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"Nicht unverantwortlich gehandelt": Kern verteidigt Merkel gegen Doskozil-Kritik

Österreichs Bundeskanzler Christian Kern.
Österreichs Bundeskanzler Christian Kern. ©APA/Herbert Pfarrhofer
Bundeskanzler Christian Kern will regierungsinterne Meinungsverschiedenheiten nicht überbewerten, stellt jedoch klar. "Ich bin nicht der Meinung, dass Frau Merkel unverantwortlich gehandelt hat."
Harsche Doskozil-Kritik an Merkel

“Ich bin nicht der Meinung, dass Frau Merkel unverantwortlich gehandelt hat.” Das hat Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am Samstag vor seinem Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nahe Berlin klargestellt. Ein “Störfeuer” seitens seines SP-Parteikollegen und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil wollte Kern aber nicht sehen.

Inhaltlich seien die Aussagen Doskozils sehr “realitätsnah” gewesen. Auch in dem Nachbarland Österreichs habe sich die Situation seit dem Vorjahr verändert. Die aktuellen Fragen seien nun auch in Deutschland, wie man die Flüchtlingszahlen begrenzen und die Integration vorantreiben kann, erklärte Kern auf dem Weg nach Berlin. Auch dort seien bereits Maßnahmen zur Begrenzung der Zuwanderung vorgenommen worden.

Doskozil hatte Merkels Flüchtlingspolitik scharf kritisiert

Knapp vor dem Treffen mit Merkel hatte Doskozil mit harscher Kritik an der deutschen Kanzlerin auf sich aufmerksam gemacht. “Die ‘Wir schaffen das’-Politik ist unverantwortlich”, sagte Doskozil zur Kronen Zeitung. Merkel hatte diesen Satz kurz vor der Grenzöffnung am 31. August 2015 gesagt, um ihren Landsleuten Mut zur Aufnahme von Flüchtlingen zu machen. Für Doskozil hat diese Aussage – und ihre mehrfache Wiederholung seitdem – jedoch dafür gesorgt, dass ein neuer “Anziehungsfaktor für Fluchtbewegungen nach Europa entsteht”, sagte er der Kronen Zeitung.

Im Interview mit der deutschen “Bild”-Zeitung erklärte Doskozil zudem: “Wir werden es nicht hinnehmen, dass Österreich durch diese Ermunterung in eine Position kommt, dass dann wieder vermehrt Flüchtlinge von Italien über Österreich nach Deutschland wollen und gleichzeitig Deutschland die Grenzen schließt.” Ein Durchwinken sei nicht mehr möglich. Das Boulevardblatt titelte: “Ösis stänkern gegen Merkel”.

Kern für Aufnahmezentren in Afrika

Kern wollte regierungsinterne Diskussionen und Querschüsse nicht überbewerten, räumte aber ein: “Ich beobachte auch, was da auf ÖVP-Seite passiert. Wenn es uns nicht gelingt, politische Veränderungen vorzunehmen, haben wir ein größeres Problem.” Wichtig sei: “Wie sieht es mit der Beschäftigung aus, mit Wirtschaftsthemen, Bildung?” Ziel müsse es natürlich sein, die Flüchtlingszahlen durch den Schutz der EU-Außengrenzen zu begrenzen. Dabei dürften aber humanitäre Aspekte nicht außer Acht gelassen werden.

“Wir können nicht eine Festung Europa bauen und sonst bezüglich der Probleme in den Herkunftsländern wegschauen” , sagte der Kanzler und nannte Beispiele wie die Agrarpolitik oder die “Überfischung der Ozeane”. Es müssten etwa Hilfsprogramme für Afrika vorangetrieben werden. Kern trat auch für Aufnahmezentren in Nordafrika ein, immer jedoch unter Einhaltung der Menschenrechte. “Das ist auch eine sicherheitspolitische Herausforderung.”

Allerdings müssten auch die Auswirkungen des Flüchtlingszustroms auf den Arbeitsmarkt beachtet werden, so der Bundeskanzler. Dieser werde auch EU-intern durch Entsendungen aus Osteuropa belastet. Daher könne es auch in Österreich zu einer Diskussion über die Personenfreizügigkeit kommen.

(APA, Red.)

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