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Keine Zukunft für Bosnien und Herzegowina: Strache für Unabhängigkeit der Republik Srpska

Vizekanzler Strache sprach sich schon vor vier Monaten für die Unabhängigkeit der Republik Srpska aus.
Vizekanzler Strache sprach sich schon vor vier Monaten für die Unabhängigkeit der Republik Srpska aus. ©APA
In einem vier Monate alten TV-Interview hat sich Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) gegen den Gesamtstaat Bosnien-Herzegowina und für eine Unabhängigkeit des Landesteils Republika Srpska ausgesprochen.

Das Interview, das die NEOS nun dem “Standard” (Online) zugespielt haben, wurde bereits vor der Nationalratswahl Ende September im Sender der bosnisch-serbischen Teilrepublik ausgestrahlt.

In dem TV-Bericht sagte Strache demnach bei einem Besuch in Banja Luka unter anderem: “Der Republika Srpska sollte die Möglichkeit der Unabhängigkeit gegeben werden. Ich würde gerne wissen, warum die Internationale Gemeinschaft auf ein multiethnisches Bosnien und Herzegowina insistiert. Das heutige Bosnien und Herzegowina kann nicht funktionieren. Die Internationale Gemeinschaft schützt einen künstlich kreierten Staat mit Gewalt, was nicht dem Wunsch der Menschen in diesem Staat entspricht.”

Strache sieht keine Zukunft für Bosnien und Herzegowina

Strache betonte ferner “die Notwendigkeit, dass die Serben und Kroaten in Bosnien und Herzegowina das Recht bekommen sollen, selber über ihr Schicksal entscheiden zu dürfen”. Die einzige Struktur, die in Bosnien-Herzegowina funktioniere, sei die Republika Srpska, “und deswegen sehe ich keine positive Zukunft für Bosnien und Herzegowina. Aus diesem Grund sollten wir über die Möglichkeit nachdenken, der Republika Srpska das Recht der Abspaltung zu geben.”

Eine derartige Abspaltung würde gegen die bosnische Verfassung und den Friedensvertrag von Dayton (1995) verstoßen. Strache bestritt die Aussagen gegenüber dem “Ö1”- Morgenjournal am Donnerstag nicht. “Ich stehe zur staatlichen Integrität Bosnien-Herzegowinas, genauso zum Selbstbestimmungsrecht der Völker für einen nachhaltige notwendigen Friedensprozess”, sagte er laut Ö1.

FPÖ sorgt mit Haltung für Aufregung

Die FPÖ sorgt mit ihrer Haltung gegenüber der separatistischen Führung der Republika Srpska, die im Gegensatz zur traditionellen österreichischen Bosnien-Politik steht, immer wieder für Aufregung. Zuletzt hatte ein Besuch von FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus der Feierlichkeiten zum verfassungswidrigen “Nationalfeiertag” in Banja Luka für Kritik gesorgt. Dabei nahm er für sich und Strache einen Orden von dem umstrittenen separatistischen Präsidenten der Republika Srpska, Milorad Dodik, entgegen.

Kneissl will Strache-Aussagen nicht kommentieren

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) will die Aussagen von Vize-Kanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nicht kommentieren. Die Außenministerin kommentiere nicht, “was Strache in seiner damaligen Funktion als Klubobmann und FPÖ-Chef im September gesagt hat”, hieß es am Donnerstag in einer Stellungnahme der Außenministerin.

Es sei “Sache der FPÖ und nicht des Außenministeriums, Aussagen ihres Bundesparteiobmannes, der damals noch in der Funktion des Klubobmannes tätig war, zu kommentieren”, hieß es. Kneissl stehe aber mit Strache dazu im Dialog, teilte ihre Sprecherin Elisabeth Hechenleitner der APA am Rande der Bulgarien-Reise der Ministerin aber mit. Gegenüber dem Ö1 hielt das Außenministerium auch fest, das Außenamt halte jedenfalls unmissverständlich an staatlichen Integrität Bosnien-Herzegowinas fest.

