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Pegida-Vokabular: "Volksverräter" und "Lügenpresse"

Pegida-Vokabular zum Teil ideologisch sehr bedenklich.
Pegida-Vokabular zum Teil ideologisch sehr bedenklich. ©EPA
Sie schimpfen über "Lügenpresse" und "Volksverräter" und rufen "Wir sind das Volk": Seit Wochen nutzen Pegida-Demonstranten solches und anderes Vokabular. Experten der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) haben die Begriffe unter die Lupe genommen - und stufen einige davon als "ideologisch sehr bedenklich ein".

ABENDLAND

Sie nennen sich selbst “Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes” – kurz Pegida. Der Begriff Abendland stammt aus dem 16. Jahrhundert. Er wurde zunächst rein geografisch, also im Gegensatz zum östlichen Morgenland gebraucht. Eine ideologische Bedeutung erhielt das Wort im 1922 erschienenen Buch “Der Untergang des Abendlandes” des Geschichtsphilosophen Oswald Spengler. Darin trägt der Begriff klar antidemokratische Züge. Spengler war der Ansicht, dass die freiheitliche Demokratie eine Art Stadium auf dem Weg zum unausweichlichen Niedergang einer Kultur sei.

LÜGENPRESSE

Der Begriff war bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts geläufig, gehörte später auch zum gängigen Vokabular der Nationalsozialisten. Als “Lügenpresse” wurden Medien verunglimpft, die als unpatriotisch galten und die nationale Interessen – also im Sinne der Mehrheit der Bevölkerung – angeblich zu wenig vertraten. Der Begriff wurde aber nicht nur von den Nationalsozialisten gebraucht. Auch in der DDR und anderen sozialistischen Ländern war das Wort von der “westlichen Lügenpresse”, die sich kritisch mit Vorgängen in diesen Ländern auseinandersetzte, geläufig.

VOLKSVERRÄTER

Der Volksverrat wurde als Straftatbestand im Nationalsozialismus eingeführt. Der heutige Gebrauch des Wortes Volksverräter zielt darauf ab, die gewählten Volksvertreter als Verräter an “ihrem” Volk zu bezeichnen. Dabei wird auch klar zwischen Deutschen und Nichtdeutschen unterschieden. Vor den Nazis gab es einen vergleichbaren Straftatbestand, den Landesverrat. Erst mit dem Wort Volksverrat ergibt sich der Bezug zum Völkisch-Nationalen.

ÜBERFREMDUNG

Im Duden taucht das Wort schon 1929 auf, 1993 wurde es zum Unwort des Jahres gewählt. Auch hier gibt es einen klaren Bezug zur Sprache des Nationalsozialismus. Heutzutage sind vor allem Flüchtlinge aus muslimischen Ländern, aber auch Sinti und Roma gemeint, wenn vor “Überfremdung” gewarnt wird.

“WIR SIND DAS VOLK”

Der Ruf auf den Montagsdemonstrationen in der DDR war der Wendeslogan schlechthin. Bei den Montagsdemos in Leipzig gingen im Herbst 1989 zehntausende Menschen auf die Straße und boten den Sicherheitskräften mit den Rufen “Wir sind das Volk” und “Keine Gewalt” die Stirn. Später wurde der Ruf abgewandelt zu “Wir sind ein Volk” im Hinblick auf die Wiedervereinigung nach dem Mauerfall. Pegida hat sich den Ruf und auch die Tradition der Montagsdemos heute wieder zu eigen gemacht, um sich gegenüber Zuwanderern und vor allem Muslimen abzugrenzen.

(APA)

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