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Mehr als nur über die Schulter schauen

Österreichs erste Lan-Party für Eltern ging in Wien-Floridsdorf erfolgreich über die Bühne. Eltern und Großeltern begaben sich auf die Spuren der Spielleidenschaft ihrer Kinder und Enkel. Bilder:

„Also das Gehen durch diese Gänge, das find‘ ich okay“, sagt Elfriede Geiger, als sie dem Spielleiter durch die minimalistische Landschaft des First Person Shooters Counter-Strike nachläuft. „Aber schießen will ich nicht“, fügt die 54-jährige Mittelschullehrerin hinzu. Schließlich schaue sie auch keine Kriegsfilme. Aber obwohl Geiger aus persönlicher Überzeugung pazifistisch durch das Taktikspiel läuft, findet sie es nicht bedenklich, dass darin geschossen wird: „Man hat ja das Ziel vor Augen, und nicht das Schießen“. Ähnlich sieht das die 66-jährige Christine Sburny, die sich hier bei der ElternLan ebenfalls erstmals am Computerspielen versucht. „Ich hab‘ nie das Gefühl gehabt, auf einen Menschen zu schießen“, sagt die Großmutter eines 17-Jährigen über das computergenerierte gegnerische Team, das sie und ihre Mitspieler strategisch überlisten sollten. Zu großen taktischen Manövern kommt es dann aber doch noch nicht – schließlich sind die meisten der anwesenden Eltern vollends mit der Steuerung ihres Charakters beschäftigt.

Den Finger am virtuellen Gaspedal
Auch beim Echtzeitstrategiespiel Command & Conquer: Red Alert haben manche Eltern noch Probleme mit der komplexen Spielewelt, die sich hier erstmals vor ihren Augen auftut. Weit leichter von der Hand geht den Teilnehmern das Racingspiel TrackMania Nations Forever. Binnen Minuten düsen die meisten von ihnen über die Rennstrecke, üben, werden schneller, fahren Rennen gegeneinander.

„Man merkt, dass die Eltern einen Riesenspaß haben“, freut sich Stefan Baloh, Präsident des eSport Verbandes Österreich (esvö), der die ElternLan gemeinsam mit der Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen veranstaltet hat. „Für viele ist das tatsächlich der erste Einblick, den sie in das Hobby ihrer Sprösslinge bekommen, weil sie zu Hause gerade mal einen Blick über die Schultern der Kinder werfen können oder dürfen“, so Baloh, „hier können sie selbst herum probieren – und zwar unter fachkundiger Anleitung“. Geleitet wird der Workshop von Gerhard Hauser, Gaming-Experte von Skill3D, der Ziel und Bedienung aller drei Spiele genau erklärt und die Eltern durchlotst. „Es gibt natürlich unterschiedliche Voraussetzungen“, so Hauser, „während manche noch mit der Steuerung kämpfen, sind andere beim Racingspiel bereits drei Runden gefahren“. „Schließlich kennen die meisten Rennspiele“, erklärt Hauser weiter, „bei Counter-Strike ist es dann aber wieder für alle eine komplett fremde Welt“.

Verbote führen zu nichts
Gerade weil vielen Eltern diese Welt so fremd ist, ist es wichtig, ihnen zumindest die Basics näher zu bringen, damit dann mit ihren Kindern darüber reden können. „Es macht wenig Sinn, Kindern bestimmte Spiele einfach zu verbieten“, erklärt Herbert Rosenstingl vom BuPP, „denn da besteht die Möglichkeit, dass diese durch das Verbot nur noch interessanter werden“. „Wichtiger ist es, dass Eltern sich mit ihren Kindern über die Spiele unterhalten. Sie sollen sich ruhig zu ihren spielenden Kindern setzen, ihnen zusehen, nachfragen, sich alles erklären lassen“, so Rosenstingl weiter, „dazu wollen wir sie hier ein bisschen animieren“.

Zumindest eine ElternLan-Teilnehmerin überlegt bereits, nun tatsächlich zu Hause mit ihren Kindern zu spielen: „Vielleicht glauben sie ja jetzt, dass ich kompetent bin“, sagt Sonja Grundner. Ihr zehnjähriger Sohn und ihre elfjährige Tochter hätten es schließlich „ur cool“ gefunden, dass die Mama Computerspielen geht. „Man kommt an diesem Thema einfach nicht vorbei“, so die 42-jährige Mutter. Sie selbst spiele ja nicht, so Grundner, „aber ich kann mir jetzt zumindest vorstellen, warum Lan-Partys zwei Tage dauern“.

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