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Pandora: One Fits All

Pandora macht sich frei: Groß oder klein, dick oder dünn, alt oder jung – das reine Vergnügen kennt keine Passform.

Unlängst kam ich zum Lesen, und zwar eines deutschen, sehr guten, aber eben doch deutschen Männermagazins. Die ordinierende Sexual-Kolumnistin beschrieb dort mit Emphase die Vorteile ihres Bauchfleisches. Ich erinnere mich nicht an den genauen Wortlaut, aber ich glaube, sie verglich ihre Körpermitte mit der Muskulatur eines Pferdes. Nun, das klingt nicht nur außerordentlich deutsch, es klingt auch außerordentlich schwul. Keine Frau würde ihre Bauchmuskulatur freiwillig „flankenartig“ nennen. Trotzdem muss ich gestehen: Nach der Lektüre habe ich mein Bäuchlein einer Untersuchung unterzogen. Fazit: Es sieht vielleicht nicht aus wie das von Black Beauty, aber ich bin eine Frau und kein Rappe,
Jungs. Und ich fühle mich verdammt gut an. Ich lebe, und ich lebe gerne.

Eine Eigenschaft, die ich auch bei Männern goutiere. Passé sind die Tage, an denen mein Lager ausschließlich mit modelnden Servierkörpern, Profi­sportlern (ja, es gab Zeiten, da sammelte ich Surfer wie andere Salzstreuer) oder kraftkammergestählten Adonissen teilte. Heutzutage schöpfe ich aus dem Vollen. Erst vor wenigen Wochen wurde ich mit G. intim, was sich in der Anfangsphase schwierig gestaltete, da sich ein Haufen aufgebrachter Freundinnen in mir festgekrallt hatte, entsetzt über meine Wahl. Schon klar, G. war nicht perfekt – eher das, was man in aller Höflichkeit „stattlich“ nennt –, aber Perfektion ist auf Dauer langweilig.

Der Mann vögelte, wie er zu speisen beliebte – oft, lange und genussvoll. Anschließend kuschelte ich mich an seinen Bauch und dachte darüber nach, ob vielleicht doch guter Sex der Grund für Buddhas seliges Lächeln war. Sind dicke Männer besser im Bett? Wusste Rotlichterl Michaela Z. genau Bescheid, als sie den Bullen von Tölz bestieg?
Wahrscheinlich. Aber ich kann auch anders.

R. zum Beispiel ist gute fünf Zentimeter kleiner und zehn Kilo leichter als ich. Dafür von einem Sexappeal, der jedes Hausmütterchen flugs aus dem Höschen fahren lässt. Asketisch? Nur sein Äußeres. Trotzdem muss ich mir anfängliche Skepsis eingestehen:

Beim ersten Kuss ging ich in die Knie, nicht alleine ob dessen Qualität, einfach weil’s ein bisserl peinlich aussah. Ich hätte mir R. sicherlich wie eine Stola um den Hals legen können, ein uraltes Problem des Vollweibes. Aber wie heißt es: Im Liegen gleicht sich alles aus. R. machte durch Beweglichkeit wett, was ihm an Optik fehlte, knabberte mal hier, leckte mal da und webte ein zartes Netz der Lust über mich wie das tapfere Schneiderlein. Ganz ehrlich, müsste ich zwischen Buddha und Schneiderlein entscheiden, ich könnte es nicht.

Allein in Sachen Altersunterschied neige ich zu Ressentiments. Im Sommer werde ich 33, ein herrliches Alter, noch darf man mit den Jungs spielen, und natürlich mit den Erwachsenen. Allerdings trage ich wenig Mütterlichkeit in meinem Herzen: Im Backstagebereich eines Popkonzerts stolperte ich in A., den amtierenden Security, 22 blutjunge Jahre alt, so schön, dass Karl Lagerfeld, ohne mit der Wimper zu zucken, Brad Kroenig in die Wüste schicken würde. Doch alleine seine Bleibe – ein Abturn: Patschuli-Geruch, indische Seidentücher, Studentenbudenflair, Kiffen statt Koitus.

Letzterer fand dann nach langweiligen Gesprächen (Gibt es einen Gott? Ist Rockmusik tot?) doch statt, A. besprang mich wie der Hase die Häsin, ich stieß mir den Kopf an seiner Lavalampe, er stieß in mich hinein, als wäre es ein Wettlauf, es war öde, es war Kinderarbeit. Und den Knopf, der Frauen glücklich macht, fand er auch nicht.
Aber das Leben ist eben eine Summe der Erfahrungen. Eyecandy allein jedenfalls macht mein Leben nicht süß genug.

 

Zur Person:Janina Lebiszczcak erlangte Kultstatus mit ihrer Kolumne “Pandoras Box” im Magazin WIENER. Jetzt schreibt “Pandora” auch für Vienna.at – ein Hochgenuss, bissig, amüsant, sexy! Wir freuen uns schon auf’s nächste Mal…

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