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Kuffner Sternwarte in Wien-Ottakring feiert 125-jähriges Jubiläum

Die Kuffner Sternwarte am Wilhelminenberg in Ottakring
Die Kuffner Sternwarte am Wilhelminenberg in Ottakring ©Wikimedia Commons / H. Raab/Vesta
Spitzenforschung an der Wende zum 20. Jahrhundert, allmählicher Verfall in der Zeit der beiden Weltkriege und der Nachkriegszeit, die Rettung durch einen Freundes-Verein und die Stadt Wien, Volksbildung und die "Rettung des Nachthimmels" als aktuelle Aufgabe der Kuffner Sternwarte - das Observatorium in Ottakring blickt auf ein bewegtes Schicksal zurück.

125 Jahre steht sie schon auf dem Wiener Wilhelminenberg – die Kuffner Sternwarte in Wien-Ottakring. Der runde Geburtstag wird am Donnerstag (13. September) mit einer Jubiläumsfeier mit “Offener Sternwarte”, Führungen zu den historischen Teleskopen und Vorträgen gewürdigt.

Die Anfänge der Kuffner Sternwarte

Moriz von Kuffner besaß Fabriken und Brauereien in Österreich, Mähren und Ungarn, unter anderem die Ottakringer Brauerei, die sein Vater gegründet hatte. Nebenher hatte er Zeit und Geld für Hobbys wie Astronomie. 1883 gründete er eine Sternwarte, die 1884 bis 1886 auf seinen Gründen am Wiener Wilhelminenberg gebaut und mit vier edlen Teleskopen bestückt wurde. 1887 wurde der wissenschaftliche Betrieb aufgenommen. Nicht unbeteiligt daran war der Astronom Norbert Herz von der Technischen Hochschule in Wien, der ab 1886 der erste wissenschaftliche Leiter der Kuffner Sternwarte war.

In den folgenden Jahren bis zum Ersten Weltkrieg vermaßen die Astronomen der Sternwarte den Sternenhimmel und Astrophysiker erkundeten die Natur der Gestirne. Der wohl bedeutendste davon, Karl Schwarzschild, entwickelte am “Großen Refraktor” eine Methode, um aus fotografischen Aufnahmen der Sterne ihre Helligkeit zu ermitteln. Der “Große Refraktor” ist ein Linsenfernrohr mit 27 Zentimeter Linsendurchmesser. Wie alle Instrumente der Sternwarte wurde er detailgetreu restauriert und ist heute einsatzfähig. Bei Führungen kann man mit diesem Fernrohr den Sternenhimmel beobachten, wie es die Astronomen vor über 100 Jahren taten, sagt der Astrophysiker Michael Feuchtinger, Leiter von Planetarium, Kuffner und Urania Sternwarte der Wiener Volkshochschulen, gegenüber der APA.

Technische Fortschritte

Mit dem Heliometer wurden auf der Kuffner Sternwarte die Abstände von Fixsternen gemessen. Im Jahr 1910 waren von 16 von 108 bekannten Fixsternen in Wien vermessen worden. Das besondere am Heliometer sei, dass die Sammellinse in der Mitte auseinander geschnitten ist – man kann die Teile gegeneinander verschieben und dadurch über sogenannte Parallaxen kleine Winkel am Sternenhimmel messen, erklärte Feuchtinger.

Der Meridiankreis ist ein in Richtung der Mittagslinie ausgerichtetes Teleskop. “Damit kann man die Meridiandurchgänge von Sternen messen und damit ihre Position bestimmen”, so Feuchtinger. Dies sei auf der Kuffner Sternwarte auch intensiv genutzt worden. 1890 bis 1904 wurde damit die Position von 8.468 Sternen vermessen. Unterstützt wird er vom sogenannten Vertikalkreis, mit dem man die Änderungen der Polhöhe messen und damit die Schwankungen der Erdachse bei der Sternposition berücksichtigen kann, erklärte er.

Ein Observatorium im Wandel der Zeit

Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die Sternwarte geschlossen. 1938 musste Kuffner, als Jude von den Nazis bedroht, mit seiner Familie in die Schweiz flüchten, wo er 1939 starb. 1947 wurde die Sternwarte als Institut der Volksbildung wiedereröffnet. Sie wurde der Familie Kuffner 1950 rückübertragen und an eine Baugenossenschaft verkauft, die angeblich Pläne hatte, die Sternwarte abzureißen und stattdessen einen Wohnblock zu errichten. Doch die Familie Kuffner hatte eine Klausel in den Kaufvertrag gebracht: Wenn in dem Gebäude eine Organisation Astronomie betreiben will, muss ihr das erlaubt werden, erklärte Günther Wuchterl, Vorsitzender des Vereins Kuffner Sternwarte, der APA.

Als sich die Volksbildung in den frühen 1980er Jahren dazu nicht mehr in der Lage sah, weil das Gebäude mehr und mehr verwahrloste, gründeten die Mitarbeiter der Kuffner Sternwarte einen Verein. “Die Strategie war, viele Besucher anzulocken und die Stadt zu überzeugen, dass die Kuffner Sternwarte eine Sehenswürdigkeit und eine denkmalzuschützende Sache ist”, so Wuchterl. Dies gelang, die Stadt kaufte die Sternwarte 1987 und renovierte in den folgenden Jahren zuerst das Gebäude, dann wurden die Instrumente originalgetreu restauriert. 1995 begann der neue Führungs- und Bildungsbetrieb durch die Volkshochschule, die sie heute gemeinsam mit dem Verein Kuffner Sternwarte betreibt.

Führungen in der Sternwarte

Die Volkshochschule bietet an der Sternwarte Führungen zu speziellen Themen an, aktuell etwa über: Maya und warum die Welt Ende 2012 (wahrscheinlich) nicht untergeht. “Außerdem gibt es Führungen zu klassischen astronomischen Themen wie Sternbilder, Rote Riesen, Schwarze Löcher und Exoplaneten”, so Feuchtinger. Hauptpublikum seien Familien mit Kindern, Schulklassen und Kindergärten.

Der Verein Kuffner Sternwarte lädt vier Mal in der Woche zur “offenen Sternwarte” und misst an der Sternwarte in Ottakring die Helligkeit der Nacht, um den Sternenhimmel zu retten. Man will das Fortschreiten der sogenannten Lichtverschmutzung messen und dokumentieren. “Lichtverschmutzung ist nicht nur blöd für Astronomen, sie ist wahrscheinlich auch gesundheitsschädlich und ganz sicher eine Energieverschwendung”, so Wuchterl, der hauptberuflich an der Thüringer Landessternwarte forscht, zu dem Phänomen, das in der Kuffner Sternwarte untersucht wird.

(apa/red)

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