Schieder kritisiert Strache wegen Bosnien-Aussagen

Die Aussagen von Strache haben am Donnerstag auch Kritik vonseiten der SPÖ hervorgerufen. “Strache betreibt hier sehr gefährliche politische Brandstiftung”, kritisierte der geschäftsführende SPÖ-Parlamentsklubchef Andreas Schieder in einer Aussendung. Nach dem Wirbel um die Bosnien-Reise von FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus zeige sich “einmal mehr, wen sich Kanzler Kurz da in die Regierung geholt hat”, so Schieder.

Er sprach von einem “brandgefährlichen Treiben” Straches und forderte eine sofortige Stellungnahme von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ). Österreich habe noch immer eine wichtige Vermittlerrolle am Westbalkan, diese werde auf unverantwortliche Weise durch die FPÖ und ihren Vizekanzler “gerade zunichtegemacht, mit ungewissen Folgen für die ganze Region”, so Schieder.

Die EU-Abgeordnete der NEOS, Angelika Mlinar, schrieb auf Twitter: “Wer den Balkan kennt, weiß, dass das Kriegstreiberei ist.”

Auch Kritik von Wiener JVP-Bezirksobmann Becirovic

Auch aus den Reihen der ÖVP wird Kritik an den Aussagen des nunmehrigen Vizekanzlers zu Bosnien-Herzegowina laut. Der Bezirksobmann der Jungen ÖVP in Rudolfsheim-Fünfhaus, Muamer Becirovic, zeigte sich auf Twitter entsetzt: “Unser Vizekanzler würde sich also über erneute kriegerische Auseinandersetzungen in Bosnien freuen.”

“Kein Sager ist erbärmlich genug, um ihn nicht auszuprobieren”, konstatierte der JVP-Vertreter: “Appelliere an meine Parteikollegen die Blauen endlich zu zähmen. Die FPÖ zerstört aktiv unsere außenpolitischen Interessen und das mit aller Kraft. Es ist irre. Der Vizekanzler will in das Pulverfass ein Feuerzeug reinwerfen.”

Strache bestritt Aussagen nicht

Strache selbst bestritt die Aussagen am Donnerstag nicht. “Ich stehe zur staatlichen Integrität Bosnien-Herzegowinas, genauso zum Selbstbestimmungsrecht der Völker für einen nachhaltigen notwendigen Friedensprozess”, sagte er gegenüber dem Ö1-Morgenjournal. Mehr wollte er dazu am Donnerstag gegenüber der APA nicht sagen.

Von Regierungssprecher Peter Launsky hieß es am Donnerstag gegenüber der APA – wie bereits nach der umstrittenen Reise von FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus vergangenen Woche in der Republika Srpska – bloß, die Regierung stehe “zur territorialen Souveränität und Integrität von Bosnien-Herzegowina”. Österreich mische “sich nicht in interne Angelegenheiten ein” und unterstütze daher auch keine separatistischen Strömungen.

Kritik an Balkan Besuch von Blümel in Banja Luka

Noch vor Bekanntwerden der Strache-Aussagen kritisierte der Balkan-Experte Wolfgang Petritsch in einem Interview mit der “Presse” (Donnerstagsausgabe) die FPÖ-Balkanpolitik. “Der Lackmustest wird sein, inwieweit sich die Ministerin (von der FPÖ nominierte Außenministerin Kneissl, Anm.) von diesen gefährlich-skurrilen außenpolitischen Ausritten der FPÖ freispielen kann”, so der Ex-Diplomat.

Unter anderem bezog sich der Balkan-Experte auf den Besuch von Gudenus bei den Feierlichkeiten zum verfassungswidrigen “Nationalfeiertag” in Banja Luka. Denselben Orden, der dabei von dem umstrittenen separatistischen Präsidenten der Republika Srpska, Milorad Dodik, an Strache und Gudenus verliehen wurde, hätten zuvor “bereits die serbischen Kriegsverbrecher Ratko Mladic, Radovan Karadzic und Slobodan Milosevic verliehen bekommen”, kritisierte Petritsch. “Das ist verantwortungslos und ein wirkliches Problem für Österreichs guten Ruf in der Region”, sagte er. Die FPÖ handle “hier bewusst gegen die EU-Politik auf dem Balkan. Damit ist auch die eigene Außenministerin am Balkan angezählt”.

(APA/Red)

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