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Neujahrsempfang in der Wiener Hofburg: Van der Bellen fordert effektive Flüchtlingshilfe

Bundespräsident Alexander Van der Bellen beim Neujahrsempfang für das Diplomatische Corps in Wien
Bundespräsident Alexander Van der Bellen beim Neujahrsempfang für das Diplomatische Corps in Wien ©APA
Auch 2018 werde Österreich seiner humanitären Verantwortung solidarisch nachkommen, kündigte Bundespräsident Alexander Van der Bellen in Hinblick auf die Flüchtlings- und Migrationsbewegungen bei seiner Neujahrsansprache vor dem Diplomatischen Corps in der Hofburg am Mittwoch an. Als "größte sicherheitspolitische Krise" sieht er die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel.
Beim Neujahrsempfang
Kritik an der Asylpolitik

“Effektive humanitäre Hilfe für Flüchtlinge und Binnenvertriebene vor Ort ist geboten”, sagte Van der Bellen in Bezug auf die unbewältigte Flüchtlingskrise. Unter Einhaltung völkerrechtlicher Verpflichtungen sei Österreichs Kooperation mit Herkunfts- und Transitländern weiter zu stärken. Erstes und wichtigstes Ziel müsse aber bleiben, “die menschenunwürdigen Bedingungen, wie sie in vielen Flüchtlingslagern in Nordafrika vorherrschen, so rasch wie möglich zu beenden”, so der Bundespräsident vor den versammelten diplomatischen Vertretern und ihren Ehepartnern.

Klimawandel: “Globale Herausforderung unserer Zeit”

Der Klimawandel sei eine wesentliche Fluchtursache und “die globale Herausforderung unserer Zeit”, unterstrich Van der Bellen, dessen Ansicht nach international “vollstes Vertrauen in das multilaterale Rahmenwerk zur gemeinsamen Bekämpfung des Klimawandels” besteht. Österreich werde deshalb während seines EU-Ratsvorsitzes bei der UN-Klimakonferenz “COP 24” in Polen besondere Verantwortung tragen, das Pariser Arbeitsprogramm erfolgreich zum Abschluss zu bringen, so Van der Bellen.

Nachdem das vergangene Jahr aufgrund der Wahlen stärker innenpolitisch geprägt gewesen sei, wolle er 2018 einen Schwerpunkt auf die Außenpolitik legen, sagte Van der Bellen in Anwesenheit der neuen Außenministerin Karin Kneissl. Als “größte sicherheitspolitische Krise” und einen “Stresstest für die internationalen Beziehungen und den Multilateralismus” sieht er die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel an.

Gespräche zwischen Nord- und Südkorea: Ein “gutes Zeichen”

Die hochrangigen Gespräche zwischen Nord- und Südkorea am Dienstag seien ein “gutes Zeichen” gewesen, so Van der Bellen. Auch Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen, Apostolischer Nuntius in Österreich und Doyen des Diplomatischen Corps, nannte die “überraschende Annäherung” einen “Lichtblick”. Aus Asien gab es noch eine weitere erfreuliche Nachricht: Der Staat Nepal habe eine Botschaft in Österreich eröffnet, berichtete Van der Bellen.

Van der Bellen mahnte in seiner Ansprache zur Aufnahme von Dialog und Verhandlungen im Konflikt “in und um die Ukraine”, bei der Umsetzung der Wiener Nuklearvereinbarung mit dem Iran sowie im Nahen Osten, und kritisierte die mangelnde Handlungsbereitschaft der Konfliktparteien. So lägen im israelisch-palästinensischen Konflikt Lösungsvorschläge “seit Jahren” auf dem Tisch, was fehle, sei “der politische Wille zur Umsetzung”, so der Bundespräsident. “Auch die Frage des Status von Jerusalem kann nur durch Verhandlungen gelöst werden”, sagte Van der Bellen. Im syrischen Bürgerkrieg fehle weiterhin ein überzeugendes Bekenntnis aller Bürgerkriegsparteien zu einer verhandelten politischen Lösung.

Van der Bellen: Nuklearwaffenfreie Welt “im Interesse aller Staaten”

Da eine nuklearwaffenfreie Welt “im Interesse aller Staaten” sei, äußerte Van der Bellen die Hoffnung, dass möglichst viele Staaten den Nuklearwaffen-Verbotsvertrag unterzeichnen und sprach jenen 15 Ländern in Zentral- und Lateinamerika seine Anerkennung aus, die dies bereits getan haben. Ein völkerrechtliches Verbot ist nach Ansicht des Bundespräsidenten in ähnlichen Situationen “oft der richtige erste Schritt, um ein Umdenken zu erreichen” gewesen. Zudem ersuchte er die Regierungen der diplomatischen Vertreter um Unterstützung bei Österreichs Kandidatur für einen Sitz im UNO-Menschenrechtsrat während der Periode 2019-2021.

Im Gedenkjahr 2018 solle eine “ernsthafte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit” das “Bewusstsein für Herausforderungen der Gegenwart” schärfen, sagte Van der Bellen. Dazu gehört die dritte EU-Ratspräsidentschaft Österreichs in der zweiten Jahreshälfte, die für ihn zu einem entscheidenden Zeitpunkt kommt: Einerseits vor den EU-Parlamentswahlen im Frühjahr 2019, andererseits zum Abschluss der Brexit-Verhandlungen. Van der Bellen äußerte den Wunsch, dass der Austritt Großbritanniens als Chance begriffen und eine Europäische Union geschaffen werde, “die die Grundrechte ihrer Bürgerinnen und Bürger verteidigt und schützt.”

Bundespräsident für “mutige Entscheidungen und Reformen”

“Dazu gehören mutige Entscheidungen und Reformen”, so der Bundespräsident. Wichtige Vorschläge seien bereits von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dem französischen Präsident Emmanuel Macron gemacht worden. “Ich hoffe, dass die Europäische Union das kommende Jahr dazu nutzen wird, diesen Reformprozess anzupacken”, so Van der Bellen. Österreich werde als “zuverlässiger und berechenbarer Partner” sicherlich nicht zurückstehen.

Auch Zurbriggen unterstrich die Bedeutung der Weiterentwicklung Europas “als eine Region des Wohlstandes, der Toleranz und des Friedens, wo die wahren Werte der Religions- und Gewissensfreiheit sowie des interreligiösen Dialoges hochgehalten und respektiert werden”. Dies fordere “mit Dringlichkeit” auch das Europäische Parlament, so der Doyen.

Das Engagement für die Länder des Westbalkan werde während der bevorstehenden österreichischen EU-Präsidentschaft weiterhin einen hohen Stellenwert haben, so der Bundespräsident. “Es ist wichtig, dass die Erweiterungsperspektive für die Westbalkanstaaten konkret und politisch erreichbar bleibt”, sagte Van der Bellen. Dies sei Zeichen “einer aktiven europäischen Friedenspolitik und wichtiger Motor für Reformen in der Region”. Österreich verstehe sich in diesen Bemühungen – “bilateral und in der EU” – als aktiver Partner der Westbalkanländer.

(apa/Red)

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