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Krise in Venezuela - Inflation von 600 % führt zu Nahrungsmittelmangel

Kolumbien hatte seine Grenzen geöffnet, damit Venezolaner einkaufen konnten
Kolumbien hatte seine Grenzen geöffnet, damit Venezolaner einkaufen konnten ©AP
Schlangen, Schlangen, Schlangen. Die Menschen, die in Venezuela für Brot, Milch und Medikamente stundenlang anstehen, sind die Gesichter der beispiellosen Krise im Land mit den größten Ölreserven der Welt. Aber es gibt auch gut verdienende Profiteure des Versorgungsdramas.

“Es gibt tausende Bachaqueros”, sagt Bryan. Das Wort heißt übersetzt Schwarzmarkthändler. Bryan arbeitet als Verkaufsagent für Kinderkleidung, er verdient damit 60.000 Bolivares im Monat, nach dem Schwarzmarktkurs sind das rund 60 US-Dollar (54,48 Euro). Nun verdient er 200.000 Bolivares zusätzlich, dank des Schwarzmarktes.

Höchste Inflation der Welt

Treiber für diese Schattenwirtschaft ist die Inflation, die höchste der Welt. Es fehlt zudem wegen des Rückgangs der Einnahmen aus dem Erdölgeschäft an harten Devisen wie dem Dollar, um Produkte einführen zu können. Die Inflation liegt bei über 600 Prozent.

Eigentlich müsste hier kaum jemand hungern, aber die Inflation hat sich zum echten Hungertreiber entwickelt. Viele Venezolaner haben kein Geld für Schwarzmarktkäufe – oder ihnen ist eine Betätigung als Schwarzmarkthändler zu riskant.

In Zeiten des Erdölbooms und hoher Einnahmen setzte das Land mit den größten Reserven der Welt auf den Import von Gütern, statt stärker die Produktion im Inland anzukurbeln. Das rächt sich nun. Es mangelt an Reis, Zucker, Mehl, Speiseöl, Milch, Seife und Toilettenpapier.

In den Supermärkten gibt es fast keine Nahrungsmittel mehr

Vor den Supermärkten gibt es lange Schlangen – aber drinnen wenig zu kaufen. Selbst das Einkaufen ist für die Bürger rationiert: Mittwochs zum Beispiel ist die Nummer 4 dran.

Die Endnummer auf dem Ausweis entscheidet, wer wann etwas kaufen darf in einem Supermarkt. Ob Brot, Mehl oder Milch auch im Ladenregal steht, ist die andere Sache. Jeden Tag kommt es zu Plünderungen in dem Land, gerade wenn neue Lastwagen mit Lebensmitteln eintreffen.

Sogar Coca Cola musste Produktion einstellen

“Ich bin um 4.00 Uhr aufgestanden, seit 6.30 Uhr stehe ich hier, sagt Leonardo Correa. Der Fensterbauer ist aus dem Armenviertel Petare ins Zentrum von Caracas gekommen. Außer an Getränken und Alkoholika gibt es aber auch hier im Supermarkt Mangel an fast allem. Was er braucht? “Mehl, Reis, Öl, Milch, Zucker.” Wegen Zuckermangel musste sogar Coca Cola die Produktion zeitweise in Venezuela stoppen.

Anstehen bedeutet kein Geld verdienen

“Ich werde wieder bis 18.00 Uhr hier den ganzen Tag stehen und ohne was nach Hause gehen.” Er verdient rund 1.000 Bolivares  am Tag, aber Tage in der Schlange sind Tage ohne Lohn. Der Kühlschrank ist spärlich gefüllt. “Wir essen vor allem Yuca, Bananen und Sardinen.” Milch habe es seit Monaten nicht mehr gegeben, der Liter koste umgerechnet fünf Dollar auf dem Schwarzmarkt, ein Drittel eines Monatsmindestlohns.

(APA/dpa/red)

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