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Kommen Einschränkungen der Mindestsicherung in Salzburg?

Knapp 8.500 Menschen in Salzburg beziehen aktuell Mindestsicherung.
Knapp 8.500 Menschen in Salzburg beziehen aktuell Mindestsicherung. ©APA/Gindl/Themenbild
Die Idee, die Mindestsicherung zu beschränken, ist in Salzburg angekommen. Die FPÖ kündigte am Sonntag einen entsprechenden Antrag im Landtag an. Wie wahrscheinlich ist es, dass sie eine geringere Mindestsicherung durchsetzen und was wären die Folgen? Wir sind den brennendsten Fragen nachgegangen.
So funktioniert Mindestsicherung
BMS in den Ländern
OÖ kürzt auf 520 Euro
Haslauer will reduzieren
Usermeinungen zur Kürzung
Infos zur Mindestsicherung

Auf den politischen Weg gebracht wurden Einschränkungen bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) in Ober- und Niederösterreich. Einmal geht es um eine Kürzung, das andere Mal um eine Deckelung. Die Schwarz-Blaue Landesregierung hat am 16. Juni eine Kürzung der Mindestsicherung für anerkannte Flüchtlinge beschlossen. Statt des bisherigen Grundbetrages von 914 Euro gibt es für Asylberechtigte nur noch 520 Euro. Niederösterreichs Landeschef Erwin Pröll (ÖVP) drängt indes darauf, die Mindestsicherung bundesweit für Familien mit 1.500 Euro zu deckeln – egal wie viele Kinder in der Familie sind. Auch unsere Politiker beschäftigen sich mit Ideen, das Salzburger Modell der Mindestsicherung abzuändern.

So stehen die Salzburger Parteien zur Mindestsicherung

Eine Deckelung der Mindestsicherung in Salzburg nach niederösterreichischem Vorbild sei für Salzburg nicht geplant, so Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne) gegenüber SALZBURG24. In Salzburg würde eine Obergrenze bei 1.500 Euro schon eine Familie mit zwei Kindern betreffen. Eine Kürzung der Mindestsicherung für anerkannte Flüchtlinge wie in Oberösterreich hält Schellhorn für einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, wie er in einem ZiB2-Interview meinte. Laut der Flüchtlingskonvention ist eine Ungleichbehandlung zwischen Staatsbürgern und anerkannten Flüchtlingen nicht erlaubt.

FPÖ will Mindestsicherung auch für Familien beschränken

Die Salzburger FPÖ ist da anderer Ansicht. Dort will man, dass Kürzungen bei anerkannten Flüchtlingen nach oberösterreichischem Vorbild auch in Salzburg kommen. Auch eine Deckelung für Familien hält man für sinnvoll. Durch Synergieeffekte in Wohngemeinschaften könnten Familien durchaus mit 1.500 Euro auskommen, meinte Landesparteisekretärin Marlene Svazek. „Ohne Kürzungen wird das Sozialsystem nicht mehr finanzierbar“, so Svazek weiter. Svazek kündigte am Sonntag per Aussendung an, einen entsprechenden Antrag im Landtag einzubringen.

Ganz neu ist der politische Wunsch nach Einschränkungen auch in Salzburg nicht. Karl Schnells FPS brachte einen Antrag für eine Kürzung der Mindestsicherung bei Asylberechtigten schon im Februar ein – er wurde abgelehnt. Die FPS forderte verpflichtende Deutschkurse und eine österreichweit einheitliche Lösung für die BMS.

FPÖ und ÖVP machten aus der Mindestsicherung ein Flüchtlingsthema.APA/Gindl/Themenbild
FPÖ und ÖVP machten aus der Mindestsicherung ein Flüchtlingsthema.APA/Gindl/Themenbild ©FPÖ und ÖVP machten aus der Mindestsicherung ein Flüchtlingsthema.APA/Gindl/Themenbild

Rot und Schwarz wollen andere Wege gehen

Wie die Grünen ist die ÖVP gegen pauschale Kürzungen und Deckelungen. Damit würden sich die Probleme nur in andere Bereiche verschieben, so Sozialsprecherin Daniela Gutschi. Allerdings will die Volkspartei mehr Gebrauch von dem bestehenden Recht machen, bei Arbeitsunwilligkeit die Beihilfe zu kürzen. Auch eine etwaige Verweigerung von Deutschkursen als Kürzungsgrund bei der Mindestsicherung anzuführen, sei „zu überlegen“. Das hatte auch Landeshauptmann Wilfried Haslauer schon ins Treffen geführt. Auch die SPÖ lehnt sowohl eine Deckelung als auch Kürzungen ab. „Ein Vorschlag der Salzburger SPÖ ist aber, Alleinerziehende mit ein oder zwei Kindern besser zu unterstützen, diese dann aber für weitere Kinder zu senken“, meinte der Landesparteivorsitzende Walter Steidl. Familien mit mehr Kindern würden so weniger Mindestsicherung erhalten. Das wird ohnehin durch die Geschwisterstaffelung und den Mehrkindzuschlag der Familienbeihilfe ausgeglichen. Steidl denkt auch an, die finanziellen Leistungen der BMS auf Sachleistungen umzustellen.

