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Pflegevater aus Wien unter Missbrauchsverdacht

Am Freitag wurde in Wien der Prozess gegen einen Finanzbeamten fortgesetzt.
Am Freitag wurde in Wien der Prozess gegen einen Finanzbeamten fortgesetzt. ©APA
Ein pensionierter Finanzbeamter aus Wien soll sich 1996 und 1998 an seinen damals minderjährigen Pflegesöhnen vergangen haben. Nachdem der ältere der beiden im Zuge eines ambulanten Drogen-Entzuges seine Vergangenheit aufgearbeitet hatte, erstatteten die Brüder (27 und 29) Anzeige.
Finanzbeamter unter Missbrauchsverdacht

Laut Anklage soll der Finanzbeamte – wie bereits berichtet – ab 1996 beim FKK-Baden in der Lobau die damals zwölf bzw. 14 Jahre alten Buben mit Sonnencreme eingeschmiert und dabei an diesen sexuelle Handlungen vorgenommen haben bzw. an sich vornehmen haben lassen. Die Übergriffe sollen sich über drei Jahre erstreckt haben. Zu Übergriffen soll es auch während eines Aufenthalts in Paris gekommen sein, wo der Pflegevater mit den Buben Eurodisney besuchte. Auch die jährlichen Sommerurlaube auf einem Salzburger Campingplatz sollen für die beiden Brüder überschattet gewesen sein, indem ihr Pflegevater nachts angeblich zu ihnen ins Bett kroch.

Adoptivsohn: “Ich bin geschockt”

“Ganz ehrlich, ich kann mir das nicht vorstellen, das trau ich meinem Vater einfach nicht zu. Ich bin immer noch schwer geschockt”, sagte am Freitag ein weiterer, knapp 33-jähriger Adoptivsohn des Angeklagten aus. Der Mann schilderte seine Kindheit als absolut harmonisch und die Stimmung stets als familiär. Auch zu seinen beiden jüngeren “Brüdern” habe er anfangs ein sehr gutes Verhältnis gehabt. Als der ältere der beiden immer öfter Drogen konsumierte – auch daheim – nahmen die Streitigkeiten zu, was zur Folge hatte, dass der heute 29-Jährige auszog, wenig später auch der jüngere.

“Ich hab ihn (den 29-Jährigen, Anm.) einmal bei einer U-Bahn-Station getroffen, er war mehr oder weniger unterstandslos. Ich hab ihm angeboten, er könne bei mir wohnen, aber auch das hat dann irgendwann nicht mehr funktioniert. Er ist zum Beispiel bei glühender Herdplatte eingeschlafen. Das geht auf Dauer nicht, an ein paar Regeln muss man sich schon halten”, so der 33-Jährige. Mit beiden seiner Brüder habe er schon lange keinen Kontakt mehr.

Ermittlungen nach Missbrauchsverdacht

Die Staatsanwaltschaft hatte in diesem Fall zunächst eher dürftig ermittelt. So wurden im Vorfeld – anders als bei sexuellen Missbrauchs-Anzeigen üblich – die mutmaßlichen Opfer nicht einmal kontradiktorisch vernommen. Alles, was sich zu den Anschuldigungen gegen den inzwischen 70-jährigen Verdächtigen bisher im Akt befindet, beruht im Wesentlichen auf einer Art schriftlicher “Lebensbeichte”, die der ältere Bruder Anfang des Jahres bei der Polizei abgegeben hat und die von der Anklagebehörde offenbar nicht weiter hinterfragt wurde.

Keine Befragungen im Umfeld der Pflegefamilie

Auch im Umfeld – etwa beim Jugendamt, das die Brüder seinerzeit in die Obhut der Pflegefamilie übergeben hatte und das in weiterer Folge Kontrollbesuche durchführte – wurden von der Staatsanwaltschaft keinerlei Erhebungen angeordnet. Es blieb Verteidiger Herbert Eichenseder überlassen, die Namen und Adressen der damit befassten Beamtinnen auszuforschen, so dass diese zumindest als Zeuginnen zur Hauptverhandlung geladen werden konnten.

Der Prozess ist am Freitag vertagt worden. Nach der Einvernahme des älteren der beiden Brüder (heute 27 bzw. 29 Jahre alt), wurde die Einvernahme weiterer Zeugen beantragt. Die Verhandlung wird am 4. September fortgesetzt. (APA)

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