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Markus Waldner neuer Herren-Renndirektor

Günter Hujara verabschiedet sich
Günter Hujara verabschiedet sich
Im alpinen Ski-Weltcup ist vor der WM-Saison eine Ära zu Ende gegangen. Der Deutsche Günter Hujara ist nach 23 Jahren und über tausend Events als Chef-Renndirektor der Herren zurückgetreten, sein Nachfolger heißt Markus Waldner. Der 51-jährige Südtiroler weiß, dass viel Arbeit auf ihn wartet. Auch Neuigkeiten wird es geben, Revolutionen aber noch keine, kündigte Waldner für seine erste Saison an.


Waldner ist für viele ein Unbekannter, dennoch aber bereits 25 Jahre im Skisport involviert. Nach eigener Rennlaufkarriere und einem Studium in Innsbruck arbeitete der aus Brixen stammende Magister der Sportwissenschaften acht Jahre als Coach in Italien und dockte 1997 beim Internationalen Skiverband (FIS) an. Zunächst als Europacup-Koordinator, dann als Verantwortlicher aller fünf Kontinentalcups.

Während bei den Damen Atle Skaardal geblieben ist, kommt bei den Herren mit Waldner ein fast durchwegs neues Funktionärs-Team zum Zug, dem auch der österreichische Ex-Abfahrts-Weltmeister Hannes Trinkl als Renndirektor für den Speed-Bereich (Abfahrt und Super-G) angehört. Es war Bedingung von Waldner, den neuen Weg mit einer schlagkräftigen “Mannschaft” anzugehen.

Bereits der erste Sommer war voller Gespräche und Recherchen. Die absehbaren Trends: Die Abfahrten sollen wieder mehr Richtung Spektakel (Stichwort: weitere Sprünge) gehen, die Rennen einheitliche Startzeiten bekommen, die Technikrennen kompakter (zwei kurze Finaldurchgänge) werden und die revolutionären Air Bags noch in diesem Winter kommen. Auch wenn die Umsetzung noch dauern wird, ist Waldner optimistisch. “Wichtig war, dass wir begonnen haben, zu diskutieren.”

Dass man den gründlichen Deutschen Hujara auch als “Oberlehrer” bezeichnet hat, ist Waldner bekannt. “Von mir wird man sich selbst ein Bild machen müssen”, reagierte er darauf mit Schmunzeln. “Ich habe meinen eigenen Charakter, und mir ist bewusst, dass ich erst zeigen muss, dass ich es kann.” Gleich bleiben werde aber die “gerade Linie”. Waldner: “Nicht diktatorisch, eher autokratisch. Ich werde gerne mit jedem diskutieren, entscheide am Ende aber selbst.”

Obwohl auch Waldner im Winter sehr viel Zeit auf den Rennpisten verbringen wird, kümmert er sich wie bisher Hujara auch um das “Produkt Skirennsport” an sich. Insbesondere den Weltcup. Die Herausforderungen sind zahlreich. Man konkurriert bekanntlich zunehmend mit anderen Sportarten um Zuschauer und Einschaltquoten, zudem ist der Alpinrennsport extrem wetteranfällig.

“Fußball oder Handball in der Halle tun sich nun mal leichter als wir in der freien Winternatur”, weiß auch Waldner, dass das Wetter des Skisports größte Herausforderung schlechthin ist. “Wir müssen mit der Natur leben und nicht gegen sie ankämpfen. Denn sie zeigt am Ende, wo es lang geht”, plädiert Waldner für Verständnis, “dass in unserem Sport nun mal jeder Läufer etwas andere Bedingungen hat”.

Selbst City-Events hätten keine Wettergarantie, siehe München. “Was wir tun können ist, Lösungen zu finden. Etwa verkürzte Rennen durchführen oder so gut vorbereitet sein, dass wir die kleinste Chance nützen können.” Angedacht sind künftig auch einheitliche Startzeiten. Waldner: “Jeder weiß, dass die Formel 1 um 14.00 Uhr und die Champions League um 20.45 Uhr beginnt. Bei uns ist hingegen noch etwas Chaos.”

Obwohl die Resonanz auf den Skisport vor allem in den Alpenländern nach wie vor sehr gut ist, ist man sich bei der FIS bewusst, dass es angesichts des immer älter werdenden TV-Publikums (Altersschnitt bei 45 bis 50 Jahren und darüber) neuer Formate bedarf, um junge Zuseher anzulocken. Das ist auch ein intensiver Wunsch der Fernsehanstalten.

So besteht etwa fallweise der Wunsch nach längeren Startintervallen, um Techniken wie Super-Zeitlupen präsentieren zu können. Oder der Bedarf, die Technik-Rennen “kompakter” abzuwickeln. Slalom und Riesentorlauf sollen nach einem traditionellen ersten (Qualifikations-)Durchgang mit zwei Läufen auf einem kürzeren Kurs als Halbfinale und Finale entschieden werden. Das Ganze soll inklusive Siegerehrung maximal 110 Minuten dauern. “Länger will der Zuschauer nicht vorm Kastl bleiben”, ist Waldner überzeugt.

Getestet wird dieses Format nun im Europacup. Das Finale könnte auch auf Schanzen-Ausläufen und damit in Stadtnähe und am Abend unter Flutlicht stattfinden. Garmisch etwa würde sich da aufdrängen. Klassische Events wie Kitzbühel oder Wengen werden aber nicht angetastet. “Die”, so Waldner, “funktionieren eh sehr gut.”

Ein großes Thema im Skirennsport ist auch für Waldner die Sicherheit, in diesem Bereich wird auch Hujara weiterhin für die FIS tätig sein. Hier verfolge man ein dreiteiliges Konzept. “Zuerst müssen wir alles tun, damit es erst gar nicht zum Sturz kommt. Wenn doch, sollen die Sturzräume (Crashing Zone) möglichst groß sein, erst dann kommen die Abfangzäune.” Bei letzterem sieht Waldner den Skirennsport aber in einer Vorreiterrolle. “Motorrad-Rennen sind bei weitem nicht so gut abgesichert. Unsere Air Fences werden dort jetzt erst eingesetzt.”

Wie im Motorradsport können künftig auch Skirennläufer Air Bags tragen. Diese aufblasbaren (Dainese-)Sicherheitswesten werden unter dem Rennanzug getragen und blasen sich innerhalb Hundertstelsekunden auf, wenn der eingebaute Algorithmus einen Sturz signalisiert. Spätestens bei der Gröden-Abfahrt sollen die im Vorwinter bereits im Training getesteten Air Bags, die Hals, Schulter, Nacken, Brust und Rücken schützen, ihre Renn-Premiere feiern.

Der nächste Sicherheitsschwerpunkt werde der Bereich Knie sein, so Waldner, denn dort passieren die meisten Verletzungen. Die Ski werden aber in der vierjährigen Periode bis Olympia 2018 nicht verändert, damit bleibt der 35-m-Radius im Riesentorlauf.

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