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Nahost: Merkel trifft Katzav und Abbas

Angela Merkel will in Ramallah den palästinensischen Präsidenten Abbas treffen. Zuvor steht ein Besuch beim israelischen Präsidenten Katzav auf dem Programm.

Bei dem Gespräch mit Abbas am Montag soll es um die Folgen des Wahlsiegs der radikalislamischen Hamas und den bevorstehenden Regierungswechsel in den palästinensischen Gebieten gehen. Unterdessen beraten die EU- Außenminister in Brüssel über die künftige Unterstützung der palästinensischen Autonomiebehörde.

Merkel hatte der Hamas zum Auftakt ihrer zweitägigen Nahost-Reise drei Bedingungen für eine Zusammenarbeit gestellt: Anerkennung des Existenzrechts Israels, Gewaltverzicht und Einhaltung der Vereinbarungen aus dem Friedensprozess. Andernfalls würden die Finanzhilfen für die palästinensischen Gebiete gestrichen. Die Kanzlerin hatte ihre Reise am Sonntagnachmittag in Jerusalem begonnen und war mit dem amtierenden Ministerpräsidenten Olmert zusammengetroffen. Vor ihrem Kurzbesuch in Ramallah will sie sich am Montag in Jerusalem mit dem israelischen Präsidenten Katzav, Außenministerin Livni sowie dem Vorsitzenden der Likud-Partei, Netanyahu, treffen. Zudem steht ein Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem auf ihrem Besuchsprogramm.

Die künftige Unterstützung der palästinensischen Autonomiebehörde steht am Montag im Mittelpunkt des Rats der EU-Außenminister. Die bisherigen Finanzhilfen der EU für eine palästinensische Regierung unter Hamas-Führung stehen in Frage, weil die Organisation auf der so genannten EU-Terrorliste steht und daher finanziell nicht unterstützt werden darf. Zu den weiteren Themen des Außenrats gehören die Entwicklung im Iran, im Irak und auf dem westlichen Balkan sowie die Unterstützung des Wiederaufbaus in Afghanistan.

Klare Worte zum Hamas-Sieg

Es war alles ein wenig improvisiert. „KD“ für „King David Hotel“ stand auf den beiden Pulten, hinter denen sich Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und der amtierende israelische Ministerpräsident Ehud Olmert am Sonntagabend zur Pressekonferenz postierten. Das wuchtige Luxushotel mit Blick auf die Jerusalemer Altstadt hatte das Protokoll statt eines Regierungsgebäudes für das Treffen ausgewählt. Damit nahm man auf die Übergangssituation in der israelischen Regierung nach dem schweren Schlaganfall von Ministerpräsident Ariel Sharon Rücksicht.

Merkel hatte sich von dem Schicksalsschlag für Sharon und ganz Israel ebenso wenig von ihrer frühen Antrittsreise nach Jerusalem abbringen lassen, wie von dem Hamas-Sieg bei den palästinensischen Wahlen, der den Friedensprozess im Nahen Osten nachhaltig zu erschüttern droht. Dass die Kanzlerin nur zwei Monate nach ihrer Vereidigung Israel besucht, ist keine Selbstverständlichkeit. Ihr Vorgänger Gerhard Schröder ließ zwei Jahre bis zu seiner ersten Israel-Reise verstreichen. Es sollte die einzige während seiner siebenjährigen Amtszeit bleiben.

Merkel lagen die Beziehungen zu Israel schon immer besonders am Herzen. 1991 war sie als Ministerin für Jugend und Frauen dort, 2001 als CDU-Vorsitzende und Oppositionsführerin. Auf der Pressekonferenz mit Olmert erklärte sie ihr Interesse an dem Land auch mit ihren Erfahrungen in der DDR. Sie sei in einem Teil Deutschlands aufgewachsen, in dem es noch nicht einmal diplomatische Beziehungen zu Israel gegeben habe, sagte sie. „Man hat Israel nicht anerkannt und hat damit genau das Gegenteil von dem getan, was als Lehre aus der Geschichte des Nationalsozialismus gezogen werden muss.“ Sie habe gelernt, dass die deutsch-israelischen Beziehungen kein Selbstläufer seien und immer weiterentwickelt werden müssten.

Das 24-Stunden-Programm Merkels wies die Punkte auf, die bei einem Antrittsbesuch in Israel üblich sind: Treffen mit dem Staatspräsidenten sowie mit Regierungs- und Oppositionspolitikern in Jerusalem, Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Dass der Besuch weit mehr sein würde als nur ein schlichter Antrittsbesuch, war von vornherein klar.

Das palästinensische Wahlergebnis ließ die Reise auch zu einer europäischen Mission in Sachen Nahost-Friedensprozess werden. Merkel präsentierte der Hamas die drei Bedingungen für eine Zusammenarbeit, die in der Europäischen Union Konsens sind: Die radikale islamische Bewegung müsse das Existenzrecht Israels anerkennen, auf Gewalt verzichten und die Vereinbarungen aus dem Friedensprozess akzeptieren. Dies solle als klares Signal Deutschlands und anderer europäischer Länder verstanden werden, sagte sie. Die Kanzlerin machte auch deutlich, was der palästinensischen Behörde unter der Hamas droht, falls sie die Bedingungen nicht einhält: Der Geldhahn wird zugedreht.

Die Ausführungen entsprachen den Erwartungen, die in Israel an den ersten Besuch einer europäischen Regierungschefin nach der palästinensischen Wahl gestellt worden waren. Auch beim Thema Iran ließ Angela Merkel nichts an Deutlichkeit vermissen. Der Iran sei nicht nur eine Bedrohung für Israel, sondern „für die demokratischen Länder dieser Erde“, sagte sie. Teheran habe „eine rote Linie überschritten“. Es sei völlig inakzeptabel, dass Präsident Mahmoud Ahmadinejad „die Geschichte verbiegt und verfälscht und den Holocaust in Frage stellt“, betonte Merkel.

Im Namen Deutschlands “tief beschämt”

Deu deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat beim Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem die besondere Beziehung der Bundesrepublik Deutschland zu Israel betont. „Ich bin tief beeindruckt und auch im Namen Deutschlands mit tiefer Scham erfüllt“, sagte Merkel am Montag in Jerusalem. „Diese Beziehungen werden immer besondere Beziehungen in Erinnerung an die einzigartigen Vorgänge bleiben“, sagte sie. Die Regierungschefin bedauerte, dass es so wenig Hilfe für die Opfer des Holocaust gab.

In einer Zeremonie in der „Halle der Erinnerung“ entzündete Merkel eine Mahnflamme und legte einen Kranz nieder. Zuvor hatte sie das im vergangenen Jahr eröffnete Museum der Gedenkstätte besucht. In das Gedenkbuch schrieb sie ein Zitat von Wilhelm von Humboldt: „Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“. Anschließend pflanzte die Kanzlerin im Wald der Nationen einen Baum. Sie zeigte sich am zweiten und letzten Tag ihres Nahost-Besuchs dankbar und bewegt. Merkel sagte: „Es ist ein schönes und freundschaftliches Zeichen: Mit dem Pflanzen eines Baumes möchte ich meine Verbundenheit mit dem Staat Israel ausdrücken und meine Hoffnung und meinen aufrichtigen Wunsch für eine friedvolle und gute Zukunft.“

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