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Kellerleichen-Prozess: Höchststrafe und Einweisung für Estibaliz C.

Am Donnerstagabend wurde das Urteil gegen Estibaliz C. verkündet.
Am Donnerstagabend wurde das Urteil gegen Estibaliz C. verkündet. ©EPA
Der so genannte Kellerleichen-Prozess in Wien endete am Donnerstagabend für Estibaliz C. mit der Höchststrafe und einer Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.
Live-Ticker von heute
Tag 4 im Prozess
Beweisverfahren beendet
Gutachterin für Anstalt
Diese Störung hat C.
Es war kein Affektdelikt
Urteil kommt Donnerstag

Die 34-jährige Spanierin hatte dem nicht rechtskräftigen Urteil zufolge im April 2008 ihren Ex-Mann Holger H. (43) und im November 2010 ihren damaligen Lebensgefährten Manfred H. (47) hinterrücks bzw. im Schlaf aus einer Entfernung von jeweils zehn bis 20 Zentimetern erschossen, die sterblichen Überreste der Männer mit einer Motorsäge zerteilt, die Leichenteile in Plastikwannen und Blumentöpfe einbetoniert und im Keller unter ihrem Eissalon “Schleckeria” verborgen. Im Juni 2011 kamen sie bei Installationsarbeiten zufällig zutage. Die Eissalon-Besitzerin wurde dafür nun einstimmig des Doppelmordes für schuldig befunden und zu lebenslanger Haft verurteilt.

Estibaliz C. ist geständig

“Ich kann nicht mehr sagen, als dass es mir leidtut, dass ich Holger und Manfred das Leben genommen habe”, hatte die Angeklagte am Ende des viertägigen Verfahrens erklärt, in dem sie sich “zu den Tötungen schuldig” bekannt hatte. Sie habe keinen andere Möglichkeit gesehen, Holger Holz loszuwerden, der nach der Scheidung einfach nicht aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen und auch von der Beteiligung an der “Schleckeria” nicht ablassen wollte. Hinterberger wiederum war ihr angeblich mehrfach untreu und soll nach einer Diskussion um dieses Thema einfach zu Bett gegangen sein, sich zur Wand gedreht und sogleich zu schnarchen begonnen haben. Da habe sie in Wut die Pistole genommen, repetiert und geschossen, so die Angeklagte in ihrer Einvernahme.

Gutachterin sprach sich für Einweisung aus

Die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner hatte am letzten Verhandlungstag für den Fall eines Schuldspruchs nachdrücklich den Maßnahmevollzug für die 34-Jährige verlangt. Sie bescheinigte ihr eine höhergradige seelisch-geistigen Abartigkeit und meinte, eine “weitere Tatbegehung” liege bei Estibaliz C. “bei realistischer Betrachtung nahe”.

 Kastner bezifferte die statistische Wahrscheinlichkeit, dass Estibaliz C. in den nächsten zehn Jahren neuerlich eine Straftat mit schweren Folgen begehen wird, mit 31 Prozent. Dabei handle es sich um eine “individuelle Prognose, bezogen auf ihre konkrete Persönlichkeitsstruktur”. Estibaliz C. könne “von sich aus schlecht aus ihren Mustern heraus. Die Mechanismen sind vorhanden. Die werden sie fast zwingend wieder in solche Situationen führen”, so Kastner.

Angeklagte ist zurechnungsfähig

Ob bei der an sich therapiebedürftigen Frau therapeutische Maßnahmen überhaupt wirken, ließ die Sachverständige offen. Dafür sei die Bereitschaft erforderlich, sich einer Therapie zu stellen. Ob eine solche bei Estibaliz C. überhaupt gegeben ist, erschien Kastner fraglich. In der U-Haft habe die 34-Jährige zwar psychiatrische Hilfe in Anspruch genommen – dies aber nicht, um gegen ihre ausgeprägte Persönlichkeitsstörung anzugehen, sondern um “die Erinnerung an schieres Grauen” zu bekämpfen, so die Sachverständige.

Die Gutachterin schloss einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand bei Estibaliz C. zum Zeitpunkt der ihr vorgeworfenen Taten aus: “Es ist keine Ursache fassbar, warum sie zurechnungsunfähig sein sollte. Es war ihr immer klar, was Recht und Unrecht ist.” Die erste inkriminierte Tathandlung wäre ebenso wie die zweite “ganz klar kein Affektdelikt” gewesen, so Kastner. Bis es dazu kam, sei eine “lange Entwicklung” abgelaufen. Auch der Versuch, die Taten zu verbergen, spreche gegen Affektdelikte.

Persönlichkeitssörung bescheinigt

Eine herkömmliche Trennung, ein schlichtes Verlassen der Männer, die sie nicht glücklich machten, sei Estibaliz C. nicht möglich gewesen. Sie habe das “nicht gelernt”, betonte die Psychiaterin: “Dieser Weg war für sie nicht unmittelbar gangbar.” Insofern bescheinigte die Psychiaterin der Angeklagten “eine gravierende, umfassende, vielgestaltige Persönlichkeitsstörung”. Estibaliz C. setze das, was sie will, für absolut: “Das ist Narzissmus pur.”

Urteil im Kellerleichen-Prozess

Die 34-Jährige hinterließ bei der Urteilsverkündung einen gefassten Eindruck und nahm die Höchststrafe ohne nach außen ersichtliche emotionale Bewegung zur Kenntnis. Auf die Frage der vorsitzenden Richterin, ob sie das Urteil verstanden habe, erwiderte Estibaliz C. mit leichtem Kopfnicken: “Ich habe verstanden.”

Bei der Strafbemessung wurden das Geständnis und eine “erhebliche psychische Beeinträchtigung” mildernd gewertet, wie Richterin Susanne Lehr darlegte. Erschwerend schlugen sich demgegenüber das Nachtatverhalten (das Zerstückeln und Verschwindenlassen der Leichen, Anm.), die reifliche Planung sowie die für die Opfer vollkommen überraschenden Angriffe zu Buche. (APA)

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