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Jubiläum in Spielberg: 30. Formel-1-WM in Österreich

Am Wochenende: Großer Preis von Österreich und zugleich auch großes Jubiläum
Am Wochenende: Großer Preis von Österreich und zugleich auch großes Jubiläum ©APA
Am 9. Juli macht die Königsklasse des Motorsports wieder Halt in Österreich, Spielberg darf sich darüber hinaus auch über ein Jubiläum freuen.

Zum 30. Mal wird am 9. Juli ein Automobil-Grand-Prix von Österreich als Formel-1-Weltmeisterschaftslauf ausgetragen.

Spielberg feiert zum 30. Mal Formel-1-WM

Die Formel-1-Geschichte der Rennstrecke in der Steiermark ist turbulent und erstreckt sich über vier Phasen. Begonnen hatte alles rund um die Formel 1 in Österreich schon Anfang der 1960er-Jahre in Zeltweg. Jochen Rindt drehte zwar schon 1963 in einem Formel-1-Wagen dort seine Runden, als erster Weltmeisterschaftslauf mit Formel-1-Autos steht aber das Rennen mit dem Sieg des italienischen Ferrari-Fahrers Lorenzo Bandini 1964 in den Annalen. Es war aus Sicherheitsgründen auch das letzte auf dem Flugplatz Hinterstoisser. Danach wurde vor allem wegen der aufgekommenen Begeisterung über Rindt unweit davon und fast zeitgleich mit der Errichtung des Salzburgrings der Österreichring gebaut. Dort wurden dann von 1970 bis 1987 die 18 wohl legendärsten Österreich-Rennen ausgetragen. Erster Sieger war der Belgier Jacky Ickx in einem Ferrari.

Einzigartige Hochgeschwindigkeits-Strecke

Die knapp sechs Kilometer lange Hochgeschwindigkeits-Strecke im steirischen Aichfeld war mit ihrer ländlichen Umgebung von Anbeginn weg einzigartig und zu ihrer Zeit eine der schnellsten im WM-Kalender. “Die Autos waren verdammt gefährlich, waren ähnlich schnell wie jetzt”, sagte Helmut Marko, der hier 1971 erstmals in ein Formel-1-Rennen startete. Auf dem Österreichring feierte 1984 Niki Lauda auch jenen Heimsieg, der ihm später zum dritten Weltmeistertitel verhalf. Lauda fuhr damals trotz eines massiven Getriebedefekts an seinem McLaren-TAG Porsche zum Triumph. “Gott sei Dank hat Nelson Piquet nicht gecheckt, dass ich Probleme hatte. Ohne diesen Sieg wäre ich später nicht Weltmeister geworden”, erinnert sich Lauda gut an den kuriosen Rennverlauf. Trotzdem blickt der Wiener heute relativ unbeeindruckt auf seinen Heimsieg in einer Zeit, in der man noch bis an den Streckenrand durfte und die Fans nach dem Rennen Piste und Zielgerade stürmten. “Dass ich der einzige österreichische Sieger dort bin, ist völlig wurscht, und an meinen Leben hat das nichts geändert”, so der 68-jährige zur APA.

Wurz: “als Bub praktisch die erste neue Streckenführung gezeichnet”

Dass Heimsiege aber doppelt schwer sind, bestätigt auch der aktuelle Aufsichtsratschef des Mercedes-Formel-1-Teams. “Einfach, weil einen da dauernd die Journalisten belästigen und man weniger Zeit hat, sich auf das Rennen zu konzentrieren”, erklärte Lauda schmunzelnd. “Da kommen selbst die hin und fragen dir Löcher in den Bauch, die sonst kein Budget für die Formel 1 haben.” Triumphe für Piloten von Ickx über Emerson Fittipaldi sowie Alain Prost – der Franzose ist mit drei Siegen erfolgreichster Österreich-Starter – bis hin zum Briten Nigel Mansell begleiteten den alten Österreichring ebenso wie der tödliche Unfall des Amerikaners Mark Donohue 1975. Weil zu schnell und zu gefährlich geworden, kam nach mehreren Start-Kollisionen 1987 das Ende für die hügelige Piste. Am neuen und im Prinzip bis heute gültigen Layout hatte auch Alexander Wurz seine Finger im Spiel. “Ich habe damals als Bub praktisch die erste neue Streckenführung gezeichnet”, erinnert sich der spätere Benetton-, McLaren- und Williams-Pilot, dessen Vater Franz Wurz über den ÖAMTC mit dem Aufbau des neuen Rennens federführend beauftragt war. Vor allem aus Lärmschutzgründen musste die Strecke damals auf 4,3 Kilometer verkürzt werden, womit auch die Westpassage wegfiel.

