sich wegen Körperverletzung verantworten, weil er in einer Zelle einen Häftling an den Füßen aus dem oberen Bett eines Stockbetts gezogen haben soll, sodass dieser mit dem Kopf auf den Fußboden krachte.

Zudem soll der Beamte dem Gefangenen einen oder zwei Faustschläge ins Gesicht versetzt haben. Als der 43-Jährige der Amtsärztin vorgeführt wurde, hielt diese in ihrem Bericht zu den Verletzungen in der linken Gesichtshälfte wörtlich fest, der Mann hätte sich “im Zug einer Amtshandlung (Disziplinierungsmaßnahme) am Bettpfosten angestoßen”.

Polizist wegen Misshandlung vor Gericht

Das behauptete auch der Angeklagte. Der Polizist schilderte, er habe am 25. Oktober 2014 in der Zelle, in der mehrere Personen untergebracht waren, Medikamente ausgeteilt. Der 43-Jährige, der ein Präparat bekommen hätte sollen, sei “eingekuschelt zur Wand gelegen, da hab’ ich ihn an der Bettdecke gezupft”. Der Mann sei aufgewacht, “sehr erzürnt” gewesen und habe ihm eine Ohrfeige gegeben. Da habe er reagieren müssen: “Ich bin schon Polizeibeamter. Ich wollte ihn zur Rede stellen.” Er habe den Häftling daher an der Hand ergriffen und vom Bett gezogen: “Da muss er leicht am Pfosten angekommen sein.” Der 43-Jährige sei dann ohne sein Zutun ins untere Bett gefallen, berichtete der Angeklagte weiter: “Er hat das Gleichgewicht verloren. Kann sein, dass er a bissl schlaftrunken war.” Er habe erst im Nachhinein erfahren, dass der 43-Jährige, der am Vortag ins PAZ gekommen war, am Abend ein starkes Schlafmittel erhalten hatte.

Auf Vorhalt von Richterin Gerda Krausam, dass der Gefangene immerhin so stark geblutet habe, dass ein Hausarbeiter später die Blutlache wegwischen musste, meinte der Angeklagte: “Man kann auch durch Anstrengung Nasenbluten bekommen.” Der Häftling habe nämlich vom unteren Bett aus mehrfach nach ihm getreten.

“Ich habe ihm verziehn”

Dem Häftling selbst war es spürbar unangenehm, als Zeuge gegen den Polizisten aussagen zu müssen: “Es ist alles erledigt. Mehr ist nicht zu sagen. Ich habe ihm verziehen.” Auf Belehrung der Richterin, dass er seiner Zeugenpflicht nachkommen und wahrheitsgemäß aussagen müsse, bemerkte der 43-Jährige: “Er ist nicht schuld. Ich bin schuld.” Der Polizist habe ihn mit einem kräftigen Stupser in die Leber geweckt, da habe er intuitiv eine Ausholbewegung mit der Hand gemacht und den Beamten unabsichtlich im Gesicht getroffen: “Er war böse, dass ich ihn getroffen habe. Er ist explodiert. Für mich war dann Armageddon.” Der Polizist habe ihn an den Beinen erfasst und vom oberen Bett “geschmissen”. Zudem habe es “einen oder zwei Faustschläge aufs Auge” gegeben. Als er am Boden lag, habe ihn der Angeklagte schließlich “wie einen Schlauch aus der Zelle gezogen”.

“Ich sage dazu, dass das vom Verletzungsmuster nicht sein kann”, reagierte der Polizist auf diese Angaben. Die fotografisch festgehaltenen Verletzungsspuren würden “ein Vorbeischürfen”, aber kein Einschlagen belegen, so der Beamte. Von den vier Fotos, die im PAZ angefertigt wurden, wurde allerdings nur eines der Justiz übermittelt.

Die Richterin hatte die vier weiteren Häftlinge geladen, die bei dem Vorfall im Haftraum anwesend waren. Einer befindet sich nicht mehr in Österreich, zwei kamen ihrer Ladung unentschuldigt nicht nach, worauf sie mit einer Ordnungsstrafe von je 30 Euro belegt wurden. Der vierte Mann gab zu Protokoll: “In dem Moment, wo der Kollege wach geworden ist, habe ich auf die Seite geschaut. Als ich wieder hingeschaut habe, ist er schon am Boden gelegen.” Mehr könne er dazu nicht sagen, außer dass “jede Menge Blut am Boden war”.

Verhandlung wurde vertagt

Die Verhandlung wurde zur Ladung der nicht erschienenen sowie weiterer Zeugen – darunter auch die Amtsärztin – und zur Beiziehung eines gerichtsmedizinischen Sachverständigen auf unbestimmte Zeit vertagt.

(APA)

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