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NEOS: Meinl-Reisinger will Nachfolgerin von Strolz werden

Beate Meinl-Reisinger will nach Matthias Strolz neue Parteichefin der NEOS werden.
Beate Meinl-Reisinger will nach Matthias Strolz neue Parteichefin der NEOS werden. ©APA (Sujet)
Beate Meinl-Reisinger will nach dem überraschenden Rücktritt von NEOS-Chef Matthias Strolz die Partei übernehmen. Dieser nannte die 40-jährige Wiener Parteichefin am Dienstagabend auch als seine Wunschnachfolgerin. Wenig später kündigte sie im ORF-Report ihre Kandidatur an. Meinl-Reisinger rechnet mit Gegenkandidaten: "Wir sind nicht Nordkorea."
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Meinl-Reisinger sagte, sie habe ihre Kandidatur als NEOS-Chefin bereits im internen Forum der Partei bekannt gegeben. Die Entscheidung obliege aber ausschließlich den Mitgliedern, sagte Meinl-Reisinger, die mit Gegenkandidaten rechnet: “Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es Leute gibt, die hier aufstehen werden. Ich finde das gut so, ich sehe das entspannt.”

NEOS: Meinl-Reisinger will als Parteichefin kandidiern

Sollte sie bei der Mitgliederversammlung am 23. Juni gewählt werden, will Meinl-Reisinger vom Wiener Landtag in den Nationalrat wechseln und den Klubvorsitz übernehmen. Strolz dankte sie und zollte dem scheidenden Parteichef Respekt, aber: “Ich bin nicht Matthias Strolz – ich werde nicht versuchen, in diese Fußstapfen zu treten, sondern alles daran setzen, neue Fußstapfen zu setzen.”

Zuvor hatte Strolz eine “persönliche Empfehlung” für Meinl-Reisinger als Nachfolgerin abgegeben. “Ja, sie ist meine Favoritin”, sagte Strolz Dienstagabend vor Journalisten. “Ich habe das klare Bild, dass sie die größte Kraft hat, die Nachfolge optimal anzugehen”, so Strolz. “Wenn sie aufsteht, werde ich das großartig finden.”

Strolz hatte am Montag seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Sein Nationalratsmandat will er im Herbst zurücklegen, die neue Parteichefin wird bereits am 23./24. Juni von der Mitgliederversammlung gewählt. Diskutiert wird die Nachfolge-Frage aber bereits im erweiterten Vorstand der NEOS am Mittwochvormittag.

Meinl-Reisinger galt von Anfang an als logische Favoritin. Dass sie bei Wahlen reüssieren kann, hat die Mutter zweier Kinder bei der Wiener Gemeinderatswahl 2015 bewiesen, wo sie die Partei trotz einer für die NEOS ungünstigen Stimmungslage in den Landtag führte. Mit 6,2 Prozent schafften die Wiener NEOS das bisher drittbeste Ergebnis der Partei bei Landtagswahlen.

Wiener Partei denkt über Zukunft ohne Meinl-Reisinger nach

Da die Wiener NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger aller Voraussicht nach als Nachfolgerin von Matthias Strolz in den Bund wechseln wird, steht die Landespartei notgedrungen ebenfalls vor Personalentscheidungen. Am Nachmittag trifft sich deshalb das Landesteam zu “ersten Beratungen”, wie ein Sprecher auf APA-Nachfrage am Mittwoch sagte. Große Entscheidungen werden aber noch keine fallen, hieß es.

Eventuell werde man schon einen Fahrplan für das weitere Prozedere bis zum Sommer festlegen, so der Sprecher. Wahrscheinlich sei auch, dass “verschiedene Szenarien” durchbesprochen würden. Bevor Meinl-Reisinger aber nicht offiziell zur Bundessprecherin gewählt ist – das soll bei einer Mitgliederversammlung am 23. und 24. Juni über die Bühne gehen – werde sich in Wien “nichts bewegen”: “So demütig sind wir, dass wir nicht schon vorher das Personenkarussell anwerfen.”

Fix ist laut Parteisprecher noch nicht einmal, ob die Wiener Pinken überhaupt einen neuen Parteichef bzw. eine neue Parteichefin suchen müssen. Es sei nämlich durchaus möglich, dass Meinl-Reisinger Landessprecherin der Hauptstadt-NEOS bleibt. Damit wäre sie nicht die erste Wiener Parteichefin mit beruflichem Hauptsitz im Bund. Auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) oder Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) stehen weiterhin ihrer jeweiligen Wiener Landespartei vor.

Vakant wird aber jedenfalls die Position des Klubvorsitzes. “Für diese Entscheidung ist es jetzt aber noch zu früh”, wird versichert. Auf das frei werdende Mandat im Gemeinderat bzw. Landtag hätte gemäß der Landesliste jedenfalls der jetzige Landeskoordinator Thomas Weber Anspruch. Ob er selbiges annimmt, sei aber auch noch offen, so der Sprecher.

