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Kinderporno-Affäre: Edathy entschuldigt sich und greift andere an

Sebastian Edathy ist sich weiterhin keiner Schuld bewusst.
Sebastian Edathy ist sich weiterhin keiner Schuld bewusst. ©AP
Brisanter Auftritt: Sebastian Edathy schildert seine Sicht auf die Kinderpornografie-Affäre, die die SPD durchrüttelt. Schwere Vorwürfe erhebt er gegen seinen SPD-Kollegen Hartmann und Ex-BKA-Chef Ziercke. Doch weiter steht Aussage gegen Aussage.
"Will keinen Rachefeldzug"

Der frühere SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy war nach eigener Darstellung ständig über die Kinderpornografie-Ermittlungen gegen sich informiert.

Edathy: “Bin laufend unterrichtet worden”

Sein Parteifreund Michael Hartmann sei persönlich vom damaligen BKA-Präsidenten Jörg Ziercke mehrfach über den Stand der Ermittlungen unterrichtet worden, sagte Edathy am Donnerstag bei seiner mit Spannung erwarteten Pressekonferenz in Berlin. Hartmann habe ihn dann mit Informationen versorgt: “Ich bin laufend unterrichtet worden, wo die Akte sich befindet.” Hartmann und Ziercke haben ähnliche Anschuldigungen Edathys vom Wochenende bereits zurückgewiesen.

Unter Berufung auf Angaben Hartmanns schilderte Edathy, dass Ziercke Schaden von der SPD – die vor Jahren bereits einen Kinderporno-Fall in ihren Reihen hatte – habe abwenden wollen. Ziercke habe gewollt, dass er (Edathy) im Bilde sei. Das sei durchaus bemerkenswert gewesen, weil Edathy als Chef des NSU-Untersuchungsausschusses sich mit Ziercke einige Gefechte geliefert hatte. Edathy sagte aber selbst, das seien nur Indizien. Ob diese ein überzeugendes Bild ergeben würden, müsse der Ausschuss klären. Er habe keine Belege gegen Ziercke in der Hand.

“Pädophil oder nicht – es geht Sie nichts an”

Der 45-jährige Edathy entschuldigte sich allgemein dafür, dass er viele Menschen enttäuscht habe, sieht sich rechtlich aber als unschuldig: “Ich habe sicher Fehler gemacht, aber es war legal”, sagte Edathy, der sich betont selbstbewusst gab. “Ob ich pädophil bin oder nicht – es geht Sie nichts an, was ich bin.”

Edathy muss sich ab Februar vor Gericht aber nicht wegen des bestellten Materials aus Kanada, sondern wegen des Herunterladens von Bildern und Filmen nackter Kinder eines russischen Anbieters verantworten. “Ich habe einen hohen Preis gezahlt für das, was ich gemacht habe”, meinte Edathy.

Edathy betonte, er wolle zur Aufklärung beitragen und nicht Rache an der SPD üben. Er wolle niemanden schaden und habe keinen Grund zu lügen. Er kündigte noch für Donnerstag die Veröffentlichung einer Eidesstattlichen Versicherung an, mit der er seine Angaben für den Untersuchungsausschuss des Bundestages untermauern wolle. Er werde seine “komplette elektronische Korrespondenz” zur Verfügung stellen.

SPD-Spitze in Schutz genommen?

Aus der SPD-Spitze sei er nicht gewarnt worden, betonte Edathy. Jedoch habe Hartmann in der Sache frühzeitig Kontakt zu den SPD-Spitzenleuten Thomas Oppermann und Frank-Walter Steinmeier gehabt. Der frühere SPD-Innenexperte Hartmann habe “von sich aus” das Gespräch mit Oppermann und Steinmeier gesucht. Auch die damaligen Büroleiter von Oppermann und Steinmeier seien informiert gewesen.

Zumindest Oppermann habe gewusst, dass Hartmann den Sachverhalt kannte, erklärte Edathy. Der heutige SPD-Fraktionschef Oppermann bleibt seit Monaten bei seiner Darstellung, in dem Gespräch Ende November mit Hartmann sei es nur über den schlechten Gesundheitszustand Edathys und nicht über die Ermittlungen gegangen.

Edathy sagte nun, er glaube, dass Oppermann mutmaßlich Hartmann unter Druck gesetzt habe, um ihm (Edathy) zu vermitteln, dass es der bessere Weg für alle wäre, “wenn ich meine politische Karriere beende.” Edathy hatte Anfang Februar sein Mandat niedergelegt. Kurz danach gab es eine Razzia bei ihm.

Oppermann hatte anschließend im Februar 2014 öffentlich gemacht, dass der damalige CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich SPD-Chef Sigmar Gabriel auf mögliche Ermittlungen gegen Edathy angesprochen hatte. Gabriel weihte Oppermann und den damaligen Fraktionschef Steinmeier ein.

Später korrigierte Oppermann seine Darstellung, BKA-Präsident Ziercke habe ihm diese Informationen in einem Telefonat bestätigt. Dieses hatte Ziercke bestritten. Der Fall hatte Friedrich den Ministerjob gekostet – was die schwarz-rote Koalition zum Start schwer belastete. (dpa/Tim Braune, Marco Hadem und Anne-Béatrice Clasmann)

Die Kinderpornografie-Affäre um Edathy

Die wichtigsten Daten zur Kinderpornografie-Affäre um den früheren deutschen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy:

7. Februar 2014: Edathy legt sein Bundestagsmandat nieder und nennt gesundheitliche Gründe.

10. Februar: Die Staatsanwaltschaft Hannover lässt Edathys Wohnungen und Büros durchsuchen, es fällt erstmals das Wort Kinderpornografie.

14. Februar: Agrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) tritt wegen der Edathy-Affäre zurück. Er hatte die SPD-Spitze im Oktober 2013 noch als Innenminister über den Pornografie-Verdacht informiert.

24. Februar: Die SPD leitet ein Parteiordnungsverfahren gegen Edathy ein.

2. Juli: Ein Bundestags-Untersuchungsausschuss zur Affäre startet.

17. Juli: Die Staatsanwaltschaft Hannover erhebt Anklage gegen Edathy wegen Besitzes von Kinderpornografie.

29. August: Das Bundesverfassungsgericht weist Edathys Verfassungsbeschwerde wegen der Durchsuchung seiner Räumlichkeiten zurück.

18. November: Das Landgericht Verden, das für Edathys Wohnort Rehburg-Loccum zuständig ist, gibt bekannt, dass der Prozess gegen ihn am 23. Februar 2015 beginnen soll.

18. Dezember: Edathy soll vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages als Zeuge aussagen.

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