Berger gewann Heimrennen nie

Zu den Siegern der dritten und von 1997 bis 2003 dauernden Ära – nun bereits komplett in der Gemeinde Spielberg – zählten unter anderem Jacques Villeneuve, Mika Häkinnen und zweimal Michael Schumacher. Der “geschenkte” Sieg des späteren Rekord-Weltmeisters am Muttertag 2002 war wegen der Ferrari-Stallorder höchst umstritten. Gerhard Berger hat – wenn auch mit viel Pech – das Heimrennen nie gewonnen. Der Tiroler muss sogar die Position des zweitbesten Österreichers in Spielberg Wurz überlassen, denn der Niederösterreicher wurde 1999 im Benetton Fünfter. Mehr als das packt Wurz auch heute noch aber die Erinnerung an seinen ersten Besuch am “alten” Österreichring Mitte der 1980er-Jahre und damit in der höllischen Turbo-Ära. “Wir konnten damals direkt am Streckenrand stehen, und als da ein gelber Turbo-Renault vorbeigedonnert ist, habe ich mir fast in die Hose gemacht”, erinnert sich der Niederösterreicher.

Architektonisches Juwel

Heute ist der 70 Kilometer von Graz sowie keine zwei Autostunden von der Bundeshauptstadt Wien entfernte Red Bull Ring ein architektonisches Juwel, eingebettet in eine der schönsten Landschaften im Formel-1-Kalender. Die Serie fährt dort seit 2014 wieder, seit dem Vorjahr gastiert auch wieder die Motorrad-Königsklasse MotoGP in Spielberg. Speziell die Murtal-Region hat durch die Rennen und die Rennstrecke immer wieder wirtschaftlich enorm profitiert. Die Formel 1 hat trotz fortschreitender Globalisierung ihre sportlichen Wurzeln in Westeuropa – Österreich ist eine von ihnen. “Österreich ist ein schöner Kontrapunkt, ein grüner”, erklärte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, der früher als Instruktor auf der Strecke arbeitete. “Die Kombination macht es aus.”

Grand Prix von Österreich: Historischen Höhepunkte

Seit mehr als 50 Jahren unterhält die Formel 1 eine On-Off-Liebesbeziehung mit der Steiermark. Vor allem Sicherheitsbedenken waren es, die zwischenzeitlich für den Abschied des Wanderzirkus sorgten. So gab es bisher erst 29 Rennen, es hätten wesentlich mehr sein können. Ein Überblick über die historischen Höhepunkte:

1964 (Flugplatz Zeltweg): Der erste Österreich-Grand-Prix im Rahmen der Weltmeisterschaft findet auf dem Fliegerhorst Hinterstoisser in Zeltweg statt. Dessen einzige Landebahn wurde mit Zubringerstraßen in eine Rennstrecke verwandelt, die sich jedoch als viel zu holprig erweist. Nur neun der 20 gestarteten Fahrer sehen wegen diverser Gebrechen die Zielflagge. Es triumphiert der Italiener Lorenzo Bandini im Ferrari. Jochen Rindt gibt als erster Österreicher sein Debüt in der Königsklasse, scheidet in einem Brabham-BRM mit defekter Lenkung aus. Der WM-Status ist gleich wieder weg.

1970 (Österreichring): Beim ersten Rennen auf dem 1969 errichteten Österreichring in Spielberg erleben rund 100.000 Zuschauer einen Ferrari-Doppelsieg durch Jacky Ickx und Clay Regazzoni. Der in der WM führende Lokalmatador Rindt muss bereits nach wenigen Runden wegen eines Motorschadens aufgeben. Es wird für den Grazer das letzte Formel-1-Rennen, am 5. September kommt er im Monza-Training ums Leben. Der gebürtige Deutsche wird posthum erster Weltmeister aus Österreich.

