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Kind via Internet zum Missbrauch angeboten: Prozess in Freiburg

Erstes in einer Reihe von Verfahren startet am Donnerstag.
Erstes in einer Reihe von Verfahren startet am Donnerstag. ©Symbolbild/APA
Der Kriminalfall, der vor drei Monaten bekannt wurde, brachte Ermittler an ihre Grenzen und geriet überregional in die Schlagzeilen. Nun sind Richter am Zug.
Schweizer in Vorarlberg festgenommen

Nach dem jahrelangen Missbrauch eines Neunjährigen im Raum Freiburg müssen sich insgesamt acht Verdächtige vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat in allen Fällen Anklage erhoben, wie ein Sprecher sagt.

Mehrere einschlägig vorbestrafte Angeklagte

Der erste Prozess beginnt an diesem Donnerstag (12. April/8.30 Uhr) vor dem Landgericht Freiburg, weitere Prozesse folgen in den kommenden Monaten. Mehrere der Angeklagten sind laut Anklage einschlägig vorbestraft.

Fall mit bisher nicht bekannten Dimensionen

Für Justiz und Polizei ist es ein Fall mit bisher nicht bekannten Dimensionen. “Wir haben es mit äußerst brutalen und menschenverachtenden Verbrechen zu tun”, sagte der Chef der Freiburger Kriminalpolizei, Peter Egetemaier, als seine Beamten Ende Jänner der Justiz den polizeilichen Abschlussbericht vorlegten.

Bub gegen Geld für Vergewaltigungen überlassen

Im Zentrum steht ein heute neun Jahre alter Bub aus Staufen bei Freiburg. Er wurde den Ermittlungen zufolge von seiner Mutter (47) und ihrem Lebensgefährten (39) in zahlreichen Fällen im Internet angeboten und Männern aus dem In- und Ausland mehr als zwei Jahre lang gegen Geld für Vergewaltigungen überlassen.

Eltern an zahlreichen Vergewaltigungen beteiligt

Gezahlt wurden von Männern jeweils bis zu mehrere Tausend Euro, sagt der Freiburger Staatsanwalt Michael Mächtel. Dafür bekamen sie den Buben auch für mehrere Tage. Sie reisten an, um sich an dem Kind zu vergehen. Der Kontakt zwischen der Familie des Buben und den Männern lief über das Internet, die Taten wurden gefilmt. Diese Aufnahmen sowie Fotos dienen nun als Beweise. Mutter und Lebensgefährte waren laut Polizei an zahlreichen Vergewaltigungen aktiv beteiligt.

“Die Art der Verbrechen, die Vorgehensweise der Täter sowie die Tatsache, dass eine Mutter ihr eigenes Kind verkauft und selbst misshandelt, das hat selbst erfahrene Ermittler an ihre Grenzen gebracht”, sagt Kripo-Chef Egetemaier. Einen derartigen Fall habe es, zumindest in Deutschland, noch nicht gegeben.

Verhandlungen unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen

Einer der mutmaßlichen Täter, ein inzwischen 41 Jahre alter Mann deutscher Staatsangehörigkeit, steht nun vor Gericht. Es ist der erste Prozess in dem Fall. Verhandelt wird vor der Jugendschutzkammer des Landgerichts Freiburg, wie ein Gerichtssprecher sagt. Wegen des erwarteten großen Zuschauer- und Medieninteresses finden die Verhandlungen, die erstmals einen genaueren Einblick in den Fall gewähren, unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt.

Zum Schutz des Buben wird die Öffentlichkeit für Teile des Prozesses voraussichtlich ausgeschlossen, sagt der Gerichtssprecher. Endgültig entschieden darüber werde im Laufe des Prozesses, für den zunächst drei Verhandlungstage geplant sind. Ein Urteil könnte es demnach am 19. April geben.

Der Bub ist, seitdem die mutmaßlichen Täter festgenommen wurden, den Angaben zufolge in staatlicher Obhut und steht unter der Fürsorge des Jugendamtes. In dem Prozess ist er Nebenkläger, sagte der Sprecher des Landgerichts. Vertreten wird er durch eine Opferschutzanwältin, persönlich vor Gericht erscheinen muss er den Angaben zufolge nicht.

Angeklagter stand unter Führungsaufsicht

Sechs Zeugen sollen gehört werden. Es handle sich dabei um fünf Polizeibeamte und einen Psychologen, der den Angeklagten nach seiner bisher letzten Entlassung aus der Haft betreut hat. Denn der Angeklagte ist dem Gericht kein Unbekannter. Wegen schweren Kindesmissbrauchs ist er den Angaben zufolge vorbestraft. Als es zur Vergewaltigung des heute Neunjährigen kam, stand er nach der Verurteilung wegen des früheren Falls von Kindesmissbrauch laut Staatsanwaltschaft unter sogenannter gerichtlicher Führungsaufsicht. Verhindert wurden die neuerlichen Straftaten dadurch nicht.

Dem Mann werden nun laut Gericht unter anderem schwere Vergewaltigung, gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung sowie schwere Zwangsprostitution zur Last gelegt. Er befindet sich, wie alle anderen Tatverdächtigen auch, in Untersuchungshaft. Ihm drohen bei einer Verurteilung den Angaben zufolge mehrere Jahre Haft.

Der Lebensgefährte der Mutter ist, wie der nun Angeklagte, ebenfalls wegen schweren Kindesmissbrauchs vorbestraft. Er und die Mutter gelten in dem Fall als die zwei Hauptbeschuldigten. Sie werden den Angaben zufolge vom 11. Juni an vor dem Freiburger Landgericht stehen.

Ein Verdächtiger in Vorarlberg festgenommen

Ebenfalls an diesem Tag soll vor dem Landgericht Karlsruhe der Prozess gegen einen weiteren Verdächtigen beginnen. Es handelt sich hierbei um einen 43 Jahre alten Mann aus Schleswig-Holstein, der den Angaben zufolge einschlägig vorbestraft ist. Er soll über das sogenannte Darknet angefragt haben, ob er den Neunjährigen missbrauchen und dann töten könne. Der Mann war in Karlsruhe festgenommen worden, als er auf dem Weg zu dem Buben war. Einer der weiteren Verdächtigen in dem Fall, ein Schweizer, war in Vorarlberg festgenommen worden.

Jugendamt schickte Buben trotz Warnungen zurück zur Mutter

Das zuständige Jugendamt äußert sich zu den Prozessen nicht, sagt ein Sprecher. Die Behörde sowie die Justiz stehen in dem Fall in der Kritik. Sie hatten den Buben trotz Warnungen der Polizei zurück zur Mutter geschickt. Sie hatten dem Lebensgefährten der Mutter zwar untersagt, Kontakt zu dem Kind zu haben. Dieser sowie die Mutter hielten sich jedoch nicht daran. Die Vergewaltigungsserie setzte sich fort. Kontrolliert wurden die Auflagen den Angaben zufolge nicht, Gerichte und Jugendamt machen sich dafür gegenseitig verantwortlich.

(APA/Red.)

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