Die Wiener Ärztekammer hat am Montag die Aussagen von Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karlheinz Kopf, wonach es in Wien ein Überangebot an Kassenarztstellen gibt, zurückgewiesen. Tatsächlich sei sogar ein Bedarf an mehr Kassenplanstellen vorhanden, versicherte Johannes Steinhart, Vizepräsident und Obmann der Kurie der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer, in einer Aussendung.
Steinhart machte dafür vor allem den Großstadtfaktor in der Bundeshauptstadt verantwortlich. Studien hätten ergeben, dass Wien bei praktisch allen relevanten Krankheitsbildern teilweise deutlich höhere Krankheitsraten als in Restösterreich aufweise. Dies betreffe Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs, Aids und Diabetes genauso wie Depressionen oder Drogensucht.
Obwohl Wien auf diese Datenlage schon in der Vergangenheit reagiert habe und tatsächlich eine höhere Ärztedichte als Restösterreich aufweise, gebe es nach wie vor Nachholbedarf – auch im internationalen Vergleich. Laut Steinhart betrifft dies nicht nur die Zahl an niedergelassenen Kassenärzten, sondern auch das Verschreibeverhalten bei Medikamenten.
Bei den aktuellen Verhandlungen mit der Wiener Gebietskrankenkasse hat die Wiener Ärztekammer 80 neue Facharztstellen zur Bildung von Gruppenpraxen gefordert, wie Steinhart betonte. Vor allem die Bereiche Kinderpsychiatrie und Nuklearmedizin sind den Ärzten hier ein besonderes Anliegen, da Wien in diesen Fächern mit niedergelassenen Kassenvertragsärzten komplett unterversorgt sei. Für Steinhart ist daher die Forderung Kopfs nach noch weniger Kassenplanstellen der blanke Wahnsinn.
Kopf hatte im Gespräch mit der Presse auch gefordert, dass die Stadt Wien das Hanusch-Krankenhaus übernehmen solle. Das Spital steht im Eigentum der Wiener Gebietskrankenkasse. Zudem sprach sich Kopf dafür aus, mit weiteren Verhandlungsrunden zwischen Ärztekammer und Kasse bis zum Vorliegen des Rechnungshof-Rohberichtes über die Kassen-Gebarung zu warten.