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Kasperl Lugners Erfolgsgeheimnis

©APA
Gastkommentar von Johannes Huber. Gerade weil er den Anti-Politiker gibt, wird der ehemalige Baumeister bei der Bundespräsidenten-Wahl mehr Stimmen holen, als es seinen Mitbewerbern lieb sein kann.

Man sollte nicht darauf wetten, dass der nächste Bundespräsident Richard Lugner heißen wird; zu groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass man alles verliert. Genauso wenig sollte man jedoch den Fehler machen, den 83-Jährigen zu unterschätzen; er wird mehr Stimmen machen, als man von der Papierform her glauben könnte – gerade weil er nämlich den Anti-Politiker gibt.

Der ehemalige Baumeister geht als selbst ernannter „Kasperl“ in die Wahl. Schon allein daher wäre er grundsätzlich nicht ernst zu nehmen. Doch will er das überhaupt? Wohl kaum. Zu viel Selbstironie legt er dazu an den Tag. Eher geht es ihm darum, Werbung für sein Einkaufszentrum zu machen. Oder an der Seite seiner „First Lady“ Cathy Blitzlichtgewitter zu genießen. So eitel wird man ja doch noch sein dürfen!
Ein bisschen Spaß ist für Richard Lugner jedenfalls dabei: Allein schon, dass er ein paar anderen Kandidaten das Fürchten lehren kann. Ein Norbert Hofer (FPÖ) zum Beispiel, muss damit rechnen, dass er ihn zwar nicht Hunderttausende, jedenfalls aber zu viele Stimmen kosten wird; und dass er daher schon im ersten Wahlgang ausscheiden wird.

Auf der anderen Seite führt Lugner Politologen und andere Staatsbürger vor, die die Sache ernst nehmen. Wofür sie im Übrigen gute Gründe haben, geht es doch nicht um den Vorsitz über irgendeine Faschingsgilde, sondern um das Bundespräsidenten-Amt. Und damit sollte man nicht spielen. Was Kandidaten in der Regel ja auch nicht tun; daher kann das, was sie sagen, auseinandergenommen und allenfalls widerlegt werden. Doch bei Lugner macht das keinen Sinn.

Wenn er beispielsweise davon spricht, dass er Rotschwarz in die Wüste schicken und Regierungen überhaupt nach Belieben bestellen und abberufen würde, dann verkennt er ganz bewusst die Möglichkeiten des Bundespräsidenten. Dieser ist in solchen Fällen nämlich von den Mehrheitsverhältnissen im Hohen Haus abhängig. Doch Lugner ist das wie gesagt egal.

Entscheidend für die Allgemeinheit ist, dass er Emotionen weckt: Wer, Hand aufs Herz, hat sich noch nicht so sehr über die Regierungsspitze aufgeregt, dass er sie sich weggewünscht hätte? So frei nach dem Motto: „Genug mit diesem Chaos insbesondere in der Flüchtlingspolitik, es sollen endlich Andere ans Ruder! Egal wer, Hauptsache Andere!!“ Ja, wer kann mit Verantwortlichen zufrieden sein, die angesichts einer Rekordarbeitslosigkeit nicht einmal mehr Lösungsvorschläge präsentieren oder eine Bildungsreform nach einer vermeintlichen Einigung Mitte November selbst einfach wieder in irgendwelchen Schubladen verschwinden lassen?

Auf eine solche Gefühlslage gibt es verschiedene Antwortmöglichkeiten. Bei weitem nicht die beste, aber eine nachvollziehbare, ist eine Stimme für den Kasperl. Ganz einfach aus Protest. So bedauerlich das auch immer sein mag.

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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