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Köpferollen nach Pannenserie bei Zentralmatura - Zukunft des Bifie offen

BM Gabriele Heinisch-Hosek während einer PK zu "Neue Reifeprüfung und Bifie" am Donnerstag
BM Gabriele Heinisch-Hosek während einer PK zu "Neue Reifeprüfung und Bifie" am Donnerstag ©APA/ Schlager
Die Pannen rund um die Zentral-Matura haben im Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) ein Köpferollen zur Folge. Die beiden Direktoren Martin Netzer und Christian Wiesner ziehen sich zurück. Eine komplette Schließung des Bifie ist für Bildungsministerin Heinisch-Hosek (SPÖ) allerdings kein Thema. "Das Bifie bleibt, aber in einer anderen Form", so Heinisch-Hosek bei einer Pressekonferenz am Donnerstag.

Ob das Institut auch künftig die Zentralmatura durchführen wird, steht aber noch nicht fest. Fix ist, dass die Bifie-Direktoren das Feld räumen.

Generalprobe: Taskforce analysiert “gravierende Fehler”

Die ab 2015 an den AHS und ab 2016 an den berufsbildenden höheren Schulen (BHS) anstehende flächendeckende Umsetzung der neuen Reifeprüfung steht für die Ministerin außer Frage. “Man darf das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.” Es sei klar, dass bei der heurigen Generalprobe “gravierende Fehler” passiert seien: “Die gilt es jetzt zu analysieren und im nächsten Jahr zu minimieren oder noch besser gar nicht passieren zu lassen.”Eine interne Expertengruppe des Ministerium werde nun prüfen, welche Fehler passiert seien. Diese Taskforce soll in einem Monat einen Abschlussbericht vorlegen, so Heinisch-Hosek. Dafür werde wieder der TÜV Austria herangezogen, der bereits die Datensicherheit beim Bifie prüft.

Bifie-Direktoren erst seit dem Vorjahr im Amt

Die Direktoren Martin Netzer und Christian Wiesner sind nun offenbar dem Druck auf das Institut gewichen. Den beiden war keine lange Amtszeit vergönnt. Sie waren erst im April vergangenen Jahres von Heinisch-Hoseks Vorgängerin Claudia Schmied (SPÖ) angetreten und hätten ihre Funktionen eigentlich fünf Jahre ausfüllen sollen. Netzer, einst Kabinettschef der früheren ÖVP-Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP), war dabei der Verantwortliche für die Zentralmatura.

Netzer und Wiesner gehen bis Ende Juli

Der Vertrag mit den beiden Bifie-Direktoren Martin Netzer und Christian Wiesner werde einvernehmlich mit Ende Juli beendet, bekräftigte Heinisch-Hosek. Damit solle das Bifie vor weiterem Schaden und Imageverlust bewahrt werden. Anschließend werde aus dem Ministerium eine interimistische Führung bestellt. Netzer habe ein Rückkehrrecht ins Ministerium, Wiesner in sein Institut. Details der Vertragsauflösung habe man noch nicht besprochen.

“Weniger Elfenbeinturm, mehr Praxistauglichkeit”

“Es wird aber auch eine Neuausrichtung des Bifie geben”, kündigte die Ministerin eine Organisationsreform des Instituts an. Dieser Prozess werde im Sommer gemeinsam mit dem Bifie-Aufsichtsrat, den Schulpartnern sowie Experten vor allem aus dem Inland, zum Teil aber auch aus dem Ausland gestartet. “Wir müssen analysieren, wie es mit der Bildungsforschung in Österreich überhaupt weitergeht.” Viele hätten den Eindruck, es werde nur mehr getestet und kontrolliert. “Die Bildungsforschung braucht mehr Bodenhaftung in Österreich.” Sie wolle “weniger Elfenbeinturm und mehr Praxistauglichkeit”. Bis Herbst soll dann eine Stärken-Schwächen-Anaylse stehen.

