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"Klimt/Schiele/Kokoschka und die Frauen": Schau im Unteren Belvedere

In der Ausstellung "Klimt/Schiele/Kokoschka und die Frauen"
In der Ausstellung "Klimt/Schiele/Kokoschka und die Frauen" ©Eva Würdinger
Frauen spielen bei Gustav Klimt, Egon Schiele und Oskar Kokoschka eine zentrale Rolle. Diesem Umstand widmet das Untere Belvedere in Wien ab Donnerstag eine eigene Ausstellung, die sich neben der künstlerischen Perspektive auch Kontextualisierung auf die Fahnen geschrieben hat.
Eindrücke der Schau

Sexualität, Gesellschaft und “die Frauen”: Das Thema haben sie zwar gemein, den Blick richten sie aber aus einer ganz persönlichen Richtung auf ihr Motiv. “Klimt/Schiele/Kokoschka und die Frauen” sei grundsätzlich eine naheliegende Auseinandersetzung mit den drei österreichischen Künstlern. “Es ist erstaunlich, dass es eine solche Ausstellung noch nicht gegeben hat, sind Frauen doch ein zentrales Motiv für sie”, unterstrich Kuratorin Jane Kallir bei der Presseführung am Mittwoch.

Inhalt der Schau im Unteren Belvedere

Und vor allem die Art der Darstellung war zur Entstehungszeit etlicher der Werke keine alltägliche: Dem gesellschaftlichen Aufbruch Anfang des 20. Jahrhunderts, nicht zuletzt durch Einflüsse von Darwin oder Freud, war auch eine Neuorientierung betreffend der Geschlechterrollen geschuldet.

“Es gab viele harte Kämpfe für die Frauen des Bürgertums”, fügte Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco bei. “Wenn man sich überlegt, was Frauen vor 100 Jahren alles nicht durften. Hauptsächlich durften sie nämlich nichts.” Doch sukzessive veränderte sich dies und wurde ein neues Licht auf Frauen geworfen – wenngleich nicht ohne etliche kritische Stimmen. Was die Kunst betrifft, so gab es vor allem zwei vorherrschende Narrative: Die Frau als Madonna oder Hure. Diese Dichotomie wurde bei Klimt, Schiele und Kokoschka aufgebrochen. “So wurde etwa Mütterlichkeit mit Sexualität verwoben, was vorher als Tabu galt”, erläuterte Kallir.

Klimt, Schiele und Kokoschka: Zugänge unterschiedlich

Einen einheitlichen Zugang weisen die drei Malerfürsten allerdings nicht auf. Während Klimt in seiner typischen Manier die Frauen “verornamentisierte” und damit abstrahierte, wie es Kurator Alfred Weidinger beschrieb, gab es bei Schiele eine ganz andere Annäherung im Vergleich zu diesem “ästhetischen, sinnlichen Ansatz”. Er gestand seinen Modellen durchaus ihre sexuelle Autonomie zu. Und Kokoschka? “Der hat die Frauen sowieso nicht verstanden”, bemerkte Weidinger. Deutlich erkennbar werden diese Unterschiede bereits im ersten Raum der Schau, der verschiedene Porträts nebeneinander- und gegenüberstellt. “Klassische Genres wurden neu genutzt”, so Kallir.

Nun soll die bis 28. Februar laufende Ausstellung aber keineswegs nur eine Sammlung “schöner Bilder” sein, wie Weidinger zu verstehen gab. Nicht zuletzt die Frauenbewegung, deren wesentliche Station etwa in einem Zwischenraum angeführt sind, spiele für das Verständnis eine wesentliche Rolle. “Ohne diese Frage geht es nicht.” Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass sich Besucheransprüche in den vergangenen Jahren verändert hätten, weshalb Kontext und Erläuterung an Bedeutung gewonnen hätten. So gibt man einigen der Porträtierten “selbst eine Sprache”, lässt sie in Begleittexten bei ihren Bildern zu Wort kommen und über Entstehung des Werkes sowie aus ihrem eigenen Leben erzählen.

Ein Bildschirm als Ausgangspunkt

Ein besonderes Experiment hat wiederum einen überdimensionalen Bildschirm als Ausgangspunkt: Auf diesem sind nicht nur vier Videos zum Belvedere und der Schau aufzurufen, sondern soll in erster Linie eine Interaktion mit den Ausstellungsmachern Antworten auf mögliche Fragen geben. “Hier gibt es eine Konferenzschaltung in mein Büro”, erläuterte Weidinger. Immer dann, wenn sich der Vizedirektor des Belvedere dort befinde und Zeit für Gespräche habe, könne er eine Verbindung herstellen und von Besuchern befragt werden. “Oder ich spreche sie an”, fügte er hinzu.

Fragen könnte man sich wirklich einige stellen, schafft es die in vier Hauptthemen gegliederte Schau – neben Porträts noch (Liebes-)Paar, Mutter und Kind sowie Akt – doch in unterschiedlichster Weise, gesellschaftspolitische Aspekte der damals als “Frauenfrage” bezeichneten Thematik aufzugreifen. “Was man hier erkennt, ist die Reaktion der Künstler auf diese Entwicklungen”, sagte Nobelpreisträger Eric Kandel, der heute Abend auch anlässlich der Eröffnung der Ausstellung sprechen wird. “Klimt hatte beispielsweise vier Bände Darwins zuhause – und wer kann das schon von sich behaupten?” Kunst also im wechselseitigen Einfluss mit Gesellschaft und Wissenschaft.

Ausstellung “Klimt/Schiele/Kokoschka und die Frauen” von 22. Oktober bis 28. Februar 2016 im Unteren Belvedere, Rennweg 6, 1030 Wien. Täglich 10 bis 18 Uhr, Mittwoch 10 bis 21 Uhr.
Katalog zur Ausstellung, hrsg. von Agnes Husslein-Arco, Jane Kallir und Alfred Weidinger, Belvedere Eigenverlag, 240 Seiten, 36 Euro

 

(B I L D A V I S O – Pressebilder der Ausstellung stehen unter http://www.belvedere.at/de/presse zum Download bereit.) (Schluss) cig/har

(apa/red)

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