NEOS: Mit Meinl-Reisinger kommt eine “Wucht”

Mit Beate Meinl-Reisinger käme eine “Wucht, eine Löwin, eine, die die Stirn bietet”. Mit diesen Worten hat der scheidende NEOS-Chef Matthias Strolz für seine Wunschnachfolgerin Beate Meinl-Reisinger geworben. Meinl-Reisinger zeigte sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz Mittwochmittag kämpferisch gegenüber der Regierung und ritt einen Frontalangriff gegen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Strolz und Meinl-Reisinger zeigten sich im Wiener Hotel “Sans Souci” dem Namen des Ortes entsprechend sorgenlos und überzeugt, dass die Chefin der Wiener NEOS bei der Mitgliederversammlung am 23. und 24. Juni zur Bundesparteichefin gewählt werden würde. Im internen Forum mit über 1.000 Mitgliedern habe es keine negativen Meldungen gegeben. “Ich glaube, dass der Rückhalt groß ist”, so Strolz. “Das ist eine Kraft. Wer das nicht sieht, schaut nicht hin”, sagte Strolz über seine Favoritin. “Ich bin zutiefst überzeugt, dass sie eine Wucht ist. Sie ist eine Löwin, eine, die die Stirn bietet.” Meinl-Reisinger werde in dieser Funktion vieles gleich gut machen wie er, vieles anders, “aber sie wird nicht Matthias Strolz heißen und nicht meine Schuhe anhaben und kein Kopie von mir sein. Das brauchen wir nicht. Sie wird eine eigene Handschrift haben.”

Wie diese Handschrift aussehen könnte, demonstrierte Meinl-Reisinger gleich vor Ort, indem sie sich äußerst angriffig gegenüber der Regierung zeigte. Bei der Gründung der NEOS vor sieben Jahren “hätten wir uns nicht vorstellen können, dass unsere Werte auf einmal verhandelbar sind. Dass die Menschenrechte, die Presse- und Meinungsfreiheit und die europäischen Werte verhandelbar sind.” Für die NEOS bleibe all das unverhandelbar und man werde weiter dafür kämpfen.

Frust brachte Meinl-Reisinger auf den Weg der Politik

Deswegen würden die NEOS aber nicht die Augen vor Problemen verschließen, sondern klar ansprechen, so Meinl-Reisinger, die es etwa als “Verbrechen” bezeichnete, dass in Schulklassen 80 Prozent Kinder ohne Deutsch-Kenntnisse sitzen. Aber nur weil man die Probleme benenne, “darf man sie nicht für machtpolitische Zwecke missbrauchen und noch größere machen.” Es sei “zynisch, verantwortungslos und unanständig” auf andere zu zeigen und ihnen die Schuld an allem zu geben, so Meinl-Reisinger in Richtung ÖVP und FPÖ. Sie fragte den Kanzler, wie er sich “morgens in den Spiegel schauen kann, wenn er nicht das Rückgrat hat”, dem eigenen Koalitionspartner bei rassischtischen und antisemitischen Entgleisungen klar entgegenzutreten. “Möglicherweise gibt es keine Spiegel mehr im Bundeskanzleramt”, sagte sie und setzte nach: “Herr Kurz, Herr Kickl, ziehen sie sich warm an, es wird nicht bequemer für Sie.”

Ihren Weg in die Politik begründete Meinl-Reisinger mit dem Frust darüber, dass man im partei-politisch geprägten Österreich an die gläserne Decke stoße. “In Österreich zählt noch immer, wer wen kennt und nicht wer was kann.” Diese gläserne Decke wolle man als NEOS durchbrechen und sie habe mit jeder Stimme für die NEOS einen Riss bekommen.

Strolz überzeugt von seiner Rücktrittsentscheidung

Strolz zeigte sich von seiner Entscheidung, sich aus der Politik zurückzuziehen, überzeugt. Er habe tausende Rückmeldungen aus der Bevölkerung bekommen und “ich bin noch immer überzeugt, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist”. NEOS solle nicht in die “Gründerfalle” kommen, denn “es ist immer verheerend, wenn der Gründer den richtigen Zeitpunkt nicht erkennt”. Er verglich die Partei mit einem Baum, dessen nachkommende Äste nicht von den alten überdeckt werden sollen, damit sie wachsen.

Neben der Wahl eines neuen Vorsitzenden werden bei der Mitgliederversammlung auch der Vorstand und der erweiterte Vorstand neu gewählt. Darüber hinaus werden die Wiener NEOS einen neuen Chef brauchen, denn Meinl-Reisinger will diesen Job ebenfalls schrittweise und geordnet abgeben, sollte sie Bundesparteichefin werden. In der Politik wolle sie nicht bis zur Pension bleiben. “Ich möchte das nicht ein Leben lang machen.” Meinl-Reisinger zeigte auch eine persönliche Seite und berichtete vom “tagtäglichen Kampf”, Beruf mit Familie zu vereinbaren. Sie teile mit allen Frauen in der gleich Situation “das schlechte Gewissen, dass man nicht zuhause ist, die Sorge, wenn die Kinder krank sind und das müde Aug’.” Dass Meinl-Reisinger die einzige weibliche Parteichefin auf Bundesebene werden könnte, würde Strolz besonders freuen: “Ich finde das großartig.”

(APA/Red)

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