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NATO-Einsatz gegen Flüchtlinge: Marineverband wird sofort in Ägäis geschickt

Die "Bonn", derzeit das Führungsschiff der NATO-Marinegruppe 2.
Die "Bonn", derzeit das Führungsschiff der NATO-Marinegruppe 2. ©AP
Nach der Grundsatzentscheidung für einen Einsatz in der Flüchtlingskrise schickt die NATO sofort einen Marineverband in die Ägäis. Die Schiffe unter deutscher Führung würden "jetzt" in Bewegung gesetzt und sofort beginnen, Informationen über Schleppernetzwerke zu sammeln.

Das gab NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg noch am Donnerstag in Brüssel bekannt. Aufgabe sei allein die Seeraumüberwachung: “Es geht nicht darum, Flüchtlingsboote zu stoppen und zurückzudrängen”, so Stoltenberg.

Drei Schiffe – weitere sollen folgen

Die NATO-Verteidigungsminister hatten zuvor grünes Licht für den Einsatz gegeben, der von Deutschland, Griechenland und der Türkei beantragt worden war. Für die Mission eingesetzt wird die Stehende NATO-Marinegruppe 2. Diese wird zur Zeit vom deutschen Versorgungsschiff “Bonn” geführt und befindet sich in der Nähe von Zypern.

Derzeit gehören insgesamt drei Schiffe dem Verband an. Stoltenberg sagte, “mehrere Alliierte” hätten bereits zugesagt, weitere Schiffe bereit zu stellen. Nach Angaben von Militärvertretern wären fünf bis sieben Schiffe ideal, um den Seeraum zu überwachen.

Mit Griechenland und der Türkei sei vereinbart, dass griechische Boote nicht in türkischen Hoheitsgewässern tätig werden und türkische nicht in griechischen, sagte Stoltenberg weiter. Hintergrund sind zahlreiche Gebietsstreitigkeiten zwischen beiden Ländern in der Ägäis.

Rettung von Flüchtlingen nur im Notfall

Dem NATO-Generalsekretär zufolge besteht die Aufgabe in Aufklärung und Überwachung des Seegebiets vor der türkischen Küste, von wo aus sich täglich tausende Flüchtlinge auf den Weg in die EU machen. Die Informationen würden dann an die nationalen Küstenwachen und die EU-Grenzschutzbehörde Frontex weitergegeben. Ein direktes Eingreifen der NATO-Schiffe ist nicht vorgesehen.

Auch eine Seenotrettung ist anders als bei einer ähnlichen EU-Mission vor Libyen nicht das Ziel. In Notfällen seien jedoch auch die NATO-Schiffe verpflichtet, Flüchtlinge zu retten, sagte die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Es sei mit Ankara “fest verabredet”, dass diese Flüchtlinge dann “zurück in die Türkei gebracht werden”.

Schlepperbanden den Kampf angesagt

Um den eigentlichen Kampf gegen die Schlepperbanden sollen sich die Küstenwachen und Behörden in der Türkei und in Griechenland kümmern. “Das sind etablierte kriminelle Netzwerke, die Millionen aus diesen Menschen herauspressen und an ihnen verdienen und billigend in Kauf nehmen, dass Tausende ertrinken”, kommentierte von der Leyen.

Kritik von Pro Asyl

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisierte den geplanten Einsatz als “Bruch der Menschenrechte von Flüchtlingen”. “Dies ist Beihilfe zur Aushebelung des Asylrechts”, erklärte die Organisation am Donnerstag in einer Mitteilung. Die EU wolle die Fluchtwege durch die Türkei blockieren. “Die vorgesehene Ausspähung der Ägäis durch die NATO und die Weitergabe von Daten in die Türkei ist perfide.”

Griechenland und Türkei streng getrennt

Griechenlands Verteidigungsminister Panos Kammenos begrüßte den geplanten Anti-Schlepper-Einsatz der NATO in der Ägäis. Der Beschluss stelle sicher, dass die NATO-Einheiten, die entlang der Meeresgrenze zur Türkei patrouillieren werden, “die Migranten, die sie festnehmen, direkt in die Türkei zurückführen”, erklärte Kammenos am Donnerstag in Brüssel.

Die NATO respektiere mit ihrem Beschluss “voll und ganz” die Souveränität Griechenlands. Griechische und türkische Schiffe würden bei dem NATO-Einsatz nur in den jeweils eigenen Hoheitsgewässern operieren, fügte Kammenos hinzu.

Ankaras und Athen streiten sich seit Jahrzehnten über Hoheitsrechte in der Ägäis. Dieser Streit dauert seit mehr als 40 Jahren und brachte Griechenland und die Türkei mehrfach nahe an einen militärischen Konflikt – zuletzt 1996. Damals konnte ein Krieg im Streit um zwei Felseninseln in der Südostägäis erst nach Vermittlung der USA abgewendet werden. In der Ägäis werden Erdöl- und Erdgasvorkommen vermutet.

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