1971 (Österreichring): Mit Niki Lauda und Helmut Marko absolvieren zwei Österreicher, die noch 2017 in tragenden Rollen tätig sind, ihren ersten Grand Prix. Aufgrund eines technischen Defekts ist das Rennen von Lauda allerdings schon bald beendet. Marko, ein langjähriger Freund und Ex-Schulkollege von Rindt, schafft es auf den elften Platz, während sein Stallgefährte Jo Siffert seinen zweiten Sieg feiert. Keine zweieinhalb Monate später verunglückt der Schweizer im britischen Brands Hatch tödlich.

1977 (Österreichring): Pole-Position-Mann Lauda sorgt als Zweiter für den ersten rot-weiß-roten Podestplatz in Spielberg. Der Sieg geht an den Australier Alan Jones und das US-Team Shadow. Weil der US-Amerikaner Mark Donohue 1975 nach einem Crash ums Leben kam und auch einen Streckenposten mit in den Tod riss, ist die erste Kurve durch eine Schikane entschärft. Lauda wird im Oktober zum zweiten Mal Weltmeister, danach verlässt er Ferrari.

1984 (Österreichring): Es schlägt die große Stunde des Niki Lauda. Mit 23 Sekunden Vorsprung auf Nelson Piquet landet der Wiener seinen 23. Grand-Prix-Sieg – der bisher einzige Heimtriumph eines Österreichers. Sein McLaren-Stallrivale Alain Prost dreht sich auf einem Ölfleck ins Aus. Gerhard Berger gibt am Steuer eines ATS-BMW sein Formel-1-Debüt und kommt trotz Getriebeschadens noch als Zwölfter in die Wertung. Lauda wird am Ende mit einem halben Punkt mehr als Prost zum dritten Mal Weltmeister. Es ist der knappste Vorsprung aller Zeiten.

1987 (Österreichring): Ein Chaos-Grand-Prix mit zwei Abbrüchen aufgrund von Massenkarambolagen ist das finale Argument, warum der Große Preis von Österreich für ein Jahrzehnt aus dem Kalender verschwindet. Der Hochgeschwindigkeitskurs mit seinen Adrenalin-Kurven und spärlichen Auslaufzonen ist zwar bei den Piloten beliebt, gilt jedoch nicht mehr als zeitgemäß. Im Training überlebt der Schwede Stefan Johansson nur mit Glück einen Zusammenstoß mit einem Reh. Letzter Sieger auf dem alten Österreichring wird Nigel Mansell im Williams-Honda.

1997 (A1-Ring): Die Formel 1 kehrt nach zehn Jahren nach Spielberg zurück. Die Strecke auf dem umgebauten A1-Ring ist deutlich kürzer und langsamer, aber auch sicherer geworden. Der spätere Weltmeister Jacques Villeneuve triumphiert im Williams. Berger ist es auch in seinem letzten Heimrennen nicht vergönnt, in die Punkte zu fahren. Der Tiroler wird nach einer wahren Pannenserie im Benetton Zehnter.

2002 (A1-Ring): Ein Rennen, das die Formel 1 verändert. Nicht Michael Schumacher, sondern sein brasilianischer Teamkollege sitzt an diesem Wochenende im schnelleren der beiden Ferrari. Rubens Barrichello startet von der Pole Position und führt bis zur allerletzten Kurve, ehe er Schumacher auf das Kommando von Teamchef Jean Todt (“Rubens, let Michael pass for the Championship”) vorbeilassen muss. Fans verbrennen Ferrari-Fahnen, Stallorder sind in der Formel 1 ab der nächsten Saison offiziell verboten, Stallorder sind in der Formel 1 ab der nächsten Saison offiziell verboten.

2014 (Red Bull Ring): Elf Jahre nach dem Abschied 2003 kehrt die Königsklasse in die Steiermark zurück. Bevor es soweit ist, gibt es einige bürokratische Hürden auszuräumen. Die Strecke ist der alten sehr ähnlich, verfügt dank Millioneninvestitionen des neuen Eigentümers Red Bull aber über eine deutlich bessere Infrastruktur. Mercedes-Pilot Nico Rosberg gewinnt vor seinem Stallrivalen Lewis Hamilton, im folgenden Jahr wiederholt sich dieses Ergebnis. 2016 kollidieren Rosberg und Hamilton in der letzten Runde, der Brite holt sich trotzdem den Sieg.

(APA/Red.)

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