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#KanzlerLeak

Johannes Huber zu den Dokumente-"Leaks" von Schwarz und Rot
Johannes Huber zu den Dokumente-"Leaks" von Schwarz und Rot ©APA
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Dokumente aus den Büros von Kern und Kurz sind mehr oder weniger aufregend, aber nicht relevant. Der Wahnsinn für die beiden ist vielmehr, dass sie öffentlich werden konnten.

Wenn Sie Angela Merkel, Emanuel Macron oder welcher Staats- oder Regierungschef auch immer wären, müssten Sie verdammt gut aufpassen, sobald Sie sich mit dem österreichischen Kanzler austauschen: Am besten ist es, Sie geben nur ganz Belangloses von sich. Zum Beispiel, wie das Wetter bei Ihnen ist. Vielleicht können sie dann noch die Frage nachreichen, wie es denn in Wien so sei. Mehr aber nicht. Die Sache ist nämlich die: Am Ballhausplatz wird unter Umständen alles dokumentiert. Und dann wird’s kritisch: Sie können sich nicht ganz sicher sein, dass Ihre Worte vertraulich bleiben. Also ist es eben besser, kritische Fragen der Europa-, geschweige denn Weltpolitik auszulassen. Oder den Umgang mit Flüchtlingen und dergleichen. Das könnte blöd enden.

Alles nur ein Albtraum? Mitnichten: In den vergangenen Monaten sind Dokumente aus dem Umfeld das Bundeskanzlers und SPÖ-Vorsitzenden sowie seines Nachfolgekandidaten aus der ÖVP „durchgesickert“, wie man so sagt. Zunächst einmal ein Konvolut, das laut der Stadtzeitung „Falter“ zeigte, wie sehr die Studie über islamische Kindergärten zugespitzt wurde, die Sebastian Kurz erstellen lassen hatte. Dann folgten die Konzepte für die Machtübernahme in der Volkspartei, die von Kurz-Mitarbeitern schon vor einem Jahr entwickelt worden waren. Und dann war da vor allem noch via „Österreich“ die Persönlichkeitsstudie über Kern. Sie wissen schon: Wonach er „ungemein eitel“, eine „Prinzessin“ und vielerlei mehr sei.

Österreichischen Medien ist das schon Inhalt genug für mehrere Wochen. Wobei die Überzeugung vorherrscht, dass all das vor allem Kern im Hinblick auf den 15. Oktober schaden werde. Woran jedoch zu zweifeln ist: Indem er die Berichterstattung darüber zum Anlass genommen hat, dem lautesten aller Boulevardblätter sämtliche SPÖ-Inserate zu streichen, hat er sich auch schon wieder ein paar Anhänger verschaffen. Leute nämlich, die noch nie verstanden haben, wie man in einer solchen Zeitung überhaupt bezahlte Werbung machen kann. Und was die Strategiepapiere von Kurz betrifft, so muss sich dieser nicht genieren dafür: Viele seiner Anhänger sind vielmehr sogar beruhigt darüber, dass er sich schon so frühzeitig mit der Machtübernahme beschäftigt hat.

Die Welt wird sich jedoch auch nach dem 15. Oktober weiterdrehen. Womit wir zum eigentlichen Schaden kommen. Dafür, dass solche Dokumente öffentlich werden können, gibt es nicht viele Möglichkeiten. Sie könnten zum Beispiel von jemandem aus dem Umfeld der Politiker weitergegeben worden sein. Oder es ist ein Computersystem gehackt worden. Oder sie sind von irgendjemandem versehentlich irgendwo liegengelassen worden, sodass sie Außenstehenden in die Hände fielen (so etwas ist wirklich schon vorgekommen). Wie auch immer: Jede dieser Möglichkeiten ist im Grunde genommen ein Alarmsignal: Sowohl beim Kanzler als auch seinem Nachfolgekandidaten sind Informationen nicht „1000-prozentig“ sicher.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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