Neos: Residenzpflicht für anerkannte Flüchtlinge

Wie steht es um die anderen Parteien? Neos-Sozialsprecher Sebastian Huber lehnt ein Zwei-Klassen-System mit Kürzungen nur für Asylberechtigte strikt ab. Er will aber eine österreichweit einheitliche Regelung der Mindestsicherung und plädiert für eine Residenzpflicht. Das würde bedeuten, dass anerkannte Flüchtlinge nicht aus dem Bundesland wegziehen dürfen, in dem sie Mindestsicherung beziehen. So will man Planungssicherheit schaffen. Auch Team-Stronach-Landesobmann Helmut Naderer hat eine Meinung zur Mindestsicherung. Er steht dabei im Wesentlichen auf FPÖ-Linie.

Liegen Leute in der Mindestsicherung auf der faulen Haut?

Wer Mindestsicherung bekommt, muss Arbeitsbereitschaft zeigen. In Salzburg wird hier streng kontrolliert, betonte Heinrich Schellhorn. Wer nicht mit dem Arbeitsmarktservice kooperiert und etwa Jobs unbegründet ablehnt, dem wird die Mindestsicherung auf bis zu 50 Prozent gekürzt. In etwa zehn Prozent der Fälle passiert das auch. Durch Freibeträge werden bei Jobs bis 20 Stunden 75 Euro und bei Anstellungen über 20 Stunden 150 Euro nicht mit der Mindestsicherung gegengerechnet. Man verdient diese Beträge also zusätzlich zur BMS. Das soll ein zusätzlicher Anreiz sein, Jobs anzunehmen. Auch einer Erhöhung des Freibetrages steht Schellhorn offen gegenüber: „Das kann man diskutieren.“

Wie viel Geld können die Einschnitte sparen?

Wie groß das Sparpotenzial der Beschränkungen ist, weiß niemand so genau. Marlene Svazek spricht von 20 Millionen Euro möglicher Ersparnis pro Jahr in Salzburg. Das allein durch die Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtige auf 520 Euro monatlich und ohne eine Deckelung für Familien. Bei jährlichen Gesamtausgaben für die Mindestsicherung von 40 Millionen Euro und einem aktuellen Grundbetrag von knapp 840 Euro gingen sich 20 Millionen Euro Ersparnis auch dann nicht aus, wenn alle Mindestsicherungsbezieher anerkannte Flüchtlinge wären (tatsächlich sind es nach einer Schätzung für 2016 etwa ein Drittel). Heinrich Schellhorn hält die Berechnungen der FPÖ ohnehin für „absolut unseriös“. Man könnte diese Zahlen für die Zukunft ohnehin kaum abschätzen, sondern nur rückwirkend berechnen. Die wahren Ersparnisse würden auf jeden Fall weit unter den von der FPÖ kolportierten 20 Millionen Euro sein.

Wie würden sich Einschnitte bei der Mindestsicherung auswirken?

Fällt bei den Ärmsten unserer Gesellschaft ein Teil der Mindestsicherung als Einkommensquelle weg, würden andere Formen der Existenz-Sicherung gesucht, ist Caritas-Sprecherin Margit Greisberger überzeugt. Konkret würde das bedeuten, dass Menschen mehr auf die Unterstützung von Hilfsorganisationen angewiesen sind. Oder, dass sie die einzigen Einkommensmöglichkeiten in der Illegalität suchen. Das Problem würde also nur verschoben.

BMS: Kommen Einschränkungen in Salzburg?

Ziel sei es, so der grüne Soziallandesrat Schellhorn, dass Menschen rasch wieder in die Arbeitswelt zurückkehren und „möglichst schnell wieder selbstständig werden“. Und dabei ist der grüne Landesrat tatsächlich auf einer Linie mit der Salzburger FPÖ. Dass die Freiheitlichen mit ihrem Antrag auf Einschränkungen der Mindestsicherung durchkommen, ist trotzdem unwahrscheinlich, denn der Großteil der Parteien ist gegen Einschränkungen.

(SALZBURG24)
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