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Noel Gallagher live in Wien: Feinster Britpop im Gasometer

Noel Gallagher endlich wieder live in Wien.
Noel Gallagher endlich wieder live in Wien. ©AP/Sujet
Hymnisch, mal ruppig und auch ein bisschen melancholisch: Noel Gallagher ist mit seinen High Flying Birds endlich auch in Wien gelandet. Das Ex-Mietglied von Oasis spielte am Dienstag 90 Minuten feinsten Britpop im Gasometer.

Zuvor beklagte der 48-Jährige im Interview das Fehlen von Charakteren in der heutigen Rockmusik. “Popstars sind heute mediengeschult, ein Jammer.”

Der Fan von Manchester City, der auf der Bühne das Weiterkommen seines Teams in der Champions League bejubelte, wartete mit einer soliden Band, einem großen Sound (es liegt halt nicht nur an der Halle, wie ein Auftritt klingt) und einem Fans glücklich machenden Programm auf. Auf der Setlist fanden sich Tracks vom aktuellen Album “Chasing Yesterday” (heavy: “Lock All Doors”), Oasis-Hits (hymnisch statt großkotzig: “Champagne Supernova”), Raritäten seiner Ex-Band (“Listen Up”) und die ganz starken Singles vom Solo-Debüt (“Everybody’s On The Run” als Opener und “What A Life!” im Zugabenteil) – alles ohne Durchhänger.

Noel Gallagher ist “kein Frontmann”

Gallagher, auch wenn er auf ein A-Capella-Ständchen des Publikums seinem Image entsprechend uncharmant unbeeindruckt reagierte (“So you know the words? I fuckin’ wrote them!”), scheint er seinen Platz in der Mitte der Bühne mittlerweile zu mögen. “Ich bin kein Frontman. Mick Jagger ist einer”, raunte der Musiker backstage. “Aber ja, ich mache die Show heutzutage. Dennoch: Ich bin ein Sänger und Songschreiber. Liam (Gallagher, sein mit ihm zerstrittener Bruder, Anm.) ist ein Frontman. Johnny Rotten ist ein Frontman. Aber ja, ich fühle mich heute wohler dabei, im Mittelpunkt der Show zu stehen.”

Zur Freude des Publikums gab es am Ende die beiden großen Oasis-Gänsehaut-Balladen “Wonderwall” und “Don’t Look Back In Anger”. “Ich spiele gerne die Songs, die die Leute unbedingt hören wollen. So lange ich auch das spielen kann, was ich will”, sagte Gallagher mit einem Anflug eines Lächelns. “Ich liebe diesen Scheiß ja auch selbst.”

Pop nach Oasis

Vor 25 Jahren galten Oasis als große Sensation. Ihre Songs waren eine Reaktion auf das Manchester der späten Achtziger. Heute hätten Rockmusiker wenig zu sagen, kritisierte Gallagher: “Was ist das größte Pop-Phänomen heute? Adele! Davor Justin Bieber! Man sieht, wo es hingeht.” Und das Musikbusiness generell sei “nicht mehr das, was es mal war”. Gallagher: “Es hat 50 Jahre gut funktioniert, dann hat irgendein verdammter Clown das Internet erfunden. Jugendkultur hat sich stets regeneriert, heute ist sie tot. Ohne Jugendkultur gibt es keine Kultur. Denn die einzigen, die Dinge hinterfragen, sind die jungen Leute. Wenn die Jugend einmal aufhört Fragen zu stellen, ist es vorbei.”

Noch einmal konkretisierte er seine Analyse: “Die Welt, besonders Europa, schlittert in den Abgrund. Und die Musik von heute reflektiert das nicht. Überhaupt nicht! Diese Rolle sollte nicht einem 50-Jährigen zufallen, sondern der Jugend. Genau das ist es, was ich gemeint habe: Wir sind mit Terrorismus und Kriegen konfrontiert, zugleich ist Musik immer fader geworden. Da wären wir wieder bei Justin Bieber, Adele und Taylor Swift. Es gibt derzeit keine Jugendkultur.”

(APA)

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