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Juncker: Erdogan soll Abkehr von Flüchtlingspakt "zweimal überlegen"

EU-Kommissionspräsident: Türkischer Staatschef müsste sich Landsleuten erklären
EU-Kommissionspräsident: Türkischer Staatschef müsste sich Landsleuten erklären ©AP
Im Streit um die Visumfreiheit für Türken warnt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan davor, den Flüchtlingspakt mit der EU wieder rückgängig zu machen.
Kurz warnt vor Flüchtlingsdeal
Warnung vor Türkei-Abhängigkeit

“Präsident Erdogan sollte zweimal überlegen, bevor er wie einige seiner Minister sagt, dass das Abkommen nicht umsetzbar ist”, sagte Juncker am Dienstag vor Journalisten in Paris.

Wenn Erdogan von dem Flüchtlingspakt zurücktrete, müsse er “den jungen Türken, Geschäftsleuten, Journalisten und anderen erklären, warum sie auf türkischem Territorium festsitzen”, sagte Juncker. Außerdem müsse Erdogan erklären, warum “er dafür verantwortlich ist, dass die Türken sich in Europa nicht frei bewegen können”.

Erdogan drohte mit Scheitern

Erdogan hatte vergangene Woche mit dem Scheitern des Abkommens gedroht. Wenn die Visumspflicht für Türken bei der Einreise in die EU nicht wie vereinbart zum 30. Juni wegfalle, werde das türkische Parlament die Gesetzgebung zur Umsetzung des Abkommens nicht weiter verfolgen, warnte er.

Die Türkei nimmt auf Grundlage des Abkommens seit April Flüchtlinge von den griechischen Inseln zurück. Die ungesteuerte Migration durch die Ägäis in die Europäische Union ist dadurch fast zum Stillstand gekommen. Allerdings gibt es Streit um das Ende der Visumspflicht, das die EU der Türkei im Gegenzug ab Juli versprochen hatte. Die EU fordert unter anderem, dass Ankara zunächst die weitreichenden Terrorismusgesetze ändert, die Kritiker auch als Instrument sehen, um gegen Regierungsgegner vorzugehen. Die türkische Regierung lehnt das ab.

Steinmeier glaubt an EU-Türkei-Deal

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier glaubt offenbar nicht, dass die Türkei den Flüchtlingsdeal mit der EU platzen lassen könnte. “Viele in der Türkei haben kein Interesse an einer Zuspitzung” des Konflikts mit der EU, sagte Steinmeier am Dienstag bei einem Treffen mit Auslandskorrespondenten in Berlin.

Auf Grundlage seiner jüngsten Gespräche in der Türkei sei sein persönlicher Eindruck ein anderer als jener, den man aus deutschen Zeitungen gewinne, so der deutsche Außenminister. Er sehe keine Hinweise darauf, dass die Türkei tatsächlich bestehende Schwierigkeiten – wie etwa fehlende Voraussetzungen für die Visafreiheit türkischer Staatsbürger – dafür nutzen wolle, die gesamte Flüchtlings-Abmachung infrage zu stellen. “Ich bin kein Hellseher. Aber die Anzeichen sprechen eher dafür, dass die Türkei keine solche Politik betreibt.”

Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Türkei angekündigt habe, “das Readmission Agreement (Rückübernahmeabkommen für alle illegal aus der Türkei in die EU eingereisten Flüchtlinge, Anm.) nicht in Kraft zu setzen, solange die Visaliberalisierung nicht greift”. Denn dieses Abkommen sei nur ein kleiner Teil der gesamten Vereinbarungen zwischen Brüssel und Ankara.

Anti-Terror-Gesetzgebung als Streitpunkt

Voraussetzung für die Visafreiheit bleibe, dass die Türkei ihre Anti-Terror-Gesetzgebung überarbeite, wiederholte Steinmeier die bereits bekannte EU-Position. Bisher habe man dazu keine Verständigung mit der Türkei gefunden. Präsident Recep Tayyip Erdogan habe öffentlich angekündigt, dass dies für ihn nicht in Betracht komme. “Daran stocken die Umsetzung der Visaliberalisierung und des Inkraftsetzens des Readmission Agreements”, so Steinmeier. Deshalb sei dieser Punkt aktuell Hauptthema der Verhandlungen zwischen Brüssel und Ankara.

Österreichs Außenminister Kurz hatte am Wochenende erneut davor gewarnt, sich in der Flüchtlingsfrage von der Türkei abhängig zu machen. Es könne “jederzeit passieren, dass die Türkei die Lust auf eine Kooperation verliert”, sagte er etwa gegenüber dem Ö1-Morgenjournal.

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