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PJ Harvey als Höhepunkt beim Harvest of Art in Wien - Marschkapelle inklusive

Marschkapelle und Gesellschaftskritik: PJ Harvey begeisterte in Wien
Marschkapelle und Gesellschaftskritik: PJ Harvey begeisterte in Wien ©AP
Von halben Sachen hält Polly Jean Harvey nichts. Die 46-jährige Britin steht seit gut 25 Jahren für kompromisslose und authentische Musik, die zwar im weitesten Sinne im Popbereich verortet ist, aber gerne über dessen Grenzen hinausragt. Das unterstrich PJ Harvey auch bei der Wien-Ausgabe des Harvest Of Art am Freitag.
Harvest of Art: Tag 2

Mit ihrer neunköpfigen Band war sie der unumstrittene Höhepunkt des Abends. Wo sich andere mit vergleichbaren Diskografien gerne auf ihren Hits ausruhen, auf Nummer sicher gehen und besonders im Festivalzirkus versuchen, ihre Fans – sowie solche, die es noch werden könnten – nicht zu verschrecken, erfuhr man bei PJ Harvey ziemlich deutlich, womit sie sich in jüngster Zeit beschäftigt hat.

Gesellschaftskritik: PJ Harvey begeisterte in Wien

Denn im Fokus des gut eineinhalbstündigen Auftritts stand ganz eindeutig das neueste Werk “The Hope Six Demolition Project”. Wie schon der vor fünf Jahren erschienene Vorgänger “Let England Shake” vormachte, regiert auch diese elf Stücke ein explizit politischer und gesellschaftskritischer Gestus. Und sofern sich das nicht ohnehin durch die düster-melancholischen Texte über Krieg, Verwahrlosung oder Alkoholabhängigkeit transportieren ließ, bot die Live-Umsetzung von Harvey und Co trotz einer Reduktion auf das Wesentliche die passende Weiterführung dieser Inhalte und ihres Anliegens.

In einer Reihe aufgefädelt betraten die Musiker wie eine Marschkapelle die minimalistische Bühne, die von einer Armada an Instrumenten beherrscht wurde. Mit “Chain Of Keys” war man dann schon mittendrin in Harvey Gedankenwelt, die sie im Entstehungsprozess des Albums von Afghanistan über den Kosovo bis nach Washington DC geführt hat. Mit reichlich Bläsereinsätzen und viel Perkussion wurde von der ersten Sekunde an Druck gemacht, türmten sich rhythmische Spielereien über das Grundgerüst aus Blues und Rock und war man sich nie ganz sicher, in welche Richtung es als nächstes gehen könnte.

Auch ältere Hits von PJ Harvey in Wien zu hören

Das großartige “The Community Of Hope” war Anlass zum gemeinsamen Singen, bei “A Line In The Sand” durfte man sogar wagen, das Tanzbein zu schwingen, und natürlich wurden Auszüge aus “Let England Shake” wie der Titelsong oder das bestechende “The Words That Maketh Murder” frenetisch gefeiert. Harvey wirkte dabei so, wie man sie kennt – eine Spur distanziert, aber vollkommen fokussiert auf ihre Aufgabe und ihre Kunst. Und die Band, bestehend aus Kollegen wie Langzeitpartner John Parish, Gitarrist Alain Johannes oder dem formidablen Drummer Kenrick Rowe, funktionierte wie ein Uhrwerk.

Wer auf älteres Liedgut hoffte, wurde zum Ende hin für das geduldige Warten belohnt: “Down By The Water” oder “To Bring You My Love” versöhnten vielleicht einige Fans der ersten Stunde für das konsequente Festhalten an der Jetztzeit. Aber letztlich gab es natürlich nichts, worüber man sich beschweren hätte können: Harvey ist nach wie vor auf einem lang anhaltenden Höhepunkt ihrer Karriere und lässt es sich sichtlich nicht nehmen, Schwerpunkte zu setzen. In der Marx Halle musste zwar keiner der knapp 6.000 Besucher überzeugt werden, aber Songs wie “The Wheel” vermittelten nicht nur eine wunderbare Selbstverständlichkeit, was den Glauben an das aktuelle Material betrifft, sondern versprühten beinahe das Feuer eines Debüts.

Weitere Highlights beim Harvest of Art

Ein solches war auch das Festival selbst, das heuer erstmals nicht in Wiesen über die Bühne geht und zudem örtlich zweigeteilt wurde. Gab es gestern noch Darbietungen von Lola Marsh, Matt Corby und der sympathischen Schweizerin Sophie Hunger, kann man den irischen Singer-Songwriter Glen Hansard (wie immer großartig im Zusammenspiel mit dem Publikum) sowie die deutsche Band Element Of Crime bereits heute ein weiteres Mal erleben. Sie ziehen gemeinsam mit US-Folksänger Sixto Rodriguez auf die Burg Clam zum zweiten Teil des Harvest Of Art. Ein früher Musikherbst, der eine reiche Ernte bringt.

>>Weitere Infos zum zweiten Teil des Harvest Of Art

(apa/red)

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