Bifie-Redimensionierung noch nicht fix

Die von ihr zuletzt angekündigte Redimensionierung des Bifie ist dabei noch nicht fix, so Heinisch-Hosek: “Ich habe das angedacht, das wird aber nicht von mir alleine entschieden.” Eine Verschlankung sei möglich, werde aber gemeinsam mit den Stakeholdern entschieden.

Keine komplette Reintegration ins Ministerium

Ein neues Bifie-Gesetz könne sie außerdem nicht alleine beschließen, so die Ministerin. Dieser Prozess werde heuer vorbereitet und vermutlich 2015 abgeschlossen. Durchaus vorstellen kann sie sich dabei, dass künftig nur mehr ein Direktor das Institut leiten wird. Eines sei aber klar: Eine komplette Reintegration des Bifie ins Ministerium werde es nicht geben. “Ich stehe dazu, dass Bildungsforschung von einem eigenen Institut durchgeführt wird.”

Welche Aufgaben künftig vom Ministerium durchgeführt werden und welche vom Bifie, werde von dem Lenkungsausschuss geklärt: “Es kommen aber sicher nicht alle Agenden ins Ministerium.”

Wiener Lesetest: Stadtschulrat beendet Zusammenarbeit 

Die Entscheidung des Wiener Stadtschulrats, die Zusammenarbeit mit dem Bifie komplett aufzukündigen, falle in dessen Kompetenz, meinte die Ministerin: “Ich habe Vertrauen ins Bifie.” Kritik sei natürlich angebracht – “aber man kann einem Bildungsforschungsinstitut vertrauen”.

Zentralmatura: Gleich drei Pannen im Testlauf

Der Testlauf zur Zentralmatura war von gleich drei Pannen begleitet worden. Den Anfang nahmen die Probleme damit, dass der Notenschlüssel bei der Englisch-Matura nach oben korrigiert wurde, konkret 63 Prozent statt der von Schülern erwarteten 60 Prozent korrekt absolviert werden mussten.

Weiter ging es bei der Mathematik-Reifeprüfung, als die Schüler an fünf Wiener AHS in ihren Mathe-Testheften nur acht statt 24 Aufgaben vorfanden. Schließlich kam auch noch die Deutsch-Matura in die Kritik, da nach Ansicht von Germanisten der ausgewählte Text “Die Schnecke” des Autors Manfred Hausmann als Pardonierung für Naziterror und Holocaust verstanden werden könnte.

Schon vor der Zentralmatura hatte das Bifie wegen eines vermeintlichen Datenlecks für Aufsehen gesorgt, in dessen Folge Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) Österreichs Teilnahme am nächsten PISA-Bildungsvergleichstest absagte.

Stichwort Bifie

Das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (Bifie) ist ein 2008 gegründetes Institut mit Departments in Wien, Salzburg und Graz. Es ist u.a. für Zentralmatura, Bildungsstandard-Testungen und die Abwicklung internationaler Bildungsstudien wie PISA zuständig und erstellt den alle drei Jahre erscheinenden nationalen Bildungsbericht.
Das Bifie ist aus mehreren dem Unterrichtsministerium unterstehenden Forschungsinstituten hervorgegangen und steht im Einflussbereich des Ressorts: Laut Bifie-Gesetz werden sowohl die beiden Bifie-Direktoren als auch die Mehrzahl des Aufsichtsrats und der wissenschaftliche Beirat vom jeweiligen Unterrichtsminister bestellt. Die Ausgliederung 2008 hat der Rechnungshof kritisiert: Es gebe dort zu viel Budget, zu viel Personal, zu wenig Kontrolle und zu wenig Effizienz.

Die einzelnen Departments widmen sich “Bildungsstandards und Internationalen Assessments”, der “Standardisierten kompetenzorientierten Reife- und Diplomprüfung” und der “Evaluation, Bildungsforschung und Berichterstattung”. Dazu kommt noch ein Department für Zentrales Management und Services.

(APA/red)

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