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„Megalomanie“: Kaiser plante gigantischen Ausbau der Hofburg

Das Projekt war eines der letzten Experimentierfelder höfischen Bauens - Geplantes Badezimmer für Kaiserin Elisabeth hatte Ausmaße einer Wohnung!

Wien (APA) – Nicht oder nur teilweise verwirklichte Pläne über einen weiteren Ausbau der Wiener Hofburg sind für Historiker und Kunstgeschichtler nicht viel weniger interessant als das heute bestehende Gebäude und seine Einrichtungen selbst. Bei der Analyse von Plänen zum nie vollendeten „Kaiserforum“ stießen die Wissenschafter auf eine „Megalomanie“ in bis dahin ungekanntem Ausmaß, berichtete Werner Telesko von der Kommission für Kunstgeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) anlässlich einer Tagung im Gespräch mit der APA. Der noch bis Sonntag dauernde und von der Kommission in Wien organisierte internationale Kongress trägt den Titel „Die Wiener Hofburg und der Residenzbau in Mitteleuropa im 19. Jahrhundert“.

Als „letztes Experimentierfeld höfischen Bauens“ in Europa gelten in Fachkreisen die geplanten und teilweise auch umgesetzten Erweiterungen der Wiener Hofburg unter Kaiser Franz Joseph zum sogenannten Kaiserforum. Dabei hätten die heute bestehenden Gebäude vom Leopoldinischen Trakt inklusive eines spiegelgleichen Flügels zur Neuen Burg über die Ringstraße bis zu den beiden Museen erweitert werden sollen.

Die Analyse von Entwürfen und Plänen zeige die Megalomanie der Vorhaben, und einen deutlichen Widerspruch zum bescheidenen Image Franz Josephs. Dass dem vorletzten Kaiser tatsächlich eine gewisse Bescheidenheit zu eigen war, lässt sich nach Ansicht von Telesko unter anderem damit belegen, dass es im gesamten Bereich der Hofburg kein monumentales Denkmal von ihm gibt und auch nie gab.

Es habe lange als Tugend der Habsburger und ihrer Kunstpolitik gegolten, eher die ruhmreichen Vorfahren ins richtige Licht zu stellen, als die eigenen Leistungen. Experten vermuten hinter dem Widerspruch Bescheidenheit einerseits und megalomane Planungen andererseits möglich Kompensationsversuche des langsamen Machtverlustes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Als Beispiel für die Dimensionen der geplanten Prachtbauten haben die Wissenschafter ein nie verwirklichtes Badezimmer für Kaiserin Elisabeth analysiert. Der Raum hat die Ausmaße einer mittelgroßen Wohnung, wird über eine riesige Doppelflügeltüre betreten und sollte über und über mit grotesken Malereien und Kacheln mit Figuren aus der antiken Mythologie bestückt werden.

Ob sich die Kaiserin darin wohl gefühlt hätte, bleibt offen, so Telesko. Aufgrund des repräsentativen Charakters fehlt dem Raum jegliche Intimität der alten Räumlichkeiten der Kaiserin.

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