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Nerven Bruch Zusammen - Kritik zum Film

Svetlana, die Stimmen hört, Daniela, die verzweifelt versucht, wieder Kontakt zu ihren Kindern aufzunehmen, Johanna, die an einer Borderline-Störung leidet und Svetlana, Schlosserin aus Serbien, die nun plötzlich Stimmen hört: Sie sind die Bewohnerinnen des Haus Miriam, einem Caritas-Übergangswohnheim für obdachlose Frauen in Wien und gleichzeitig Protagonistinnen von Arash T. Riahis Dokumentation "Nerven Bruch Zusammen". Alle Spielzeiten auf einen Blick

In sehr persönlichen Bildern lässt er die Frauen selbst zu Wort kommen und berichten, begleitet ihr Leben, ihre Erfolge und Rückschläge, ohne jemals zu kommentieren oder zu werten. Der Film läuft ab Freitag in den österreichischen Kinos.

Riahi erzählt die Geschichten der Frauen, aber auch das Leben mit- und füreinander im Haus Miriam, das für die meisten nur Zwischenstopp ist. In kleinen Details wie geflochtenen Dekoherzen und Stofftieren, aber auch bei Gruppensitzungen, der gemeinsamen Weihnachtsfeier und dem sonntäglichen Kaffeetrinken offenbart sich der Versuch einer Normalität, wenn auch im Alltag draußen alles aus den Fugen geraten sein mag. Manche Bewohnerinnen treten offen vor die Kamera, andere bleiben zusammengefasste Geschichte aus dem Off, während die Kamera über Wanddekoration und Sesselreihen schwenkt.

Berührende Frauengeschichten: Riahis Doku “Nerven Bruch Zusammen”

Der Filmemacher, bekannt vor allem für “Ein Augenblick Freiheit”, absolvierte hier seinen Zivildienst und begann mit der Erlaubnis der Frauen und der Hausleitung immer wieder, seine Kamera mitzubringen. Zehn Jahre nach Ende seiner Zeit im Haus Miriam kehrte Riahi dann zurück, um die Geschichten der Frauen einzusammeln und sie auf ganz persönliche Weise aus ihrem Leben erzählen zu lassen. Dabei tritt die Kamera stets zurück, drängt sich nie auf – etwa wenn sich die Gruppe in einen Park aufmacht, um dort jede einen Baum auszuwählen, der zum besonderen Vertrauten werden soll. Ausgeklammert wird dabei aber nichts: Das manchmal schwierige Zusammenleben, der neue Freund von Johanna oder Svetlanas Stimmen, die sie immer wieder auffordern, ihrem Leben ein Ende zu setzen.

Er trifft neue Bewohnerinnen und alte, wie etwa Rula, die zwar inzwischen nicht mehr hier lebt, aber dennoch noch Hilfe und Kontakt sucht. Etwa wenn ihr frisch angetrauter Ehemann plötzlich nach Algerien verschwindet, und sich weigert, nach Österreich zurück zu kommen. Rula fürchtet um ihren kleinen Sohn, schon einmal hat sie die Erfahrung machen müssen, dass ihr Ex-Ehemann mit ihren zwei Kindern ins Ausland verschwindet. Sie hat die beiden nie wieder gesehen. Auch Krisenbewältigung wie diese gehört zum Alltag der Sozialarbeiterinnen im Haus Miriam, die zum Teil fast familiäre Beziehungen mit den Frauen pflegen.

Nicht nur aktuelle Krisen, auch ehemalige Bewohnerinnen, die inzwischen wieder ein Leben außerhalb des Hauses führen, sind Teil von Riahis Porträt. Sie kommen, um ihre alte Heimat zu besichtigen und die Neuen zu unterstützen. Ihre Erlebnisse verarbeiten sie in einer Theatergruppe. “Frauen, wir sind stark. Besser als die Männer”, sagt Rula mit ihrem Sohn am Schoß. Folgt man den Schicksalen der Frauen bis zum Ende, scheint sie zumindest mit Ersterem nicht ganz unrecht zu haben.

(APA)

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