Negative Reaktionen aus dem eigenen Umfeld können bei stotternden Menschen für Angst- und Schamgefühle sorgen. Bei einer Kinovorstellung des Spielfilms “The King’s Speech” um den stotternden britischen König dringen diese Gefühle bei der im Film nur Birgit genannten Gohlke wieder an die Oberfläche.
Statt sich dem jedoch auszuliefern, beschließt sie, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen, weitere Betroffene zu finden und sich schlussendlich damit zu versöhnen. Auf der Suche nach Erfahrungsberichten unterhält sie sich im Plauderton mit anderen und erzählt ihre eigene Geschichte. Das Ergebnis ist ein Dokumentarfilm, der zwar filmische Schwächen aufweist, aber ehrlich und authentisch wirkt.
Mithilfe verschiedener Persönlichkeiten in unterschiedlichen Lebenssituationen wird ein umfassendes Bild des Phänomens Stottern gezeichnet. Da gibt es den singenden Schüler Benedikt, der mit seiner Sprechstörung souverän umgeht, oder Volker, der im Alter von 46 Jahren wieder eine Sprachtherapie beginnt. Sie werden an ihren Arbeitsplätzen, in ihrem Zuhause, während diverser Therapiesitzungen gefilmt. Dabei sprechen sie über ihren Alltag, ihre Kindheit, die durch ihr Stottern verursachten Probleme und ihre Tricks im Umgang damit. Über Jahre hinweg wurden sie so von der Kamera begleitet. Auf Mitleid und Pathos wird weitgehend verzichtet.
Mein Stottern – Die Handlung und Kritik
Am Ende, so will der Film deutlich machen, sind Stotternde gewöhnliche Menschen. Durch die filmische Normalisierung der Sprechstörung verliert sie auch die ihr anhaftenden Stigmata sowie den für Außenstehende unangenehmen Beigeschmack. Für Betroffene zeigt der Film auf, dass es sowohl verschiedene Strategien zur Bewältigung als auch andere Menschen gibt, die mit dem Problem kämpfen. Für Nicht-Stotternde eröffnet er indes einen neuen Einblick ins Thema. Hier profitiert der Film vor allem durch die Aufnahmen des Schauspielers Alexander, der für eine Rolle glaubhaftes Stottern erlernen will.
Während der Inhalt überzeugt, wirkt das Endprodukt allerdings filmisch unausgereift. Weil Gespräche oft in ihrer Gesamtheit gezeigt werden, kommt wenig Dynamik auf; auch von einer großzügigeren Anwendung des Soundtracks hätte er profitiert. Die Protagonisten lässt Gohlke meist bis auf einige Zwischenfragen frei sprechen. Ihre Geschichten scheinen so nicht nach einem bestimmten Schema erzählt, was ein wenig chaotisch wirken kann. Betrachtet man den Film aber als das, was er ist – die liebevolle und ernsthafte Behandlung einer Nischenthematik – so ist er definitiv sehenswert.
(APA)