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Piraten gesucht: „Sea of Thieves“ im Test

©Screenshot/Ländle Gamer
Der Ländle Gamer setzt im neuen Open-World-Multiplayer-Epos die Segel, um Schätze und vor allem den Spielspaß zu finden.
"Sea of Thieves" im Test

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(PC & Xbox One) Piraten gesucht! Sollen segeln, kämpfen und graben können, dürfen keine Angst vor Haien haben. So könnte man den spielerischen Inhalt von Microsofts neuem Liebkind in wenigen Worten zusammenfassen. Den wichtigsten Spaßfaktor müssen Gamer allerdings selbst beisteuern.

„Sea of Thieves“ aus dem Entwicklerhause Rare macht (auf PCs mit Windows 10 oder Xbox One / X) den Jugendtraum vieler wahr, einmal Pirat zu sein. Es wirft uns als (optisch zufallsgenerierten) Freibeuter in eine offene, charmant comic-artig inszenierte Welt. Gleich zu Beginn wählen wir, ob das Abenteuer allein auf einer kleinen Schaluppe oder zu mehrt (bis zu vier Mann/Frauen) auf einer Gallone startet. Solo in SoT loszuziehen ist allerdings wie mit sich selbst Strip-Poker zu spielen – grundsätzlich möglich, aber begrenzt reizvoll. Grund: Das Spiel hat einen klaren Multiplayer-Fokus. Als Seeräuber teilt man alles mit der Crew, Vorräte, Quests, Beute und vor allem die Arbeit. Das zeigt sich deutlich beim Kern-Gameplay, der Seefahrt. An Bord lichtet man, schneller gemeinsam, den Anker, dann geht’s los:

  • Eine/r klemmt sich hinters Steuer,
  • eine/r setzt Segel,
  • eine/r navigiert mit Karte und Kompass
  • und – last but not least – einer spielt während der Fahrt Wagners „Ritt der Walküren“ auf der Quetschkommode.

Kommunikation ist das A und O. Wenn der Steuermann vom Ausguck keine zweckdienlichen Hinweise bekommt, spielt man rasch „Titanic“ im Kleinformat nach. Im Idealfall finden sich vier befreundete Teamspieler mit Headsets auf einem Kahn. Wenn eine/r trotzdem nervt, wird sie/er per Voting in den Schiffskerker verbannt. Trifft man auf der Reise ein Schiff mit anderen Spielern, geht’s an die Kanonen. Gerade in den hektischen Seeschlachten entfacht das Spiel sein volles Potenzial. Da krachen heulend die Kugeln in den Rumpf, die Kameraden flicken fluchend die Lecks und manch einer schießt sich in der Kanone selbst rüber auf’s gegnerische Deck, um im Nahkampf den Sieg zu holen. Arrrh! Solche effektvollen Begegnungen bleiben in Erinnerung.

Sie sind allerdings nur ein Teil der endlosen Schatzsuche von „Sea of Thieves“, denn im Grunde klappert man nur monoton Quests ab: Irgendwas abholen/liefern, irgendwas killen, irgendwo mit Schatzkarte und Kompass irgendwas ausgraben. Dafür bekommt man dann Kisten voll Gold und Ruhm. Dies tauscht man wiederum gegen (kosmetisch) bessere Items, bekommt selten mal Loot mit skurrilen Effekten (z.B. eine Truhe, die alle nahestehenden Piraten umgehend besoffen macht). Der Grind, das Hamsterrad des Online-Spiels, dominiert leider recht schnell das Geschehen. Gut, fordernd ist das allemal: Das Insel-Fort mit den untoten Skeletten unter einer gruseligen Totenkopfwolke ist nicht leicht zu knacken. Immer wieder trifft man auf feindliche Crews. Und ab und an taucht ein riesiger Kraken auf, um unser Schiff zu verschlingen.

Abseits der Seeschlachten kämpft sich’s eher spartanisch: Die Infights mit Säbel und die Schießereien mit Gewehr fühlen sich unausgegoren an. Da gibt’s wenig Finesse. Auch das Ressourcenmanagement ist nur rudimentär vorhanden. Schade, denn das Piratenspiel würde ja über viel Potenzial verfügen, schöpft dieses aber (derzeit) nur auf Sparflamme aus.

Fazit: „Sea of Thieves“ bietet eine solide Basis für spannende Abenteuer – unter gewissen Voraussetzungen. Erstens: Man bringt mit, was nicht im Spielumfang enthalten ist, nämlich (im Idealfall) drei verlässliche Online-Freunde, die regelmäßig mit in See stechen. Alleine macht das Game wenig Sinn. Zweitens: Man begnügt sich (derzeit noch) mit einem recht geringen Umfang. Zwar kann man praktisch unbegrenzt auf Schatzsuche gehen, die erlebbaren Inhalte sind allerdings sehr limitiert. Das betrifft auch die Welt. Die große Karte beherbergt einige Inseln, aber naturgemäß viel mehr Wasserflächen. Von Entwicklerseite wird schon mit zukünftigen DLCs getröstet. Deren Qualität und Quantität bleibt abzuwarten. Drittens: Man ist großzügig über Gebühr. Ein Multiplayer-Game dieser Machart sollte preislich irgendwo zwischen Free-2-Play und 30 Euro (z.B. wie PUBG) liegen. Tatsächlich kostet es knapp 70 Euro auf Konsole und (!) PC. Definitiv zu viel.

P.S.: Die zahlreichen Bugs kurz nach dem Release des Spiels sind bei dieser Beurteilung bewusst ausgeklammert, da sie (Daumen gedrückt) voraussichtlich bald beseitigt sind.

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